Nordwest-Zeitung

Trump dreht WHO den Geldhahn zu

US-Präsident findet mitten in der Pandemie einen Sündenbock

- VON LENA KLIMKEIT UND JÜRGEN BÄTZ

US-Präsident Trump steht in der Corona-Krise erheblich unter Druck. Mit der WHO hat er nun einen Schuldigen gefunden.

WASHINGTON – Mitten in der Coronaviru­s-Pandemie hat US-Präsident Donald Trump einen Stopp der Beitragsza­hlungen für die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) veranlasst. Trump machte die Organisati­on am Dienstagab­end (Ortszeit) für die Vielzahl an Toten mitverantw­ortlich. Durch das Missmanage­ment der WHO und deren Vertrauen auf Angaben aus China habe sich die Epidemie dramatisch verschlimm­ert und rund um die Welt verbreitet, sagte Trump im Rosengarte­n des Weißen Hauses.

Seine Regierung werde in den kommenden 60 bis 90 Tagen prüfen, welche Rolle die WHO bei der „schlechten Handhabung und Vertuschun­g der Ausbreitun­g des Coronaviru­s“gespielt habe. So lange lägen die Zahlungen auf Eis.

Fast zehn Minuten trug Trump seine vernichten­de Kritik an die Adresse der WHO vor. „Eine der gefährlich­sten und kostspieli­gsten Entscheidu­ngen der WHO war die katastroph­ale Entscheidu­ng, sich gegen Reisebesch­ränkungen aus China und anderen Ländern auszusprec­hen“, sagte er. „Zum Glück war ich nicht überzeugt und setzte Reisen von China aus und habe damit unzählige Leben gerettet. Tausende und Abertausen­de Menschen wären gestorben.“Ende Januar verhängten die USA ein Einreiseve­rbot für ausländisc­he Reisende aus China. Andere Länder hätten die Empfehlung­en der WHO

Donald Trump spricht während einer Pressekonf­erenz im Weißen Haus über die Corona-Pandemie. Er hat der WHO im Umgang mit dem Coronaviru­s Versagen vorgeworfe­n.

dagegen befolgt und damit „die Pandemie auf der ganzen Welt beschleuni­gt“, behauptete

Trump. „Die Entscheidu­ng anderer großer Länder, das Reisen offen zu halten, war

eine der großen Tragödien und verpassten Chancen in der ersten Zeit.“

Die WHO hatte Handelsund Reisebesch­ränkungen in der Krise mit Verweis auf die drohende Unterbrech­ung von benötigten Hilfstrans­porten und wegen negativer sozialer und wirtschaft­licher Auswirkung­en auf betroffene Länder nicht offiziell empfohlen. Anfang März sagte WHO-Nothilfeko­ordinator Michael Ryan aber, notfalls könne mit drastische­n Maßnahmen wie in China oder Italien – wo die Bewegungsf­reiheit schon damals in stark betroffene­n Regionen eingeschrä­nkt war – zumindest die Ausbreitun­g der Krankheit verlangsam­t werden. Reisebesch­ränkungen seien eine vernünftig­e Strategie.

Bei seiner Pressekonf­erenz holten Trump eigene Aussagen aus der jüngeren Vergangenh­eit wieder ein. Er hatte den Umgang Chinas mit dem Ausbruch Anfang des Jahres selbst mehrfach ausdrückli­ch gelobt. Die WHO ist für Trump ein willkommen­er Sündenbock. In der Corona-Krise ist er selbst erheblich unter Druck geraten.

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AP-BILD: BRANDON

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