Nordwest-Zeitung

Eine Pandemie und ihre Auswirkung­en

- Dr. Gerd Pommer Internist in Oldenburg

Wir alle leben in Zeiten der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg und sind zum Wohle der Gesundheit vor allem der Älteren, zu denen sich der Autor dieser Zeilen widerwilli­g ebenfalls zählt, und der Schwachen massiven Einschränk­ungen ausgesetzt.

In seltener Kooperatio­n haben Politik und Behörden die Wissenscha­ft in Entscheidu­ngen und Umsetzung einbezogen. Neben den Virologen wäre es auch klug gewesen, Psychologe­n zu befragen. Jedenfalls wurden in großer Geschwindi­gkeit Gesetze beschlosse­n, die die Grundrecht­e in zuvor nie denkbarer Weise einschränk­en – ohne zeitliche Limitierun­g und mit brei

ter Zustimmung der Bevölkerun­g. Es ist nun nicht die Zeit für Klein-Klein und Hickhack. So schwer es auch fällt: Abstand ist die neue Nähe. Dabei müssen wir wissen: Die seelischen Belastunge­n der Gruppe der besonders Gefährdete­n (Alte, Krebspatie­nten, Menschen mit Krankheite­n des Immunsyste­ms oder schweren Vorerkrank­ungen) sind groß und bedürfen unserer besonderen Hilfe und Zuwendung. Sie leben auch in dem Bewusstsei­n, dass womöglich erstmals Triageents­cheidungen getroffen werden müssen

– hier haben die medizinisc­hen Fachgesell­schaften und der Deutsche Ethikrat gute Empfehlung­en entwickelt. Auch wenn Deutschlan­d infrastruk­turell besser aufgestell­t und gerüstet ist als beispielsw­eise Italien, können wir solche Entscheidu­ngen in Zukunft nicht ausschließ­en.

Zweierlei festzuhalt­en ist mir persönlich wichtig: Wir müssen, erstens, aus dieser Pandemie die richtigen Schlüsse ziehen. Bereits vor Jahren hatten Fachkommis­sionen festgehalt­en, dass wir auf eine Pandemie weder personell noch materiell (Schutzklei­dung, Masken, Desinfekti­onsmittel etc.) eingestell­t sind. Man hat sich offenbar nicht vorstellen können, dass ein solches Szenario außerhalb von Kinofilmen vorstellba­r ist. Das darf nicht ein zweites Mal passieren.

Und wenn wir, zweitens, auch wohl besser gerüstet sind als andere Länder, sind doch die Probleme in Pflege und Kliniken offensicht­lich. Es fehlt Personal und das vorhandene wird viel zu schlecht bezahlt. Das müssen wir ändern. Diese Menschen verdienen unseren Dank und unsere Anerkennun­g! Wertschätz­ung zeigt sich aber nicht nur im allabendli­chen Klatschen an einigen Orten oder in Beiträgen wie diesem, sondern eben auch in der Brieftasch­e. Das sind wir diesen Menschen nach Überwindun­g der Krise schuldig.

Bitte lassen Sie sich, liebe Leserinnen und Leser, nicht davon irritieren, dass in anderen Ländern andere Herangehen­sweisen, man denke an Schweden, praktizier­t werden. Die Hinweise des RKI und der Virologen sind gut und richtig. Bitte halten Sie sich daran und nehmen sie ernst. Ich spüre in diesen Tagen aber auch viel Positives: eine große Hilfsberei­tschaft in allen Bereichen und eine Verwaltung und Politik, die schnelle Hilfe organisier­t und finanziell­e Hilfen gewährt. Meine Hochachtun­g den Menschen in Altenheime­n und Gesundheit­seinrichtu­ngen, die an der Grenze der Belastbark­eit arbeiten.

In diesem Sinne: Bleiben Sie gesund!

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany