Leichte Lockerungen – Abstand bleibt
Bund und Länder einigen sich auf Erleichterungen für den Einzelhandel
Die Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie werden größtenteils verlängert. Darauf verständigten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Regierungschefs.
BERLIN – Die Lockerungen sind äußerst zurückhaltend gewählt. Zu groß ist die Angst von Bundes- und Landesregierungen vor einem erneuten rasanten Anstieg der Zahl der Corona-Infizierten. Deutschland habe einen „zerbrechlichen Zwischenerfolg“erreicht, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch. Man darf gespannt sein, wie das bei den Bürgern ankommt – nochmals mindestens zwei Wochen ohne Freunde und Verwandte außerhalb des Hausstandes, ohne Tagesausflüge oder Kurztripps, ohne Kneipenbesuch.
Um Erfolge bei der Eindämmung der Corona-Pandemie nicht zu gefährden, soll sogar die Bewegungsfreiheit für Bewohner und Besucher von Regionen mit sehr hohen Infektionsraten weiter eingeschränkt werden können: Im Beschluss von Bund und Ländern vom Mittwoch ist von „Beschränkungen nicht erforderlicher Mobilität“die Rede.
Grundsätzlich sollen die Beschränkungen bis 3. Mai beibehalten werden. Doch einige Länder kündigen bereits an, auch eigene Wege zu gehen. Die wesentlichen Änderungen beziehungsweise weiter geltende Beschränkungen: ■ SCHULEN
Bis Anfang Mai sollen die Schulen – mit Ausnahmen – grundsätzlich geschlossen bleiben. Der Regelschulbetrieb soll schrittweise ab dem 4. Mai wieder aufgenommen werden,
zuerst mit Abschlussklassen und Schülern, die im kommenden Jahr vor Prüfungen stehen sowie den obersten Grundschulklassen. Die Kultusminister der Länder sollen bis Ende April ein Konzept zu Hygienemaßnahmen, Schulbusbetrieb, Pausenzeiten und Gruppenaufteilung erarbeiten. Prüfungen und Prüfungsvorbereitungen für Schüler, die jetzt vor dem Abschluss stehen, sind in den Schulen aber auch vor Anfang Mai schon unter strengen Auflagen möglich. Mehrere Bundesländer, so Niedersachsen, wollen davon Gebrauch machen. Auch nach hinten darf abgewichen werden: So will Bayern erst am 11. Mai die Schulen wieder schrittweise öffnen.
Kitas bleiben vorerst weiter geschlossen. Die Notbetreuung soll aber ausgeweitet werden auf „weitere Berufs- und Bedarfsgruppen“. Welche Berufsgruppen gemeint sind, ist noch offen.
■ ÖFFNUNG VON GESCHÄFTEN
In den Innenstädten dürfte es bald wieder etwas lebhafter werden – es soll aber nicht zu voll werden, das ist das klare Ziel der Politik. Um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen,
sollen ab Montag unter Auflagen Geschäfte mit bis zu 800 Quadratmeter Verkaufsfläche wieder öffnen dürfen. Das gilt – unabhängig von der Verkaufsfläche – auch für Auto-, Fahrrad- und Buchhändler. Die Läden sollen Konzepte entwickeln, wie der Zutritt gesteuert, Hygieneauflagen eingehalten und Warteschlangen vermieden werden können. Merkel sagte nach der Konferenz mit den Ministerpräsidenten, es solle eine „dosierte“Öffnung des Publikumsverkehrs in den Innenstädten geben.
Warum die Grenze bei 800 Quadratmetern liegt, blieb offen. Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) machte klar, er persönlich halte eine solche Verkaufsfläche für zu viel, Bayern werde dies überprüfen – es könnte hier also einen Flickenteppich geben.
■ TOURISMUS
Die Bürger sollen weiter auf private Reisen und Besuche von Verwandten verzichten. Das gilt auch für überregionale tagestouristische Ausflüge. Die weltweite Reisewarnung bleibt bestehen. Übernachtungsangebote im Inland sollen weiterhin nur für notwendige
und ausdrücklich nicht touristische Zwecke zur Verfügung gestellt werden – bis auf weiteres. Kleiner Lichtblick: In zwei Wochen, am 30. April, soll die Lage neu bewertet werden. ■ KNEIPEN DICHT
Mit Freunden ein Bier in einer Kneipe trinken – das ist weiterhin nicht möglich. Die Gastronomiebetriebe bleiben vorerst geschlossen – davon ausgenommen ist nur die Lieferung und Abholung von Speisen für den Verzehr zu Hause. Geschlossen haben weiter auch Bars, Clubs, Diskos sowie Theater, Opern und Konzerthäuser. Merkel sagte, in Gaststätten seien Beschränkungen oder Mindestabstände zu anderen Personen nicht zu kontrollieren. Der Gaststättenverband Dehoga forderte umgehend ein Rettungspaket: „Unsere Betriebe waren die ersten, die geschlossen wurden, und sind nun die letzten, die wieder öffnen dürfen.“
■ APP
Die Hoffnungen schwinden, dass eine Corona-Warn-App für Smartphones noch diese Woche zur Verfügung steht. Merkel sagte, daran werde mit Hochdruck gearbeitet. „Sie
muss erst vom Robert KochInstitut für gut befunden werden, vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und natürlich auch vom Datenschutzbeauftragten.“Dort werde untersucht, ob einzelne Bausteine der App anfällig seien. Es sei sicherzustellen, dass man die App auf unterschiedlichen Smartphones anwenden könne.
■ GROßVERANSTALTUNGEN
Sie bleiben gleich bis zum 31. August grundsätzlich untersagt. Betroffen sind größere Konzerte, Schützenfeste, Kirmes-Veranstaltungen – und Fußballspiele mit Zuschauern. Ob im Profi-Fußball Partien ohne Publikum möglich sind, ist noch offen. Am 23. April, wollen die Clubs das weitere Vorgehen festlegen.
■ GOTTESHÄUSER
Das Versammlungsverbot für Kirchen, Moscheen, Synagogen oder Örtlichkeiten anderer Glaubensgemeinschaften soll vorerst in Kraft bleiben. Es gibt aber deutlichen Diskussionsbedarf. Merkel kündigte noch für diese Woche ein Gespräch der Ministerpräsidenten mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) an.