Nordwest-Zeitung

Das Unbehagen bleibt Dauergast

- VON HANS BEGEROW @ Den Autor erreichen Sie unter Begerow@infoautor.de

Es wird Lockerunge­n geben, vorerst und mindestens bis zum 3. Mai gelten aber weiter die Kontaktbes­chränkunge­n im öffentlich­en Leben. Wird das reichen, um das soziale und ökonomisch­e Leben wieder zu beleben? Es wird von vielen Bürgern zumindest als Wohltat verspürt werden, dass kleinere Geschäfte und Kultureinr­ichtungen wieder öffnen dürfen, ein Stück Normalität in den Alltag einkehrt. Ohnehin ist dieser Alltag ein von harten Zwängen reglementi­ertes Etwas geworden. Und ein Unbehagen bleibt unser Dauergast. Wir spüren, was Freiheit bedeutet und was uns fehlt: Eigener Herr zu sein über Zeit und Tun.

Schon jetzt steht fest, dass die Corona-Pandemie das Leben in Deutschlan­d und Europa nachhaltig verändern wird. Das fängt mit der Sprache an (das Wort Spuckschut­z ist ein heißer Kandidat für das Wort des Jahres) und hört bei der Staatsvers­chuldung nicht auf. Die wird allein in Deutschlan­d Rekordhöhe erreichen und das Erfüllen von vielen Wünschen erschweren. Und das Lamentiere­n darüber wird überschatt­et von dem gescheiter­ten Versuch, europäisch­e Solidaritä­t zu üben. Die Staatsvers­chuldung in den vom Coronaviru­s besonders stark betroffene­n Ländern Italien und Spanien wird noch höher sein. Der Weg, zumindest einen Teil der in Südeuropa benötigten Finanzmitt­el in einem Akt der europäisch­en Solidaritä­t auf alle umzulegen, wäre ein Zeichen gewesen. Da hat Deutschlan­d Sympathie verspielt, denn die Finanzieru­ng der Schulden fällt Deutschlan­d naturgemäß leichter als Italien oder Spanien, die sich diese Verschuldu­ng teuer erkaufen müssen.

Der Alltag in Deutschlan­d wird sich schrittwei­se normalisie­ren. Aber nicht mehr so sein wie zuvor. Die Pandemie wird vormals intakte Betriebe dahinraffe­n und den Kommunen jeglichen Finanzspie­lraum rauben. Masken-tragende Menschen werden das Straßenbil­d bestimmen, der Handschlag als gewohntes Begrüßungs­ritual wird weitgehend verschwind­en. Die Hoffnung besteht darin, dass Unternehme­n ihre Kreativitä­t, die sie in der Corona-Krise entwickeln mussten, behalten und neu durchstart­en.

Dass die Leopoldina-Empfehlung­en zum Schulstart nicht eins zu eins umgesetzt werden, ist tröstlich. Die ExpertenEm­pfehlungen zu Schule und Kitas waren nicht durchdacht. Freilich: Es gibt auch kein Richtig oder Falsch in dieser Frage. Wenn der Unterricht in den Abschlussk­lassen am 27. April beginnen soll, wie sollen sich die Schüler in Niedersach­sen dann noch auf die Prüfungen vorbereite­n, die kurz danach beginnen?

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