Wirtschaftsleben wurde Stecker gezogen
Immer mehr Betriebe in Niedersachsen wollen wegen Coronakrise Kurzarbeit
Die Wirtschaft befindet sich im Ausnahmezustand. Auch wenn sich das noch nicht in den Zahlen widerspiegelt.
OLDENBURG/VECHTA/EMDEN/ BREMEN – Die Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus schränken große Bereiche der Wirtschaft ein oder lassen sie komplett ruhen. Im Gegensatz zur Finanzkrise 2008/2009 sind dabei Betriebe aus fast allen Branchen betroffen.
■ KURZARBEIT
Die regionalen Agenturen für Arbeit gehen aber davon aus, dass die Zahl der Kurzarbeiter insgesamt wesentlich höher ausfallen wird als in der Finanzkrise. Eine stabile Datenbasis mit konkreten Zahlen gibt es zwar noch nicht, allerdings gibt es erste Anzeichen, die darauf hindeuten, dass die Zahl der Personen in Kurzarbeit drastisch steigt.
Denn momentan gehen bei den Agenturen für Arbeit viele entsprechende Anzeigen auf unterschiedlichen Kanälen ein. „Bis Stichtag 27. März waren es bei uns 4200 Anzeigen“, teilte die Agentur für Arbeit Oldenburg-Wilhelmshaven am Dienstag mit. Bei der Agentur für Arbeit EmdenLeer sind seit Beginn der Coronakrise bis zum Stichtag 3350 Anzeigen auf Kurzarbeit eingegangen, bei der Agentur für Arbeit Vechta rund 1750, hieß es am Dienstag.
Die Anzeigen kämen demnach aus allen Bereichen der Wirtschaft – in Ostfriesland
sind insbesondere das Gastgewerbe und der Tourismus betroffen, erklärte Roland Dupák, Leiter der Agentur für Arbeit Emden-Leer. Neben der steigenden Kurzarbeit erwartet er wie ein Großteil der Arbeitsagenturen im Bundesgebiet im Jahresverlauf einen
Anstieg der Arbeitslosenzahlen.
Bis Ende vergangener Woche kamen bei den Agenturen für Arbeit 5600 Anzeigen für Betriebe aus Bremen an und 41 400 Anzeigen, die auf Unternehmen aus Niedersachsen zurückgehen, teilte
die Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen, am Dienstag mit. Zum Vergleich: In der Finanzkrise waren bis zu 4700 Betriebe in Niedersachsen in Kurzarbeit. Betroffen waren in der Spitze 100 000 Beschäftigte. „Wir sind in einem Ausnahmemodus, in dem wir von 100 auf 0 heruntergecrasht sind. Dem Wirtschaftsleben wurde praktisch der Stecker gezogen“, sagte Bärbel HöltzenSchoh, Vorsitzende der Regionaldirektion NiedersachsenBremen der Bundesagentur für Arbeit.
Kurzarbeit sei aus ihrer Sicht „in der Konjunkturkrise eine gewaltige Stütze für in Not geratene Betriebe“. Mit den Anzeigen erhalten die Unternehmen grünes Licht, Arbeitsausfall mit Kurzarbeitergeld auszugleichen. Arbeitgeber zahlen dann mit der Lohnabrechnung das Kurzarbeitergeld an die Beschäftigten aus und lassen sich das Geld von der Arbeitsagentur erstatten. Regulär bekommen Arbeitnehmer 60 beziehungsweise 67 Prozent (mit Kindern) des letzten Nettolohns, teils gibt es tarifliche Aufstockungen.
■ HOTLINES VERSTÄRKT
Derzeit gehen sehr viele Anzeigen auf unterschiedlichen Kanälen ein. Darauf haben die Arbeitsagenturen reagiert und haben die Hotlines verstärkt. Die Rufnummern sind von montags bis freitags, 8 bis 18 Uhr, erreichbar. Arbeitnehmer-Rufnummer:
0800/455 55 00; ArbeitgeberRufnummer: 0800/455 55 20. Zur Entlastung der Rufnummer für Arbeitnehmer wurde zusätzlich die 0441/228 22 88 eingerichtet.
■ ZAHL DER ARBEITSLOSEN
In den regionalen Arbeitslosenzahlen für den Monat März sind noch keine Folgen der Corona-Krise erkennbar, da der Stichtag der 12. März war. Demnach waren im Oldenburger Land und in Ostfriesland im März 46 184 Menschen ohne Arbeit, 2671 weniger als im Februar, aber 40 mehr als im Vorjahr. Im Oldenburger Land waren im März 30 411 Menschen ohne Job, 1354 weniger als im Vormonat, aber 384 mehr als im März 2019. In Ostfriesland wurden im März 15773 Arbeitslose gezählt, 1317 weniger als im Februar und 344 weniger als im Vorjahr.