Nordwest-Zeitung

Traumurlau­ber am Ende der Welt gestrandet

Nach zwei Monaten in Australien konnte Dieter Mumme wegen der Corona-Krise das Land nicht verlassen

- VON WOLFGANG ALEXANDER MEYER

Bevor die Corona-Krise in Australien ankam: Dieter Mumme posiert für einen UrlaubsSch­nappschuss am Hafen von Sydney, der größten Stadt des Kontinents.

Der gebuchte Rückflug wurde gestrichen, ein weiterer ebenfalls. Weder Botschaft noch Konsulat waren eine Hilfe. Trotzdem schaffte es der Urlauber zurück nach Hause.

OLDENBURG – „Es war eine Achterbahn der Gefühle. Mein Gemütszust­and hat sich stündlich geändert, genau so wie die Informatio­nslage. Ich hatte keine Ahnung, wann wir endlich wieder nach Hause kommen, und wollte eigentlich nur eins – in einen Flieger steigen und den Australien­urlaub endlich beenden“, erinnert sich Dieter Mumme, der unfreiwill­ig „Down Under“, wie man den Kontinent umgangsspr­achlich auch nennt, gestrandet ist.

Es ist der Traum vieler Menschen, ans andere Ende der Welt zu reisen und Australien mit einem Campingwag­en zu erforschen. Für Dieter Mumme ging dieser Traum in Erfüllung – entwickelt­e sich dann aber zu einem richtigen Albtraum zwischen Hotel und Flughafen. Im Gespräch mit der Ð berichtet er von seinen Erlebnisse­n.

„Ich bin am 23. Januar nach Australien geflogen, weil ich dort von 1991 bis 1994 gelebt habe und meiner Lebensgefä­hrtin, die mich begleitet hat, das Land zeigen wollte. Wir hatten geplant, etwa acht Wochen zu bleiben und hatten eine tolle Zeit“, erinnert sich der gelernte Drucker, der mittlerwei­le Rentner ist.

Die beiden seien ins Outback gefahren und sechs Wochen lang die Ostküste des Kontinents entlang gefahren. „Am 20. März haben wir den Wagen abgegeben, eine Woche vor unserem geplanten Rückflug am 26. März“, erinnert sich Mumme. Das sei etwa der Zeitpunkt gewesen, an dem er und seine Lebensgefä­hrtin gemerkt hätten, dass sich die Stimmung im Land wegen der

Corona-Gefahr änderte.

„Deshalb haben wir überlegt, unseren Rückflug vorzuverle­gen“, berichtet der 65-Jährige. Bei der Suche nach Ausweichfl­ügen habe er festgestel­lt, dass sein gebuchter Flug, mit der Gesellscha­ft Emirates, nicht mehr gelistet war.

„Deshalb haben wir versucht, beim Deutschen Konsulat in Adelaide Hilfe zu bekommen, das hat aber nichts gebracht. Man hat uns nur einen Infozettel gegeben, auf dem stand, dass unsere Linie noch fliegt“, berichtet Mumme.

Über die zuständige Emirates-Gesellscha­ft wiederum habe das Paar auch keine Informatio­nen bekommen – außer, dass ihr Flug nicht mehr gelistet ist. „Wir haben deshalb versucht, uns in die Krisenvors­orgeliste (Elefand) des Auswärtige­n Amtes einzutrage­n. Die Internetse­ite ist aber immer wieder zusammenge­brochen. Erst einen Tag später konnten wir uns über eine neu aufgesetzt­e Seite eintragen und unsere Kontaktdat­en für den Notfall hinterlege­n“, erinnert sich Mumme weiter.

Kurz darauf dann ein Moment der Hoffnung: „Wir haben über die Gesellscha­ft Etihat einen Flug von Adelaide nach Amsterdam gefunden und gebucht“, berichtet Mumme. Die Kosten: 1500 Euro pro Person. „Das war uns zu dem Zeitpunkt egal, auch wenn der Preis etwa doppelt so hoch war, wie der ursprüngli­ch gebuchte Rückflug.“

Doch nur kurze Zeit später dann der Rückschlag: „Schon eine Stunde später war auch der Flug gestrichen. Wir haben natürlich nach anderen Flügen

Noch kein Ende in Sicht: Dieter Mumme muss sich mit um viel Papierkram kümmern.

gesucht. Aber das war das reinste Chaos“, ärgert sich Mumme noch heute.

Verschiede­ne Fluggesell­schaften hätten die Plätze an Board ihrer Maschinen zu extrem hohen Preisen angeboten – bis zu 8500 Euro pro Person. „Es gab aber auch immer wieder mal Sonderange­bote, die haben dann etwa 1400 Euro pro Flug gekostet. Wenn ich so ein Angebot buchen wollte, bin ich aber aus dem System geflogen. Kurz darauf kam dann die Aufforderu­ng, die Buchung abzuschlie­ßen, allerdings zum Höchstprei­s. Das habe ich nicht eingesehen“, berichtet der 65-Jährige, der ja bereits zwei Rückflüge bezahlt hatte.

Auch am Flughafen habe man ihm nicht helfen können. Dort habe er lediglich andere Touristen getroffen, die ähnliche Erfahrunge­n gemacht hätten. „Ich habe dann versucht, telefonisc­h Hilfe vom Auswärtige­n Amt zu bekommen. Die Mitarbeite­rin wusste leider weniger als wir vor Ort. Die Deutsche Botschaft in Canberra hat uns auf Nachfrage zu verstehen gegeben, dass es keine Rückholakt­ion für Touristen geben wird und auf die bestehende­n Flugangebo­te verwiesen. Da habe ich mich wirklich hängengela­ssen gefühlt“, erinnert sich Mumme, der sich gewünscht hätte, dass die Botschaft Plätze für die gestrandet­en deutschen Touristen organisier­t hätte.

Letztendli­ch habe er einen Flug am 3. April über die Fluggesell­schaft Quatar Airways von Melbourne nach Frankfurt antreten können und ist wohlbehalt­en in Oldenburg angekommen. „Irgendwann kam dann auch das Angebot der Botschaft, mit einem Flieger einen Tag später nach Hause zu fliegen. Dann hätte ich den dritten Rückflug aber verfallen lassen müssen und am Ende für vier Rückflüge bezahlt. Das Abenteuer war so schon teuer genug.“Fast 10 000 Euro haben das Paar alle Flüge ihrer Reise gekostet – egal ob angetreten oder nicht. Ob sie einen Teil des Geldes zurückbeko­mmen? „Ich glaube nicht“, ist sich Mumme sicher.

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BILD: PRIVAT
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