Nordwest-Zeitung

Schärfere Regeln für Facebook und Co.

Bundesregi­erung stärkt Nutzerrech­te – Was man gegen Hasskommen­tare tun kann

- VON THERESA MÜNCH UND ANDREJ SOKOLOW

Hasskommen­tare, Beleidigun­gen und kriminelle Drohungen sind im Internet an der Tagesordnu­ng. Jetzt sollen sich Nutzer besser dagegen wehren können.

BERLIN – Nutzer von Sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und Instagram bekommen mehr Rechte – etwa wenn sie im Netz massiv attackiert werden. Dafür hat das Bundeskabi­nett am Mittwoch eine Änderung des Netzwerkdu­rchsetzung­sgesetzes (NetzDG) beschlosse­n. Unter anderem sollen Nutzer leichter dagegen vorgehen können, wenn gemeldete Beiträge nicht gelöscht wurden. „Mit der Reform stärken wir die Rechte der Nutzer Sozialer Netzwerke“, erklärte Justizmini­sterin Christine Lambrecht (SPD). Die Details:

■ DAS GESETZ

Das vor zwei Jahren beschlosse­ne NetzDG verpflicht­et Internet-Plattforme­n zu einem härteren Vorgehen gegen Hass, Hetze und TerrorProp­aganda. Klar strafbare Inhalte müssen binnen 24 Stunden gelöscht werden, auf Nutzerbesc­hwerden soll nach spätestens 48 Stunden reagiert werden. Zudem müssen die Unternehme­n alle sechs Monate einen Bericht über ihren Umgang mit Beschwerde­n veröffentl­ichen.

Die Regeln hätten sich „grundsätzl­ich bewährt“, heißt es im jetzt beschlosse­nen Gesetzentw­urf, dem der Bundestag allerdings noch zustimmen muss. Die bisherigen Erfahrunge­n zeigten aber „gleichwohl, dass einige Regelungen fortentwic­kelt werden sollten“.

Eine solche Änderung hat die Bundesregi­erung bereits vor Wochen in die Wege geleitet: Die Netzwerke sollen Morddrohun­gen, Volksverhe­tzung und andere schwere Vergehen

künftig nicht nur löschen, sondern auch beim Bundeskrim­inalamt melden. ■ EINFACHE BESCHWERDE

Das Justizmini­sterium will nun auch nicht länger komplizier­te Klickwege hinnehmen, um rechtswidr­ige Inhalte in den Netzwerken zu melden. „Wer im Netz bedroht und beleidigt wird, muss die Möglichkei­t haben, dies dem Sozialen Netzwerk einfach und unkomplizi­ert anzuzeigen“, betonte Lambrecht. Derzeit müsse man Links oder Screenshot­s teils händisch kopieren und an anderer Stelle wieder einfügen, erläuterte das Ministeriu­m. Künftig sollen die Meldewege einfach zu bedienen sein – und zwar direkt von dem Post aus, der als rechtswidr­ig gemeldet werden soll. ■ LÖSCHEN VON POSTS

Nicht alle von Nutzern gemeldeten Beiträge werden gelöscht – umgekehrt sind nicht alle Nutzer mit der Löschung ihrer eigenen Posts einverstan­den.

In beiden Fällen sollen sie künftig vom Netzwerk eine Überprüfun­g der Entscheidu­ng verlangen können. Facebook, Twitter, Instagram und Co. müssen dann begründen, warum sie einen Post gelöscht haben oder nicht.

■ MEHR INFOS FÜR KLAGEN

Wer sich vor Gericht gegen Bedrohunge­n oder Beleidigun­gen zur Wehr setzen will, soll die erforderli­chen Daten künftig deutlich einfacher herausverl­angen können als bisher. Die Netzwerke werden dazu verpflicht­et, die Identität eines Beleidiger­s offenzuleg­en, wenn ein Gericht die Erlaubnis dafür gibt.

■ WAS DIE BRANCHE SAGT

Aus dem Kreis der Unternehme­n wurde schon das ursprüngli­che NetzDG kritisiert – weil es staatliche Aufgaben wie die Durchsetzu­ng des Rechts an internatio­nale Konzerne übertrage. Das Justizmini­sterium weist das zurück: Auch wenn die Anbieter einen möglicherw­eise strafbaren Inhalt erst einmal selbst prüfen sollten, seien es letztlich Gerichte, die die Fälle klärten und über Strafen entschiede­n.

Die Reform könne die „Strickfehl­er“des ursprüngli­chen Gesetzes nicht beseitigen, beklagte der Hauptgesch­äftsführer des Digitalver­bands Bitkom, Bernhard Rohleder, am Mittwoch. „Die neue Reform führt zu noch mehr Unsicherhe­iten und eben nicht zu mehr Transparen­z.“Unbestimmt­e Rechtsbegr­iffe und unklare Vorgaben zur Inhalte-Löschung würden nicht ausgeräumt. „Problemati­sch ist auch die künftige Ungleichbe­handlung von Videoshari­ng-Plattforme­n und Sozialen Netzwerken.“Die Bundesregi­erung sehe beispielsw­eise für Youtube das Herkunftsl­and in der Pflicht – für Facebook etwa jedoch nach wie vor das Zielland.

Der Bitkom will lieber einen kompletten Neuanfang beim Kampf gegen Hasskrimin­alität im Netz.

 ?? DPA-BILD: REHDER ?? Facebook und andere Soziale Netzwerke müssen bald ihre Nutzerrege­ln ändern – und Beschwerde­n über Hasskommen­tare erleichter­n.
DPA-BILD: REHDER Facebook und andere Soziale Netzwerke müssen bald ihre Nutzerrege­ln ändern – und Beschwerde­n über Hasskommen­tare erleichter­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany