Für ihre Kinder ist kein Platz in der Kita
Eltern in großer Not – Online-Anmeldeverfahren gerät im Corona-Wirrwarr in Schieflage
Die Platzvergabe läuft über eine zentrale Anmeldung bei der Stadt. Doch mehrere Eltern kritisieren den Ablauf.
OLDENBURG – Viele Eltern sitzen derzeit wie auf heißen Kohlen. Das hat nicht (nur) etwas mit dem Umstand zu tun, dass im Moment alle Kinder wegen der Corona-Krise alternativ betreut werden müssen. Die Sorge ist, dass auch zum neuen Kindergartenjahr die Türen der Kitas für die eigenen Kinder verschlossen bleiben – weil sie einfach keinen Platz bekommen.
Mehrere Mütter haben sich bei der Ð gemeldet. Sie alle wohnen in Ofenerdiek und sie alle stehen vor demselben Problem: In den ersten Runden der Vergabe der Kindergartenplätze gingen sie leer aus. Nun fragen sie sich, ob sie überhaupt zum Zuge kommen werden. „Wenn wir keinen Platz bekommen, müsste ich aufhören zu arbeiten“, sagt die 39-jährige Jana Reifschläger. „Das wäre finanziell eine Katastrophe.“Wie die anderen Mütter kritisiert sie das Anmeldeverfahren in Oldenburg.
Wie funktioniert das Anmeldeverfahren
In Oldenburg gibt es ein zentrales Anmeldeverfahren. Eltern können im Januar ihre Kinder über eine Internetseite für Krippen- und Kindergartenplätze anmelden und dabei drei Wunsch-Kitas angeben. Dabei spielt der genaue Zeitpunkt der Anmeldung keine Rolle.
Die Entscheidung, welche Kinder aufgenommen werden, fällen aber die Kitas. Dabei geht es um individuelle Kriterien wie Alter des Kindes, Geschlecht, Geschwisterkinder in der Einrichtung, usw.
Nach der erste Runde beginnt das weitere Verfahren, bei dem die noch freien Plätze in den Einrichtungen angezeigt werden und Eltern ihre Kinder darauf wieder bewerben können. Geplant war das für Mitte März. Wegen der Corona-Krise wurde das nun vorerst bis 19. April ausgesetzt, da einige Kitas für die Notbetreuung geöffnet, andere ganz geschlossen sind. „Damit können die eingehenden Anmeldungen nur sehr unterschiedlich bearbeitet werden“, so Stadtsprecher Stephan Onnen. „Das Verfahren lebt von der Gleichheit der Chancen und von der Transparenz. Das wäre derzeit unter diesen Umständen nicht gegeben.“
Mit Blick auf den Kalender verschärft diese Entscheidung natürlich die Situation für viele Mütter. „Ich weiß nicht, wie viele Stunden ich ab Sommer arbeiten kann und kann meinen Jahresurlaub mit meinem Arbeitgeber nicht absprechen“, beklagt die 37-jährige Elena Kolozis.
Welche Kritik gibt es am Anmeldeverfahren
Die Kritik setzt an verschie
denen Stellen an. Laura Sietas fordert mehr Transparenz im Internetportal, wo freie Plätze angezeigt werden. „Es ist nicht ersichtlich, ob die Plätze in der Krippe oder im Kindergarten frei sind, ob sie nur für Integrationskinder sind oder ob sich vielleicht schon viele Alleinerziehende beworben haben, die zurecht bevorzugt werden“, sagt die 33-Jährige. Im Endeffekt müsse man bei jeder Einrichtung anrufen, um zu erfahren, ob sich eine Bewerbung überhaupt lohne oder ob es ohnehin kaum wirklich freie Plätze gebe.
Die Stadt Oldenburg agiere in dem Verfahren „wie ein Briefkasten“, sagt auch Elena Kolozis. Statt zu steuern, werde nur gesammelt und weitergereicht.
Tina Wilkens würde sich sogar eine Direktbewerbung ohne Zwischenschalten der Stadt wünschen. „So wissen die Kindergärten doch gar nicht, wie dringlich manche Fälle sind“, sagt die 39-Jährige. Sie würde den direkten Kontakt zur KitaLeitung bevorzugen.
Jana Reifschläger ärgert sich zudem darüber, dass ihre eingeschränkte Mobilität bei der Vergabe keine Rolle spielt. „Ich habe keinen Führerschein und kein Auto“. Ihrer Arbeit als Haushaltshilfe geht sie mit dem Fahrrad nach. Selbst wenn sie für ihren Sohn noch einen Kindergartenplatz bekommt, hilft der ihr wenig, wenn er im falschen Stadtteil angesiedelt ist. „Ich kann nicht mal eben mit dem Rad morgens nach Kreyenbrück und
dann zur Arbeit fahren.“
Allerdings: Der Rechtsanspruch, den es ja gibt, wäre erfüllt, solange sich der KitaPlatz irgendwo im Stadtgebiet befindet. Sie könne ja ihren Platz einklagen, sei ihr bei der Stadt mitgeteilt worden.
Wie reagiert die Stadt auf die Kritik
Dass es eine solche Aussage beim Servicebüro Kindertagesbetreuung gegeben habe, weist die Stadt zurück. Zur aktuellen Situation habe man sich indes gewünscht, dass bezüglich der Betreuung der Kinder im neuen Kita-Jahr so früh wie möglich Planungssicherheit bestehe, so Stephan Stadtsprecher Onnen. Da derzeit die notwendigen Untersuchungen
bei Kindergartenkindern zu Schulfähigkeit nicht stattfinden könnten, wodurch normalerweise neue Plätze frei werden, müsse die Freigabe dieser Plätze leider auch weiter in der Schwebe bleiben.
Zur Vergabe heißt es, dass die Plätze von den Einrichtungsleitungen verantwortungsvoll vergeben würden. „Jede Einrichtungsleitung achtet darauf, dass wohnortnah vergeben wird. Wenn die wohnortnahen Plätze allerdings vergeben sind, werden auch Plätze in entfernteren Einrichtungen im System sichtbar, die die Eltern auswählen können.“
Die Intransparenz bei den angebotenen Plätzen sei auf das Corona-Wirrwarr zurückzuführen. „Das Online-System war zwischenzeitlich gewissermaßen in eine Schieflage geraten“, so Onnen. Es sei offenkundig gewesen, dass die Ansichten der freien Plätze auf Grund des unterschiedlichen Bearbeitungsstandes nicht haben stimmen können. Darum die Systemsperrung. „In dieser Ausnahmesituation erging auch der Rat an Eltern, in der Kita anzurufen.“
Mittlerweile habe das Servicebüro Kindertagesbetreuung mit jeder Kita gesprochen, die Daten seien geradegezogen worden. Onnen: „So können wir sicherstellen, dass dann, wenn das System wieder geöffnet ist, die Daten auch stimmen.“