Kein Platz mehr für Patienten
Kriegsähnliche Zustände in New Yorker Krankenhäusern – US-Lazarettschiff im Hafen
Mehr und mehr Menschen sterben im Epizentrum der CoronaKrise in den USA. Nicht nur Patienten werden inzwischen verlagert – auch die Leichen.
NEW YORK – Eine Leiche nach der anderen schieben Pfleger in Schutzanzügen aus dem Brooklyn Hospital Center in New York. Dort und an vielen anderen Krankenhäusern der Metropole ist es für sie zu einem traurigen Ritual geworden: Von der Bahre wird der oder die in weißes Plastik eingehüllte Tote auf einen Gabelstapler gelegt und vorsichtig in einen Kühllaster gehoben.
Kühllaster für die Leichen
Im Zentrum der Coronavirus-Pandemie in den USA fehlt es nicht nur an Behandlungsbetten, sondern auch an Platz für die Leichen. Immer wieder richtete Gouverneur Andrew
Cuomo in den vergangenen Tagen verzweifelte Hilfsappelle an die Bundesregierung. Die Katastrophenschutzbehörde Fema schickte unter anderem 85 Kühllaster.
An einigen Krankenhäusern, wie etwa der Klinik Lenox Hill in Manhattan, parken die Kühllaster an Straßen und vor Wohnhäusern. Menschen fahren in Autos und Bussen vorbei, während die Leichen hineingeladen werden. Bilder von solchen Szenen wurden im Internet massenhaft verbreitet. „Es ist kaum zu glauben, aber das ist real“, sagte ein Mann, der ein Handy-Video von den grausigen Szenen machte und es online stellte.
Mit mehr als 1900 Toten ist der Staat New York derzeit der am schwersten betroffene im ganzen Land. Am Dienstag hatten die USA nach Zählung der Johns-Hopkins-Universität Chinas offizielle Totenzahl von etwa 3300 Toten überholt. Und die Zahl nimmt rasant zu – inzwischen werden mehr als 4000 Tote in den USA gezählt. Laut der Universität sind in den USA weltweit 200 000 Infektionen nachgewiesen worden – so viele wie nirgendwo sonst auf der Welt. Mittlerweile rechnet das Weiße Haus mit 100 000 bis zu 240 000 Toten im ganzen Land – und zwar trotz der jüngst verschärften Maßnahmen. Die USA steuern laut Vizepräsident Mike Pence auf einen ähnlichen Verlauf zu, wie Italien ihn erlebt.
Im Elmhurst Hospital in Queens lägen schwer kranke Covid-19-Patienten teils am Boden oder müssten noch im Wartebereich der Notaufnahme sitzen, bis ein Bett frei werde, sagte Eric Wei von der New Yorker Krankenhausbehörde. „Ich praktiziere seit langer Zeit Notfallmedizin, und ich sehe jetzt Dinge, die ich mir nie hätte vorstellen können.“Ein Minderjähriger starb bereits.
Patienten auf dem Schiff
In einem Kongresszentrum am Hudson River wurden Betten für 1000 Personen bereitgestellt, die nicht an Covid-19 erkrankt sind, um die Krankenhäuser zu entlasten. Das Lazarettschiff „Comfort“der US-Marine soll ebenfalls 1000 Patienten aufnehmen. Zusätzlich zu den 1000 Betten gibt es auf dem Schiff zwölf Operationsräume. Die Tennisanlage in Flushing Meadows, wo sonst die US-Open ausgetragen werden, wurde zu einer Klinik umfunktioniert.
250 Krankenwagen und 500 Sanitäter sind in den vergangenen Tagen von außerhalb in die Stadt geholt worden, um alle Notrufe abzuarbeiten. Fast 80 000 ehemalige und pensionierte Ärzte und Ärztinnen, Schwestern und Pfleger sollen freiwillig helfen.