Mundschutzpflicht auch bei uns?
Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Debatte und zur Wirkung
In Asien gehören die Mundschutzmaske seit Jahren zum Straßenbild. Nun wird auch hierzulande die Frage immer lauter gestellt, ob Menschen sie tragen sollten.
BERLIN – Anfang der Woche hatte Österreich eine Schutzmaskenpflicht angekündigt und damit auch in Deutschland eine Debatte über das Thema ausgelöst. Am Dienstag sind erste Kommunen in Thüringen vorgeprescht und haben Verfügungen für eine Pflicht in Supermärkten, Bussen und Bahnen angekündigt. Andere in Deutschland könnten bald folgen.
Wie genau läuft es in Österreich und Thüringen
Voraussichtlich ab diesem Mittwoch sollen die Supermärkte im Nachbarland schrittweise damit beginnen, am Eingang Masken auszugeben. Ab dem Zeitpunkt der Aushändigung sei das Tragen während des Einkaufs Pflicht, hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz angekündigt. Zielsetzung sei es mittelfristig, die Masken nicht mehr nur im Supermarkt, sondern auch darüber hinaus zu tragen – überall dort, wo ein Kontakt zwischen Menschen stattfinde.
Im thüringischen Jena will die Stadtverwaltung das Tragen eines Mund-und-NasenSchutzes in Verkaufsstellen, dem öffentlichen Nahverkehr und Gebäuden mit Publikumsverkehr zur Pflicht machen. Der Kreis Nordhausen kündigte Ähnliches an.
Ist eine Maskenpflicht bundesweit vorstellbar
Im Moment sieht es nicht danach aus. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) setzt auf Freiwilligkeit. Er nehme eine zunehmende Bereitschaft der Leute wahr, einen Mundschutz zu tragen, um andere nicht anzustecken. Das sei ein gutes Signal.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte am Dienstag: „Man kann nichts ausschließen.“Es sei aber nun wichtig, Geduld zu bewahren und alles zu tun, um soziale Kontakte zu reduzieren. Bei guten Masken herrsche im Moment ein Engpass. Eine allgemeine Pflicht könnte wieder zu Hamsterkäufen führen.
Wie groß sind die Engpässe im Gesundheitswesen
Zuletzt kamen aus allen Ecken der Republik Alarmrufe, auch wenn die zentrale Beschaffung von Schutzausrüstung durch die Bundesregierung zusehends in Gang kommt. Rund 20 Millionen Masken gingen inzwischen über den Bund an Kassenärztliche Vereinigungen und die Länder, die wiederum das Material an Praxen, Kliniken und Pflegeheime weiterverteilen sollen. Der Bund versichert, eingetroffenes Material werde gleich weitergegeben und nicht erst einmal gesammelt.
Der Maskenmarkt sei wahnsinnig umkämpft, die Preise gingen hoch und runter wie am Goldmarkt, hatte Spahn vergangene Woche gesagt. Sein Ministerium bemüht sich mit dem Beschaffungsamt der Bundeswehr um ergänzenden Nachschub. Diese Massenware habe einst 6 Cent oder mal 17 Cent das Stück gekostet – inzwischen werde für medizinische Masken über drei, fünf oder sechs Euro geredet.
Wo liegen bei den Masken die Unterschiede
Eine einfache Maske – der reguläre Mund-Nasen-Schutz – bietet in der Regel keinen ausreichenden Schutz vor einer Infektion mit dem Coronavirus und auch mit anderen Viren. Das gilt auch für selbstgenähte Stoffmasken. Beide können allerdings verhindern, das die Träger andere Menschen anstecken.
Masken mit der höheren Schutzstufe FFP-2 eignen sich zum Beispiel für pflegerische Tätigkeiten oder andere Situationen, in denen Menschen engen Kontakt zu Influenzaoder Covid-19-Verdachtsfällen haben.
FFP-3-Masken haben die höchste Schutzstufe und können sogar vor krebserregenden oder radioaktiven Partikeln schützen. Weil der Filter sehr dicht ist, fällt das Atmen mit so einer Maske allerdings schwer. Sie kann darum nur für kurze Zeit getragen werden.
