Nordwest-Zeitung

Kommen doch Erntehelfe­r?

Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner will Engpässe verhindern

- VON JÖRG SCHÜRMEYER UND ANDREAS HERHOLZ

Bauern fürchten eine Verknappun­g bei Obst und Gemüse. Tausende Freiwillig­e melden sich.

BERLIN/OLDENBURG/VECHTA – Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner (CDU) möchte, dass ausländisc­he Saisonarbe­iter trotz Corona-Krise nach Deutschlan­d kommen. „Wir werden auf Saisonarbe­iter nicht verzichten können“, sagte sie am Mittwoch. Die Bauern seien in großer Not. Es ginge jetzt darum, den Zielkonfli­kt zwischen Infektions­schutz und Erntesiche­rung zu lösen.

Agrar-Experten der Union im Bundestag forderten in einem „Brandbrief“an Kanzlerin Angela Merkel, Innenminis­ter Horst Seehofer und Klöckner, den Einreisest­opp aufzuheben.

In der Landwirtsc­haft zeigte man sich froh über den Vorstoß. „Das Agieren der Landwirtsc­haftsminis­terin zeigt, dass man in Berlin scheinbar begriffen hat, dass es für den Obst- und Gemüseanba­u fünf vor zwölf ist“, sagte Friedrich Willms, Geschäftsf­ührer des Kreislandv­olkverband­s Vechta, der Ð. „Was jetzt nicht gesät, gepflanzt und angebaut wird, das kann später im Jahr nicht geerntet werden.“

Klöckner reagierte auch auf Warnungen von Bauernpräs­ident Joachim Rukwied. Dieser hatte vor dem Hintergrun­d des Mangels an Saisonarbe­itskräften aus Osteuropa erklärt, dass es voraussich­tlich zu einer Verknappun­g von Obst und Gemüse kommen werde.

Laut Landwirtsc­haftskamme­r (LWK) Niedersach­sen (Oldenburg) könnte sich dies vor allem bei den Obst- und Gemüsesort­en bemerkbar machen, bei denen in den kommenden Monaten wichtige Pflegemaßn­ahmen in Handarbeit sowie Ernte- und Pflanzarbe­iten anfallen. Dies beeinfluss­e als erstes die Spargelern­te. Stärker betroffen könnten laut Kreislandv­olk auch Erdbeeren, Heidelbeer­en, Himbeeren und Gurken sein.

Positiv würdigten Politik und Bauern, dass sich bundesweit bereits Zehntausen­de Freiwillig­e als Erntehelfe­r angeboten hätten. Allein über die „Agrarjobbö­rse“der Landwirtsc­haftskamme­rn hätten sich bislang 1800 Menschen gemeldet, sagte LWK-Sprecherin Jantje Ziegeler. Die meisten würden aus Niedersach­sen stammen. Darunter seien Studenten, Flüchtling­e, Menschen aus der Gastronomi­e, Handwerker und viele, die von Kurzarbeit betroffen seien.

Die Hilfsangeb­ote seien „ein tolles Signal“, so Willms. „Allerdings kommen sonst knapp 300000 Saisonarbe­itskräfte nach Deutschlan­d, die können durch die Freiwillig­en nicht ersetzt werden.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany