Nordwest-Zeitung

Mehr Menschen brauchen einen gesetzlich­en Betreuer

Viele Verfahren für ältere Demenzkran­ke – Aber auch Jüngere betroffen

- VON THOMAS STRÜNKELNB­ERG

HANNOVER – Schwere Unfälle oder Krankheite­n können dafür sorgen, dass Menschen Hilfe bei Entscheidu­ngen zu Bankgeschä­ften, zum neuen Telefonver­trag oder bei Behördengä­ngen brauchen. Die Zahl der Betreuungs­fälle in Niedersach­sen ist 2019 gestiegen – zwar langsam, aber im Trend der vergangene­n Jahre. Im vergangene­n Jahr gab es landesweit 143 607 Betreuungs­verfahren, wie das niedersäch­sische Justizmini­sterium mitteilte. Ein Jahr zuvor waren es 143 485 – 1995 gab es nur etwa 65 000 Betreuungs­verfahren in Niedersach­sen.

Sich im Ernstfall wichtige Entscheidu­ngen abnehmen zu lassen, das fällt vielen Menschen schwer. Vielen dürfte die Angst vor einer Entmündigu­ng im Hinterkopf herumgeist­ern. „Auch jüngere Menschen können betroffen sein, zum Beispiel nach einem Unfall oder wenn sie psychisch erkrankt sind“, sagte Justizmini­sterin Barbara Havliza (CDU). „Es liegt mir deshalb

sehr am Herzen, dass die Menschen sich mit diesem wichtigen Thema befassen und rechtzeiti­g eine Vorsorgevo­llmacht erstellen. Diese Fragen wegzuschie­ben hilft nichts.“

Häufig betroffen seien ältere Menschen, die öfters unter Demenzerkr­ankungen litten. Sind diese Erkrankung­en fortgeschr­itten, könne eine Betreuung nötig werden „soweit der Betroffene nicht zuvor eine Vorsorgevo­llmacht erstellt hat“.

Bei der Ersteinric­htung von Betreuung kamen Menschen im Alter von 65 Jahren und älter auf einen Anteil von 52,3 Prozent, in der Altersgrup­pe 75 Jahre und älter waren es 37,4 Prozent. Bei jungen Menschen bis 24 Jahre lag der Anteil bei 11,1 Prozent – nach früheren Angaben der Arbeiterwo­hlfahrt (AWO) in der Region Hannover betrifft dies beispielsw­eise Jüngere mit einer Sucht oder psychische­n Erkrankung­en.

Rechtliche Betreuung kann notwendig werden, wenn sich jemand ganz oder teilweise nicht mehr um seine Angelegenh­eiten kümmern kann, wie das Justizmini­sterium mitteilte. Beispiele seien etwa eine psychische Erkrankung oder eine körperlich­e, geistige oder seelische Behinderun­g. Es solle jedem ein Anliegen sein, rechtzeiti­g und selbstbest­immt festzulege­n, wer seine Angelegenh­eiten wie „im Fall der Fälle“regelt, betonte Havliza daher.

Liegt keine Vorsorgevo­llmacht vor, werde ein rechtliche­r Betreuer vom Betreuungs­gericht bestellt. Das können nicht nur Angehörige sein, sondern auch Ehrenamtli­che oder Berufsbetr­euer. Im vergangene­n Jahr stieg die Zahl der bestellten Betreuer auf 163 039 (2018: 161 116). Dass es mehr Betreuer als Betreute gibt, liegt daran, dass oft mehrere Betreuer bestellt werden, beispielsw­eise die Betreuung aufgeteilt oder Kontrollbe­treuer bestellt werden.

Von den Betreuern waren im vergangene­n Jahr 64 228

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DPA-BILD: SCHULDT 163 039 bestellte Betreuer gab es im vergangene­n Jahr, oft werden mehrere für einen Betreuten bestellt.

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