Populisten sind plötzlich sprachlos
Das Oster-Wochenende wird entscheidend sein für die Frage, wie es mit den Beschränkungen in der Corona-Krise weitergeht. Die meisten Menschen haben begriffen, dass die Gefahr zwar nicht unmittelbar sichtbar, aber real ist. Sie informieren sich aufmerksam, sie achten auf Hygiene, sie vermeiden Ansteckungsgefahren, sie schränken ihre Bewegungsfreiheit und körperlichen Kontakte massiv ein, um zu verhindern, dass Menschen sterben und dass noch schärfere staatliche Eingriffe in ihr Leben erfolgen, als es sie ohnehin schon gibt.
Dieses Verantwortungsbewusstsein ist eindrucksvoll – und sollte nun die weitere Corona-Politik prägen. Auf die Bürger ist Verlass. Es ist verständlich und richtig, dass jetzt zum Oster-Wochenende noch einmal eindringliche Appelle des Bundes und der Länder erfolgten, nicht nachlässig zu werden. Nach Ostern haben die Bürger aber das Recht und den Anspruch, konkreter als bisher informiert zu werden, was weiter geschehen soll. Und wie der Konflikt zwischen der Angst vor Ansteckung und der Angst vor wirtschaftlichem Zusammenbruch und gesellschaftlicher Isolation gelöst werden kann.
Je länger das öffentliche Leben still steht, Existenzen vernichtet werden, Angehörige nicht besucht werden dürfen, Bürgerrechte beschnitten werden, desto schwerwiegender wird dieser Konflikt. Und desto wichtiger wird es, die Bürger mitzunehmen und einzubinden bei weiteren Entscheidungen. Dazu gehört, Grundlagen für diese Entscheidungen transparent zu machen, Strategien immer wieder auf den Prüfstand zu stellen, Alternativen in Betracht zu ziehen und Exit-Perspektiven aufzuzeigen. Je länger die Einschränkungen dauern, desto mehr drängende Fragen wird es zu den Folgen geben. Da ist es wichtig, Antworten zu haben.
Unstrittig ist: Bei allen Überlegungen und politischen Entscheidungen müssen der Schutz von Menschenleben und damit die Stabilisierung unseres Gesundheitssystems an erster Stelle stehen. Daraus folgt eine Lehre, die schon jetzt für die Zeit nach der Pandemie zu ziehen ist: Ein Gesundheitssystem, das allein auf rein betriebswirtschaftliche Effizienz getrimmt wurde, erweist sich als im wahrsten Sinne des Wortes lebensgefährlich. Die finanziellen und gesellschaftlichen Kosten, die wir tragen müssen, um dieses System in der CoronaKrise nicht zu überlasten, übersteigen die Kosten für eine mehr am Patienten und nicht an Fallpauschalen orientierte Medizin bei Weitem.
Und was bleibt hoffentlich noch nach der Krise? Die Erkenntnis, wie wertvoll Freiheit ist und wie schnell sie uns genommen werden kann. Das Gefühl, wie kostbar Kontakte zur Familie, zu Freunden, zu anderen Menschen sind und wie schmerzhaft es ist, wenn diese Kontakte gestört sind. Und nicht zuletzt die Erfahrung, dass in Zeiten einer solchen Krise Streitereien verblassen, dass Solidarität wächst und dass Populisten und Ideologen plötzlich sprachlos sind, weil sie keine vermeintlich einfachen Antworten auf diese immensen Herausforderungen haben, vor denen wir derzeit stehen.
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