„Den Scheitelpunkt noch nicht erreicht“
Gesundheitsamtsleiter Dr. Holger Petermann erklärt derzeitige Situation in der Corona-Krise
Die Stadt liefert Schutzmaterialien auch an Seniorenheime. Allerdings steht davon nicht genügend zur Verfügung.
FRAGE: Viel war vom Abflachen der Kurve die Rede. Diese verläuft in Oldenburg recht flach. Ist es schon Zeit für eine Entwarnung?
PETERMANN: Nein, das ist sicher noch zu früh, ich gehe davon aus, dass wir den Scheitelpunkt noch nicht erreicht haben. Der flache Verlauf der Kurve ist den bisherigen Maßnahmen geschuldet.
FRAGE: Wie bewerten Sie die aktuelle Entwicklung der Infektionszahlen in der Region?
PETERMANN: Die Infektionszahlen in der Region sind als moderat zu werten. Die Strategie des Nachverfolgens von Kontaktpersonen zu Infizierten verbunden mit der recht hohen Testrate hat zu diesen Zahlen geführt. Auch natürlich, dass wir keine Großveranstaltungen mit hoher Übertragungsrate in der Anfangsphase hatten.
FRAGE: Bis zu welchen Covid19-Zahlen können die drei Oldenburger Krankenhäuser Herr der Lage sein?
PETERMANN: Diese Frage kann das Gesundheitsamt der Stadt Oldenburg nicht sicher beantworten. Sie ist auch nur spekulativ zu beantworten, da viele Faktoren hier eine Rolle spielen.
FRAGE: Die Sterberate liegt in Oldenburg nach dem ersten Todesfall mit 0,5 Prozent sehr niedrig, im Ammerland und in der Wesermarsch sind es zwei Prozent – Zufall oder gibt es dafür eine Erklärung?
PETERMANN: Das ist eher Zufall und kann sich leider jederzeit ändern. FRAGE: Wie steht es um die Ausstattung mit Schutzmaterial für Kliniken, Ärzte, Pflegeheime und ambulante Pflegekräfte?
PETERMANN: Die genannten Materialien sind aufgrund der hohen Nachfrage immer noch Mangelware.
FRAGE: Und wie kann die Ausstattung mit Masken in Schulen und Kindertagesstätten unterstützt werden, wenn diese wieder anlaufen?
PETERMANN: Voraussetzung wäre die Auflage, dass der
Unterricht mit Schutzmasken wieder aufgenommen werden soll. Diese müssen dann geliefert werden und über die Schulen verteilt werden.
FRAGE: Apropos Schutzmasken: Mit Lockerungen des Kontaktverbots dürfte im privaten Bereich die Nachfrage explodieren. Wie können sich Menschen alternativ schützen,
wenn keine Schutzmasken zu kaufen sind? Tut es auch ein Buff oder Halstuch?
PETERMANN: Wir müssen hier zwischen den medizinischen Masken mit entsprechender Kennung aufgrund von Zulassungsverfahren und den sogenannten Community-Masken unterscheiden. Der einfache Mund-Nase-Schutz („OP-Maske“) dient dem Fremdschutz. Andere FFPMasken schützen Dritte und einen selbst. Träger der beschriebenen „CommunityMasken“können sich nicht darauf verlassen, dass diese sie oder andere vor einer Übertragung von SARS-CoV-2 schützen, da für diese Masken keine entsprechende Schutzwirkung nachgewiesen wurde. Hierunter würden dann auch Halstücher etc. fallen.
FRAGE: Besonders heikel ist die Situation für Seniorenheime. Wie sind Sie speziell auf eventuelle Infektionen in diesen Einrichtungen vorbereitet? PETERMANN: Die Seniorenheime wissen um die schwierige Situation. Sie werden von Teilen der Stadtverwaltung mit Rat unterstützt, außerdem erfolgen Lieferungen von Schutzmaterialien über die Stadt, leider nicht in einer Menge, die wir uns wünschen würden. Insgesamt haben sich die Seniorenheime mit viel Initiative den Aufgaben gestellt. Leider werden diese Bemühungen mitunter durch uneinsichtige Angehörige torpediert mit erheblichen Gefahren für die Bewohnerinnen und Bewohner.