Maske tragen oder nicht – was sagen die Experten
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist eher skeptisch: Es gebe keinerlei Anzeichen dafür, dass mit dem Tragen von Masken etwas gewonnen wäre, sagte WHO-Nothilfedirektor Michael Ryan am Montag in Genf. Die Organisation empfiehlt eine Maske für diejenigen, die husten und niesen oder die mit Covid-19-Verdachtsfällen Kontakt haben.
Der Virologe Alexander Kekulé sagte dagegen im Gespräch mit dem MDR, aus Hongkong wisse man, dass das Tragen einer Maske in Kombination mit anderen Verhaltensregeln erheblich dazu beitragen könne, die Krankheit unter Kontrolle zu halten.
Auch ein selbstgebauter Schutz halte Tröpfchen zurück, wenn man huste und niese, sagte der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, am Dienstag. „Deswegen ist er für den Schutz von anderen von Relevanz.“
Der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité äußerte sich im NDR: Durch die Maske schütze man vor allem andere. Das sei „eine höfliche Idee“und „eine ganz wichtige Maßnahme“. Vor dem Hintergrund der Maskenknappheit plädierte Drosten besonders dafür, sich selbst einen Schutz zu basteln.
Sollte es eine MundschutzPflicht beim Einkauf geben?, haben wir auf NWZonline gefragt. Bis Dienstagabend haben rund 1300 Leser abgestimmt. 49 Prozent fänden das gut, 32 Prozent halten das für nicht notwendig, und 19 Prozent waren unentschlossen. Zu diesem Thema erhielt die Ð auch etliche Zuschriften per E-Mail, auf NWZonline und auf Facebook. Ein Auszug:
Christiane Kubatta: Mundschutzpflicht – ja, das fände ich gut. Nicht nur im Supermarkt, sondern immer in der Öffentlichkeit. (per E-Mail)
Kai Wischhusen:
Wenn es jetzt schon zu wenige gibt, wie sollen dann 83 Millionen Bürger noch einen bekommen? Wird dann ein Mundschutz in der Familie und Nachbarschaft rumgereicht? Blinder Aktivismus schadet nur. (per E-Mail)
Bärbel Theilen-Schnieders:
Ja, ich bin für die Pflicht, einen Mundschutz beim Einkaufen, beim Arztbesuch zu tragen. Um sich zu schützen und andere nicht zu infizieren. Das Problem ist nur der Mundschutz ist Mangelware und im Augenblick für die Pflegerinnen und Ärzte überlebenswichtiger. So sollte jeder sich eine Maske nähen, Anleitungen gibt es im Internet. (per E-Mail)
Heidi Tenten:
Ich stimme zu, dass wir beim Einkaufen Mundschutz tragen sollten und vor allem, wenn die Geschäfte in der Stadt wieder öffnen. Das sollte Pflicht sein, damit die Wirtschaft wieder früh genug in Gang kommt. (per E-Mail)
Ursula Wilke:
(...) Ich fände es gut, wenn wir das alle täten, das macht auch optisch noch einmal den Ernst der Lage deutlich. Somit wäre ich dafür. Auch sollten wir die Masken, soweit möglich, selbst nähen! Das wäre noch der kreative Teil dabei.
(per E-Mail)
Dr. med. Heike Posselt:
Ich bin unbedingt für die Mundschutzpflicht bei Einkauf und habe es auch schon seit Freitag versucht zu praktizieren. Leider waren meine selbstgenähten Mundschutze noch nicht optimal, aber ich arbeite daran, sie zu verbessern. (...) (per E-Mail)
Ronald Stock:
Abgesehen davon, dass ein herkömmlicher Mund-Nasen-Schutz (...) nicht vollständig vor einer möglichen Tröpfcheninfektion schützen kann, könnte ein Sicherheitsgefühl entstehen, dass Abstandsregeln und regelmäßiges Händewaschen in Vergessenheit geraten ließe. (...) (per E-Mail)