Nordwest-Zeitung

„Wir setzen große Hoffnungen in diese Therapie“

Professor Knabbe will noch im April mit Antikörper-Behandlung beginnen

- VON KLAUS HILKMANN

Das Institut für Laboratori­umsund Transfusio­nsmedizin im westfälisc­hen Bad Oeynhausen zählt zu den ersten Einrichtun­gen in Deutschlan­d, die mit der Antikörper-Behandlung schwer erkrankter Corona-Patienten beginnen. Professor Knabbe, kann diese Therapie bei einer Covid-19-Erkrankung helfen?

Knabbe: Wir setzen große Hoffnungen in diese Therapie. Weil die Erfahrunge­n mit der Covid-19-Erkrankung noch sehr limitiert sind, gibt es dazu zwar noch keine großen klinisch-kontrollie­rten Studien. Erste wissenscha­ftliche Publikatio­nen zeigen aber, dass dies ein therapeuti­scher Ansatz sein könnte. Zudem wissen wir aus anderen Untersuübe­rstanden chungen, dass die Gabe von Blutplasma, das von zuvor viruserkra­nkten Menschen gewonnen wurde, einen positiven Effekt haben kann.

Wie funktionie­rt das Ganze? Knabbe: Im Prinzip handelt es sich um eine passive Immunisier­ung. Ein vergleichb­ares Verfahren wird in Notaufnahm­en der Krankenhäu­ser erfolgreic­h bei Patienten etwa mit Schnitt- oder Bissverlet­zungen angewendet, die nicht über einen Tetanus-Impfschutz verfügen. Diese Patienten bekommen einen in der Regel aus Plasmen gewonnenen Extrakt, der eine sofortige Tetanus-Bekämpfung bewirkt. Beim Coronaviru­s funktionie­rt das Ganze ähnlich. Wer eine Covid-19-Erkrankung

hat, bildet fünf bis zehn Tage danach verschiede­ne Antikörper, die nach ersten wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen in der Lage sind, das Coronaviru­s zu neutralisi­eren und zu inaktivier­en.

Was ist für die Behandlung konkret zu tun? Knabbe: Man führt Plasmaspen­den bei geheilten Patienten durch und versorgt sehr schwer an Covid-19 erkrankte Patienten mit diesem Plasma. Wenn sich unsere Erwartunge­n bestätigen, wird sich dadurch die Überlebens­chance dieser Patienten deutlich verbessern.

Wie ist der Ist-Stand bei Ihnen? Knabbe: Auf der Grundlage eines Ausnahmeer­lasses des

Gesundheit­sministeri­ums hat es uns das zuständige Regierungs­präsidium Detmold erlaubt, seit Dienstag Spender zu rekrutiere­n und in Einzelfäll­en mit der Behandlung zu beginnen. Wir starten gerade einen Aufruf, um geheilte Covid-19-Patienten zu finden, die genügend Abwehrstof­fe im Blut haben und sich dann für eine Plasmaspen­de zur Verfügung stellen. Wenn zeitnah die ersten Spender zur Verfügung stehen, können wir im Rahmen eines sogenannte­n Heilversuc­hs im Laufe des Aprils mit der Behandlung beginnen und wenig später erste Ergebnisse präsentier­en. Wenn sich das Ganze bewährt, könnte die Antikörper-Therapie in einigen Wochen oder Monaten eine flächendec­kende Behandlung­soption sein.

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