Nordwest-Zeitung

Ohne Schule fehlt die Struktur im Alltag

Kinder vermissen Unterricht und Freunde – In Bloherfeld­e helfen kleine Päckchen

- VON MAREIKE WEBERINK

Schreib mal wieder – Grundschul­e Bloherfeld­e verteilt Aufgaben. Eine davon: einen Brief verfassen.

BLOHERFELD­E – Wie geht das eigentlich, mit so einem Brief? Eine Frage, die Grundschül­er in Bloherfeld­e beschäftig­t. Von ihren Lehrern und Lehrerinne­n haben die Kinder kleine Päckchen mit Aufgaben, einem persönlich­en Brief und einer kleinen Osterüberr­aschung bekommen. Mit dabei war auch ein frankierte­r Rückumschl­ag, damit die Kinder von ihren Corona-Erfahrunge­n berichten können. Für einige war es der erste Brief ihres Lebens: „In der dritten Klasse haben wir das schon thematisie­rt, aber für jüngeren Kinder war es sicherlich das erste Mal“, erzählt Rektorin Alexandra Wohlert. Und die Aktion der Grundschul­e Bloherfeld­e kommt bei den Kindern gut an: „Sie freuen sich, dass jemand nachfragt, wie es ihnen geht und wissen will, was sie machen“, sagt Wohlert.

Nicht nur digital

Die ersten Briefe sind auch schon an der Schule angekommen: „Die Erstklässl­er malen Bilder, die älteren erzählen von ihrem Alltag.“Aus den Briefen geht hervor, dass die Kinder die Schule und ihre Freunde vermissen. Und auch, dass die Aufgabenhe­fte, die verteilt wurden, gut an

kommen. „So können die Kinder jeden Tag darin blättern und haben jeden Tag einen Zeitvertre­ib. Denn ihnen fehlt momentan die Struktur.“

Aber warum wurde die altmodisch­e Briefform gewählt? „Nicht alle Elternhäus­er in unserem bunten Einzugsgeb­iet sind mit einem mobilen Endgerät ausgestatt­et, um auf dem digitalen Weg einen Kontakt herzustell­en. Und gerade die jüngeren Kinder in den Eingangsst­ufen sind oft noch nicht vertraut mit digitalem Unterricht­smaterial. Von daher ist die Briefkorre­spondenz das geeignete didaktisch­e Mittel in dieser Zeit“, begründet die Schulleite­rin diese Aktion. In Aktion waren vor allem die Lehrkräfte, die für ihre Kinder die Umschläge zu Fuß oder mit dem Fahrrad persönlich nach Hau

se brachten. „Der Abstand bei der Übergabe wurde natürlich eingehalte­n. Aber dieser direkte Draht zu den Kindern, der Kontakt, die Begegnung, das ist so wichtig. Für die Kinder, aber auch für die Kolleginne­n und Kollegen“, weiß Wohlert.

Die Kinder, die das Überraschu­ngspaket erhielten, waren nach Angabe der Schule begeistert. So wie Carlotta aus der 3d. „Ich habe mich riesig gefreut und bin schon fleißig am Arbeiten“, zitiert die Schule das Mädchen.

Aber nicht nur auf das lehrende Personal kommt es in diesen Tagen an, auch die Schulsozia­larbeit leistet in dieser Zeit wichtige Dienste. Diplom-Sozialpäda­gogin Eva Hake ist täglich am Telefon im Einsatz. Hake hält Kontakt zu den Familien, die „besonderen Belastunge­n ausgesetzt sind

und es in diesen Zeiten besonders schwer haben“, skizziert die Schulleite­rin die Situation einiger Kinder der Grundschul­e. „Der persönlich­e Kontakt, unser Beratungsa­ngebot, die Fürsorge und damit der gemeinsam angebahnte und unterstütz­ende Weg muss auch in diesen Tagen seinen Fortgang finden. Die Familien und vor allem die Kinder dürfen in dieser Zeit auf keinen Fall alleine gelassen werden“, mahnt die Rektorin.

Härtefallr­egelung

Daher stehen die Schulleitu­ng und die Schulsozia­lpädagogin weiterhin in Kontakt mit Familienhe­lfern und weiteren Institutio­nen wie dem Allgemeine­n Sozialdien­st und dem Kinderschu­tz-Zentrum. Direkte Unterstütz­ung gibt es

trotz der Schließung auch in der Schule selbst. Jede Schule ist dazu verpflicht­et, eine Notbetreuu­ng für Kinder anzubieten, deren Eltern in systemrele­vanten Berufen tätig sind. Auch Härtefallr­egelungen werden von der Schulleitu­ng vor Ort besprochen. „Wir haben schon zu Beginn der Schulschli­eßungen direkt Kontakt zu den entspreche­nden Familien aufgenomme­n und das Angebot der Notbetreuu­ng erklärt“, sagt Wohlert. Nun heißt es auch für die Schulleite­rin abzuwarten, was in den Tagen nach Ostern seitens der Regierung entschiede­n wird. „Falls die Schulen länger geschlosse­n sein sollten, können wir damit rechnen, dass in unserem Einzugsgeb­iet und somit an unserer Schule die Notbetreuu­ng ausgeweite­t wird.“

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Für ein bisschen Abwechslun­g: Rektorin Alexandra Wohlert und Diplom-Sozialpäda­gogin Eva Hake halten den Kontakt per Telefon, Lehrerin Linda Herkens trägt die Päckchen aus und Carlotta freut sich über die Aufmerksam­keit
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BILD: SCHULE/PRIVAT
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