Das Unbehagen bleibt Dauergast
Es wird Lockerungen geben, vorerst und mindestens bis zum 3. Mai gelten aber weiter die Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Leben. Wird das reichen, um das soziale und ökonomische Leben wieder zu beleben? Es wird von vielen Bürgern zumindest als Wohltat verspürt werden, dass kleinere Geschäfte und Kultureinrichtungen wieder öffnen dürfen, ein Stück Normalität in den Alltag einkehrt. Ohnehin ist dieser Alltag ein von harten Zwängen reglementiertes Etwas geworden. Und ein Unbehagen bleibt unser Dauergast. Wir spüren, was Freiheit bedeutet und was uns fehlt: Eigener Herr zu sein über Zeit und Tun.
Schon jetzt steht fest, dass die Corona-Pandemie das Leben in Deutschland und Europa nachhaltig verändern wird. Das fängt mit der Sprache an (das Wort Spuckschutz ist ein heißer Kandidat für das Wort des Jahres) und hört bei der Staatsverschuldung nicht auf. Die wird allein in Deutschland Rekordhöhe erreichen und das Erfüllen von vielen Wünschen erschweren. Und das Lamentieren darüber wird überschattet von dem gescheiterten Versuch, europäische Solidarität zu üben. Die Staatsverschuldung in den vom Coronavirus besonders stark betroffenen Ländern Italien und Spanien wird noch höher sein. Der Weg, zumindest einen Teil der in Südeuropa benötigten Finanzmittel in einem Akt der europäischen Solidarität auf alle umzulegen, wäre ein Zeichen gewesen. Da hat Deutschland Sympathie verspielt, denn die Finanzierung der Schulden fällt Deutschland naturgemäß leichter als Italien oder Spanien, die sich diese Verschuldung teuer erkaufen müssen.
Der Alltag in Deutschland wird sich schrittweise normalisieren. Aber nicht mehr so sein wie zuvor. Die Pandemie wird vormals intakte Betriebe dahinraffen und den Kommunen jeglichen Finanzspielraum rauben. Masken-tragende Menschen werden das Straßenbild bestimmen, der Handschlag als gewohntes Begrüßungsritual wird weitgehend verschwinden. Die Hoffnung besteht darin, dass Unternehmen ihre Kreativität, die sie in der Corona-Krise entwickeln mussten, behalten und neu durchstarten.
Dass die Leopoldina-Empfehlungen zum Schulstart nicht eins zu eins umgesetzt werden, ist tröstlich. Die ExpertenEmpfehlungen zu Schule und Kitas waren nicht durchdacht. Freilich: Es gibt auch kein Richtig oder Falsch in dieser Frage. Wenn der Unterricht in den Abschlussklassen am 27. April beginnen soll, wie sollen sich die Schüler in Niedersachsen dann noch auf die Prüfungen vorbereiten, die kurz danach beginnen?