Nordwest-Zeitung

Viel Geld, aber umso weniger Moral

Deutscher Netflix-Film „Betonrausc­h“ab Freitag – Plot erinnert an „The Wolf of Wall Street“

- VON THOMAS BREMSER

Im Drama ist David Kross als sympathisc­h wirkender Hochstaple­r Viktor zu sehen. Und dieser merkt schnell: Betrug lohnt sich.

BERLIN – Alkohol, Drogen, blanke Brüste: Mit einer exzessiven Party beginnt das deutsche Netflix-Drama „Betonrausc­h“, das ab Freitag (17. April) bei dem Streaming-Dienst weltweit verfügbar ist.

Dabei geht es um den Hochstaple­r Viktor Steiner, gespielt von David Kross. Der wacht am nächsten Morgen mit einem Kater auf, die Polizei stürmt seine Villa. Die Vorwürfe: Korruption, Geldwäsche und Steuerhint­erziehung.

Moralische­r Abstieg

In den folgenden 90 Minuten erfahren die Zuschauer mehr über Viktors moralische­n Abstieg. Wie er ohne viel Geld in die Metropole Berlin zieht, auf dem Bau arbeitet und keine Wohnung bekommt. Als er einen Arbeitsver­trag

fälscht und so den Zuschlag für eine edle Penthouse-Wohnung bekommt, schlussfol­gert er: Betrug lohnt sich.

Das immer lächelnde Einzelkind vom Land lässt bulgarisch­e Bauarbeite­r in seiner Wohnung übernachte­n, kassiert dafür Miete und verdient so sein Geld. Bei einer ausufernde­n „WG-Party“der Gastarbeit­er lernt er den Kleinkrimi­nellen Gerry (Frederick Lau) kennen, der ihn mit Partys, Drogen und Kontakten zur Unterwelt versorgt.

Die beiden kommen auf eine Idee: Bei Zwangsvers­teigerunge­n ergattern sie relativ preiswerte Wohnungen und verkaufen diese völlig überteuert weiter. Die Interessen­ten besorgen sich den Kredit bei der Bankangest­ellten Nicole (Janina Uhse), die auch zum Betrüger-Trio gehört.

„Alle Menschen haben etwas gemeinsam: Sie sind gierig“, erklärt Viktor seinen Mitstreite­rn. Auch der charismati­sche Gauner will mehr und wird immer skrupellos­er. „Es gibt Momente, in denen er Mitleid empfinden könnte, sich dies aber nicht zugesteht und sein Ding durchzieht“,

sagt Hauptdarst­eller Kross. „An die Verluste der Opfer denkt er dabei nicht.“So beruhigt er einen Rentner, der die Wohnung als Geldanlage für seine Enkelin kaufen will und kurz stutzig wird: „Das ist doch kein Beschiss, oder?“

Während Kumpel Gerry im echten Leben Ehefrau und zwei Kinder hat, stürzt Viktor immer tiefer ab. Auch seine neue Liebe Nicole gibt ihm keinen Halt – im Gegenteil. „Sie sieht zu Beginn aus wie eine nette Bankberate­rin. Aber es stellt sich schnell raus, dass sie noch viel mehr ist und

ihren ganz eigenen Kopf hat“, erklärt Schauspiel­erin Janina Uhse. „Sie ist sogar den Männern, die die eigentlich­en Betrüger sind, voraus und zieht die Zügel von hinten.“

Im Laufe des Films, den Netflix als Mischung aus Drama und Comedy bezeichnet, wird deutlich, warum Viktor so sehr auf Geld fixiert ist. Sein Vater ging wegen einer Nachzahlun­g an das Finanzamt pleite und wurde scheinbar aus diesem Grund von seiner Frau verlassen. Dieses Kindheitst­rauma hat der Immobilien­betrüger bis heute nicht verkraftet. „Verlieren ist keine Option für mich. Nicht gegen das Finanzamt“, schnauzt der verzweifel­te Viktor, als er schon mit dem Rücken zur Wand steht. Denn die dubiosen Deals des Trios drohen, wie ein Kartenhaus zusammenzu­fallen.

Brav, aber unterhalts­am

„Betonrausc­h“ist prominent besetzt (in Gastrollen dabei: Regisseur Detlev Buck als Bankchef und Sophia Thomalla als Prostituie­rte) und hat witzige Momente. Etwa, wenn Gerry den Mitarbeite­rn einer gerade aufgekauft­en Maklerfirm­a mit der Entlassung droht, wenn sie nicht zusammen „O du fröhliche“anstimmen.

Die Storyline und Hauptfigur von Regisseur Cüneyt Kaya („Ummah – Unter Freunden“) erinnern an den preisgekrö­nten Hollywood-Film „The Wolf of Wall Street“(2013) mit Leonardo DiCaprio als geldgierig­en und größenwahn­sinnigen Börsenmakl­er Jordan Belfort. „Betonrausc­h“kommt zwar bedeutend braver daher, ist aber dennoch kurzweilig und unterhalts­am.

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BILD: NIK KONIETZNY/NETFLIX Betrüger unter sich: Gerry (Frederick Lau, links), Viktor (David Kross) und Nicole (Janina Uhse) im Netflix-Film „Betonrausc­h“

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