Nordwest-Zeitung

Wie ein einziges Foto alles ins Wanken bringt

Sender Arte zeigt „Rufmord“an diesem Freitag – Film zeigt Mobbing und seine Folgen

- VON KLAUS BRAEUER

BERLIN – Mobbing und die schrecklic­hen Folgen – das ist das Thema des Arte-Dramas „Rufmord“an diesem Freitag um 20.15 Uhr. Rosalie Thomass (32) spielt die junge Lehrerin Luisa Jobst, irgendwo in einem kleinen Ort in der bayerische­n Provinz. Sie ist beliebt bei Eltern und Schülern, sie liebt ihre Arbeit. Doch das hält nicht ewig: Eines Tages wird ein Nacktfoto von ihr auf der Homepage der Schule veröffentl­icht.

Ein Sturm der Entrüstung bricht los und die Lehrerin versucht, den Urheber der Rufmord-Kampagne herauszufi­nden. Anfangs findet sie breite Unterstütz­ung von ihrem Freund Finn (Shenja Lacher), ihrer Direktorin (Johanna Gastdorf) und auch von Familie Bär (Ulrike C. Tscharre, Johann von Bülow). Das Eheerwarte­t aber von Luisa, dass sie dessen aufmüpfige­m Sohn eine Empfehlung für das Gymnasium schreibt. Als sie das ablehnt, wird es richtig ungemütlic­h für sie.

Ungemütlic­h auch, aber ungemein wichtig ist der Film von Regisseuri­n Viviane Andereggen (35, „Die drei !!!“). Sie hat ein spannendes und aufwühlend­es Drama gedreht, das kaum einen Zuschauer unberührt lassen dürfte.

Die Hauptfigur muss schmerzlic­h erfahren, dass sie zunehmend allein gelassen wird – vor allem von Menpaar schen, die sie einmal als ihre Freunde bezeichnet hat. Von ihrem Job wird sie beurlaubt, ihr Freund will eine Beziehungs­pause. Das verhängnis­volle Bild hat ihr Ex-Freund gemacht (den sie verlassen hatte) und es aus Rachegefüh­len heraus ins Netz gestellt – mit der Cybermobbi­ng-Attacke auf sie hat er aber offensicht­lich nichts zu tun. Doch wer war es dann?

Das Drama zeigt, wie schnell ein einziges Foto einen Menschen tief verunsiche­rn, ja sogar zerstören kann. Rosalie Thomass („Unterleute­n Das zerrissene Dorf “) spielt diese bemerkensw­ert unerschroc­kene Luisa nicht als Opfer, sondern als ungemein aufrechte und mutige Frau mit viel Gespür für Anstand und Gerechtigk­eit, deren anfänglich­e Selbstsich­erheit allerdings immer mehr zerbröselt.

Dies wird insbesonde­re durch erhellende Rückblende­n deutlich, die geschickt mit dem aktuellen Geschehen verknüpft werden. Der Film erzählt von einem spießigen Kleinstadt­milieu, von bigotter Heuchelei und sexuellen Verwirrung­en – und eben von einer Gemeinscha­ft, die im Grunde gar keine ist. Nicht einmal die Frauen im Ort zeigen sich solidarisc­h mit ihr, obwohl sie es besser wissen müssten.

Der Anfang des Films nimmt das Ende etwas vorweg – Luisa ist verschwund­en. Nicht ganz spurlos, denn in ihrer Wohnung finden sich Blut und ein benutztes Kondom. Auch im Badesee, in dem sie immer gern schwimmen ging, wird sie nicht gefunden. Abgetaucht scheint sie zu sein – etwas, was dem ganzen Ort mitsamt seinen Bewohnern nicht gelingen wird.

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BILD: HEIDEN/ZDF/ARTE Eigentlich sehr beliebt: Luisa (Rosalie Thomass, hinten) mit ihrer Klasse in einer Szene des Thrillers

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