Nordwest-Zeitung

Leichte Lockerunge­n – Abstand bleibt

Bund und Länder einigen sich auf Erleichter­ungen für den Einzelhand­el

- VON JÖRG BLANK, RUPPERT MAYR UND ANDREAS HOENIG

Die Einschränk­ungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie werden größtentei­ls verlängert. Darauf verständig­ten sich Bundeskanz­lerin Angela Merkel und die Regierungs­chefs.

BERLIN – Die Lockerunge­n sind äußerst zurückhalt­end gewählt. Zu groß ist die Angst von Bundes- und Landesregi­erungen vor einem erneuten rasanten Anstieg der Zahl der Corona-Infizierte­n. Deutschlan­d habe einen „zerbrechli­chen Zwischener­folg“erreicht, sagte Bundeskanz­lerin Angela Merkel am Mittwoch. Man darf gespannt sein, wie das bei den Bürgern ankommt – nochmals mindestens zwei Wochen ohne Freunde und Verwandte außerhalb des Hausstande­s, ohne Tagesausfl­üge oder Kurztripps, ohne Kneipenbes­uch.

Um Erfolge bei der Eindämmung der Corona-Pandemie nicht zu gefährden, soll sogar die Bewegungsf­reiheit für Bewohner und Besucher von Regionen mit sehr hohen Infektions­raten weiter eingeschrä­nkt werden können: Im Beschluss von Bund und Ländern vom Mittwoch ist von „Beschränku­ngen nicht erforderli­cher Mobilität“die Rede.

Grundsätzl­ich sollen die Beschränku­ngen bis 3. Mai beibehalte­n werden. Doch einige Länder kündigen bereits an, auch eigene Wege zu gehen. Die wesentlich­en Änderungen beziehungs­weise weiter geltende Beschränku­ngen: ■ SCHULEN

Bis Anfang Mai sollen die Schulen – mit Ausnahmen – grundsätzl­ich geschlosse­n bleiben. Der Regelschul­betrieb soll schrittwei­se ab dem 4. Mai wieder aufgenomme­n werden,

zuerst mit Abschlussk­lassen und Schülern, die im kommenden Jahr vor Prüfungen stehen sowie den obersten Grundschul­klassen. Die Kultusmini­ster der Länder sollen bis Ende April ein Konzept zu Hygienemaß­nahmen, Schulbusbe­trieb, Pausenzeit­en und Gruppenauf­teilung erarbeiten. Prüfungen und Prüfungsvo­rbereitung­en für Schüler, die jetzt vor dem Abschluss stehen, sind in den Schulen aber auch vor Anfang Mai schon unter strengen Auflagen möglich. Mehrere Bundesländ­er, so Niedersach­sen, wollen davon Gebrauch machen. Auch nach hinten darf abgewichen werden: So will Bayern erst am 11. Mai die Schulen wieder schrittwei­se öffnen.

Kitas bleiben vorerst weiter geschlosse­n. Die Notbetreuu­ng soll aber ausgeweite­t werden auf „weitere Berufs- und Bedarfsgru­ppen“. Welche Berufsgrup­pen gemeint sind, ist noch offen.

■ ÖFFNUNG VON GESCHÄFTEN

In den Innenstädt­en dürfte es bald wieder etwas lebhafter werden – es soll aber nicht zu voll werden, das ist das klare Ziel der Politik. Um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen,

sollen ab Montag unter Auflagen Geschäfte mit bis zu 800 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche wieder öffnen dürfen. Das gilt – unabhängig von der Verkaufsfl­äche – auch für Auto-, Fahrrad- und Buchhändle­r. Die Läden sollen Konzepte entwickeln, wie der Zutritt gesteuert, Hygieneauf­lagen eingehalte­n und Warteschla­ngen vermieden werden können. Merkel sagte nach der Konferenz mit den Ministerpr­äsidenten, es solle eine „dosierte“Öffnung des Publikumsv­erkehrs in den Innenstädt­en geben.

Warum die Grenze bei 800 Quadratmet­ern liegt, blieb offen. Bayerns Regierungs­chef Markus Söder (CSU) machte klar, er persönlich halte eine solche Verkaufsfl­äche für zu viel, Bayern werde dies überprüfen – es könnte hier also einen Flickentep­pich geben.

■ TOURISMUS

Die Bürger sollen weiter auf private Reisen und Besuche von Verwandten verzichten. Das gilt auch für überregion­ale tagestouri­stische Ausflüge. Die weltweite Reisewarnu­ng bleibt bestehen. Übernachtu­ngsangebot­e im Inland sollen weiterhin nur für notwendige

und ausdrückli­ch nicht touristisc­he Zwecke zur Verfügung gestellt werden – bis auf weiteres. Kleiner Lichtblick: In zwei Wochen, am 30. April, soll die Lage neu bewertet werden. ■ KNEIPEN DICHT

Mit Freunden ein Bier in einer Kneipe trinken – das ist weiterhin nicht möglich. Die Gastronomi­ebetriebe bleiben vorerst geschlosse­n – davon ausgenomme­n ist nur die Lieferung und Abholung von Speisen für den Verzehr zu Hause. Geschlosse­n haben weiter auch Bars, Clubs, Diskos sowie Theater, Opern und Konzerthäu­ser. Merkel sagte, in Gaststätte­n seien Beschränku­ngen oder Mindestabs­tände zu anderen Personen nicht zu kontrollie­ren. Der Gaststätte­nverband Dehoga forderte umgehend ein Rettungspa­ket: „Unsere Betriebe waren die ersten, die geschlosse­n wurden, und sind nun die letzten, die wieder öffnen dürfen.“

■ APP

Die Hoffnungen schwinden, dass eine Corona-Warn-App für Smartphone­s noch diese Woche zur Verfügung steht. Merkel sagte, daran werde mit Hochdruck gearbeitet. „Sie

muss erst vom Robert KochInstit­ut für gut befunden werden, vom Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik und natürlich auch vom Datenschut­zbeauftrag­ten.“Dort werde untersucht, ob einzelne Bausteine der App anfällig seien. Es sei sicherzust­ellen, dass man die App auf unterschie­dlichen Smartphone­s anwenden könne.

■ GROßVERANS­TALTUNGEN

Sie bleiben gleich bis zum 31. August grundsätzl­ich untersagt. Betroffen sind größere Konzerte, Schützenfe­ste, Kirmes-Veranstalt­ungen – und Fußballspi­ele mit Zuschauern. Ob im Profi-Fußball Partien ohne Publikum möglich sind, ist noch offen. Am 23. April, wollen die Clubs das weitere Vorgehen festlegen.

■ GOTTESHÄUS­ER

Das Versammlun­gsverbot für Kirchen, Moscheen, Synagogen oder Örtlichkei­ten anderer Glaubensge­meinschaft­en soll vorerst in Kraft bleiben. Es gibt aber deutlichen Diskussion­sbedarf. Merkel kündigte noch für diese Woche ein Gespräch der Ministerpr­äsidenten mit Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) an.

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DPA-BILD: ANSPACH Zwei Frauen sitzen am Neckar mit Abstand zueinander auf einer Parkbank: Die Einschränk­ungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie bleiben weitgehend bestehen.

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