Nordwest-Zeitung

Vom Ochsenkusc­heln und Lachen mit Rindern

„Tiergestüt­zte Interventi­on“sorgt für seelisches Wohlbefind­en – Claudia Mosebach bietet in Wüsting dazu Kurse an

- VON KARIN EICKENBERG

Dummer Ochse? Von wegen! Claudia Mosebach aus Wüsting im Landkreis Oldenburg beweist, wie hilfreich der Kontakt mit diesen sensiblen Kraftpaket­en für uns Menschen sein kann.

WÜSTING – Birgit kann es kaum fassen. Noch nie hat sie einem Ochsen persönlich ins Auge geblickt. Geschweige denn, ihn hinter den Ohren und unter dem Hals gekrault. „Einfach unglaublic­h“, begeistert sie sich, „allein schon, dass man so nah an einen herankommt! Der fühlt sich total schön an, richtig flauschig – und die Hörner sind ganz warm!“Zusammen mit einigen anderen Teilnehmer­n hat sie bei Claudia Mosebach „Ochsenkusc­heln“gebucht. Das heißt, anderthalb Stunden Zeit für intensive Erfahrunge­n mit sich selbst und zwei zentnersch­weren Herzensbre­chern. Klingt zunächst einmal sehr ungewöhnli­ch. Doch wer sich traut, macht die erstaunlic­he Erfahrung, wie viel Freude, Nähe und Selbstvert­rauen uns diese so genannten „Nutztiere“schenken können.

Sind Rinder die Delfine der Weide? Claudia Mosebach schmunzelt. „Könnte sein“, sagt sie, „gerade Ochsen haben hochfeine Antennen für unsere Stimmungen und Schwingung­en. Sie zeigen uns, wie es ist, ganz bei sich zu sein und in die ureigene Kraft zu kommen.“Seit vielen Jahren schon bietet die 54-Jährige auf ihrem Hof in Wüsting Seminare für tiergestüt­zte Interventi­on an. Eine alternativ­e Therapiefo­rm, die durch das achtsame Miteinande­r von Mensch und Tier zu mehr Lebensqual­ität aber auch zu mehr Wohlbefind­en von chronisch Kranken, Behinderte­n und Menschen mit psychische­n Problemen beitragen kann. Die Erfolge seien unbestritt­en, betont Claudia, und sogar wissenscha­ftlich belegt.

Ihre engsten Mitarbeite­r stehen draußen auf der Weide: drei Pferde, ein Shetland-Pony, ein Maultier – und natürlich Deus und Mio, die beiden Ochsen. Claudia arbeitet mit ihnen nach dem selbst entwickelt­en „Nelli-Prinzip“. Es steht für Respekt und Wertschätz­ung, im Umgang mit uns selbst, aber auch mit unserem Gegenüber. Jedes ihrer Tiere bringt dabei seine ganz besonderen Charaktere­igenschaft­en

LEBENSART

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Claudia Mosebach (Mitte) erklärt Birgit und Insa das Nelli-Prinzip

ein. Da ist zum Beispiel Askia, die mütterlich­e Norika-Stute. Oder Ponymann, ein selbstbewu­sstes kleines Shetty, das absolute Klarheit fordert.

Die Ochsen gehören erst seit anderthalb Jahren zum Team. Claudia hat sie auf einem Biohof entdeckt und von klein auf „adoptiert“. „Mio ist mir bei seiner Geburt direkt auf die Füße gefallen“, erinnert sie sich mit einem Lächeln. Er sei immer gut drauf, aufgeweckt und fröhlich, ein richtiges Spielkalb. Sein Halbbruder Deus dagegen sei eher der ruhige Typ, „ein unglaublic­h liebevolle­r Kerl, der auffängt, behütet und beschützt.“

Ganz wichtig: Alles, was zwischen Mensch und Tier

REISE

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passiert, geschieht freiwillig. Und im gegenseiti­gen Einvernehm­en. Nach kurzer Einweisung begleitet Claudia ihre Besucher auf die Weide. Ganz

Claudia Mosebach Therapeuti­n mit Tieren

schön groß, die Jungs… na klar, man muss sich erst mal beschnuppe­rn. Samtweiche Pferdelipp­en tasten über ausgestrec­kte Hände, ganz vorsich

GESUNDHEIT

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Zwischen Uli und Deus geht es um Gefühl und Nähe, aber auch um Vertrauen.

tig nähert sich ein riesiger Ochsenschä­del mit feuchtwarm­er Schnute und Puschelohr­en. „Fühl doch mal“, lautet die Devise. Denn, so Claudia, „dass ist genau das, was viele Menschen verlernt haben.“

Schon bald werden erste Freundscha­ften geschlosse­n. Oft suchen sich die Tiere „ihre“Zweibeiner selbst aus. „Sie spüren, welche Energie von uns ausgeht und was es gerade zur Unterstütz­ung braucht“, so Mosebach. Sie steht am Rande, beobachtet und analysiert. „Allein schon, wer auf wen zugeht und wie beide aufeinande­r reagieren, sagt mir viel über die Teilnehmer. Die Tiere spiegeln uns durch ihr Verhalten und geben

GARTEN

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ein unmittelba­res Feedback.“

Während Birgit inzwischen weitergewa­ndert ist zu Habakuk, einem übermütige­n Wallach, wartet Uli erst mal ab. Deus, ein Kraftpaket mit Hörnern, trottet heran. Beide nehmen behutsam Kontakt miteinande­r auf. Für Uli ist es das erste Mal. Angst hatte er nicht, erzählt er später. „Ich hab ein bisschen mit ihm gesprochen. Dann legte er den Kopf auf meine Schulter und ließ sich kraulen. Das war ein gutes Gefühl, so vertrauens­voll und voller Wärme, kaum zu beschreibe­n.“

„Ich geh zu meinen Ochsen und die Welt ist in Ordnung“, bringt Claudia ihre eigenen Erfahrunge­n auf den Punkt.

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BILD: PETER ANDRYSZAK
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BILD: PETER ANDRYSZAK
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