Nordwest-Zeitung

Ein Mann für einfach schönen Fußball

Helmut Mrosla im Alter von 84 Jahren gestorben – Rekordspie­ler und -schütze des VfB Oldenburg

- VON HORST HOLLMANN

Zwischen 1959 und 1969 absolviert­e Helmut Mrosla mehr als 600 Spiele für den VfB Oldenburg und führte den Traditions­verein später als Trainer erstmals in die 2. Bundesliga. Am Dienstag ist er im Alter von 84 Jahren gestorben.

OLDENBURG – Als Spielverde­rber wird Helmut Mrosla auf keinen Fall in die norddeutsc­he Fußballges­chichte eingehen. Doch einmal vielleicht doch? Anfang der 1960er-Jahre, ziemlich neu als Spieler beim VfB Oldenburg, hat er dem Hamburger SV mal die Meistersch­aftsfeier in der Oberliga Nord verdorben. Der HSV führte am Rothenbaum 1:0 gegen den VfB, noch zwei

Minuten bis zum Titelgewin­n – da segelte Mrosla fast waagerecht durch den Strafraum und wuchtete per Kopf den Ball zum 1:1 in den Winkel. Die Hamburger mussten die vorbereite­te Meisterfei­er um eine Woche verschiebe­n.

Es ist eins aus jener Fülle von Ereignisse­n, die der elegante Mittelfeld­spieler dem Oldenburge­r Fußball beschert hat. Mrosla ist am Dienstag im Alter von 84 Jahren verstorben. Die letzten Jahre verbrachte er im Ammerland, sportlich noch dem Tennis zugeneigt.

Mehr als 340 Tore

Mehr als 600 Spiele hat er zwischen 1959 und 1969 für die Oldenburge­r absolviert, stets ein prägender Spielgesta­lter. Wahrschein­lich ist er Rekordspie­ler in der Geschichte des Vereins mit 610 Spielen und mehr als 340 Toren. Für

Manfred Hoffmann, einst Mittelläuf­er und dann Torwart, stehen 605 zu Buche. Man weiß nicht, wie bei wem jeweils Freundscha­ftsspiele aufgeliste­t wurden.

Mit 23 Jahren war Mrosla, Jahrgang 1936, aus dem Bremer Norden vom Blumenthal­er SV zum VfB Oldenburg gewechselt. Die 1960er-Jahre wurden hier sein Jahrzehnt. Technische Brillanz, Kopfballst­ärke, Übersicht und sicheres Gespür für die Bewegungen der Mitspieler waren seine Markenzeic­hen.

Die junge Bundesliga wurde auf den torgefährl­ichen Mittelfeld­spieler aufmerksam. Späher des 1. FC Nürnberg wollten ihn in Donnerschw­ee beobachten. Fred Klemmer, der damalige Betreuer, bekam das spitz – und stellte seinen Spieler sicher. Er belohnte die „treuen Dienste für die Mannschaft“mit Karten für einen Theaterbes­uch in Hamburg:

„Helmut, das kannst du nicht abschlagen.“

Der Besuch fiel „zufällig“auf den Spieltag. Die Beobachter aus Nürnberg sahen ein nettes Spiel – aber keinen Mrosla. Der hat die mögliche Verhinderu­ng eines Bundesliga-Angebots nicht krumm genommen. Er wusste, was er an der EWE als Arbeitgebe­r und am Verein hatte.

Arbeiter und Genießer

Als Trainer stand Mrosla auch in Diensten von Atlas Delmenhors­t, TSR Wilhelmsha­ven und VfL Oldenburg. Doch sein persönlich­es Denkmal hat er wiederum beim VfB gebaut. Von 1972 bis 1976 führte er die Mannschaft, dann wieder ab 1978. Die historisch­e Marke setzte 1980 der erste Aufstieg des VfB in die 2. Bundesliga.

Auch das Ende seines Engagement­s fällt in die Kategorie

„echter Mrosla.“Nach einer Niederlage im Oktober 1980 bei Viktoria Köln hatte sich ein Spieler in der Ð etwas despektier­lich über den Trainer geäußert. Der ließ die Mannschaft beim Training tags darauf laufen, laufen und laufen, eine Runde nach der anderen.

Die Frage: „Hey Trainer, wie lange sollen wir das denn noch?“konterte er: „So lange, bis ihr keinen Mist mehr zur Presse erzählt!“

Vier Tage später bat er den Vorstand selbst um Auflösung seines Vertrages: „Es war ja schon vorher das Vertrauen zwischen Mannschaft und Trainer nicht mehr in ausreichen­dem Maße vorhanden gewesen. Das ist für beide keine Grundlage.“

So war eben Helmut Mrosla: Ein Arbeiter und Genießer. Einer, der zeigte, wie schön Fußball ist. Locker ehrgeizig, aber ein ehrlicher Knochen. Auch gegenüber sich selbst.

 ?? BILD: IMAGO ?? Regionalli­ga-Spiel in Braunschwe­ig: Helmut Mrosla (Mitte) am 1. September 1973 mit den VfB-Spielern Dieter Kuschel (links) und Hubert Adelt
BILD: IMAGO Regionalli­ga-Spiel in Braunschwe­ig: Helmut Mrosla (Mitte) am 1. September 1973 mit den VfB-Spielern Dieter Kuschel (links) und Hubert Adelt

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