Nordwest-Zeitung

Dieselfahr­er erhalten 620 Millionen Euro

ABGAS-AFFÄRE Volkswagen schließt Vergleich mit 200 000 Fahrzeugbe­sitzern

- VON CHRISTOPHE­R WECKWERTH UND THERESA MÜNCH

WOLFSBURG/BERLIN – Der Autobauer Volkswagen hat sich im Abgasskand­al mit rund 200 000 Dieselfahr­ern auf einen Vergleich geeinigt. Insgesamt werden damit rund 620 Millionen Euro ausgezahlt, wie VW am Montag mitteilte.

Die Summe setze sich aus Einzelbetr­ägen von 1350 bis 6250 Euro zusammen, die vom 5. Mai an ausgezahlt werden sollen. Bei rund 21 000 Fällen stehe die finale Prüfung noch aus. Zudem wurde die

Frist für Neuregistr­ierungen und die Ergänzung fehlender Unterlagen, die am Montag enden sollte, bis zum 30. April verlängert.

Der Autokonzer­n hatte sich Anfang des Jahres mit dem

Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv) auf den Vergleich verständig­t. Die Einigung sieht vor, dass vom Dieselskan­dal betroffene Verbrauche­r Schadeners­atz für den Wertverlus­t ihrer Fahrzeuge bekommen. Der Kompromiss gilt allerdings nur für diejenigen Dieselfahr­er, die sich zuvor der sogenannte­n Musterfest­stellungsk­lage angeschlos­sen hatten.

Verbrauche­rschützer fordern unterdesse­n eine Reform der erstmals genutzten Verbrauche­rklage. Das Instrument müsse einfacher und verbrauche­rfreundlic­her werden, erklärte der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv).

Zwar sei der mit Volkswagen erzielte Vergleich ein Erfolg. „Gleichzeit­ig bleiben aber Hunderttau­sende Verbrauche­r außen vor. Mit einer Reform der Klage wäre das leicht zu verhindern“, hieß es. VzbvChef Klaus Müller hatte VW aufgeforde­rt, sein Angebot auf alle Kunden auszuweite­n – der Autobauer folgte dem aber nicht.

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Bei den meisten VWKunden kommt das Angebot gut an. Mit 200 000 Dieselfahr­ern hat sich der Konzern geeinigt.

BRAUNSCHWE­IG/BERLIN – Ende Februar stand die prinzipiel­le Einigung – nun geht es um die tatsächlic­he Akzeptanz der Verbrauche­r. Der Diesel-Vergleich zwischen dem VW-Konzern und dem Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv) soll mehr als 260000 Autofahrer­n, die sich durch „Dieselgate“getäuscht sehen, Schadeners­atz für den Wertverlus­t ihrer Fahrzeuge bieten. Am Montag lief die Frist zur Registrier­ung eigentlich aus, wegen des „großen Interesses“wurde sie jetzt noch einmal verlängert. Der aktuelle Stand:

Wie viele VW-Kunden zeigen Interesse?

Mitte April hatte VW eine Summe von 250000 Verbrauche­rn gemeldet, die am Vergleich teilnehmen wollten. Das wären etwa 95 Prozent der 262 000 Kunden, die gemäß den Kriterien zur Annahme des Angebots berechtigt sind. Am Montag erklärte VW, man habe sich mit mittlerwei­le 200 000 Dieselfahr­ern geeinigt – damit könnten 620 Millionen Euro ausgezahlt werden. Bei 21000 Fällen stehe die abschließe­nde Prüfung aktuell noch aus. Die Frist für Neuregistr­ierungen und Ergänzunge­n fehlender Unterlagen wurde ausgeweite­t, sie läuft bis Donnerstag, 30. April.

Wie liefen die Gespräche der Dieselfahr­er mit VW?

Die meisten waren offenkunCh­ef dig zufrieden – besonders um und nach Ostern gab es aber auch einige Beschwerde­n beim vzbv. Demnach beklagten sich rund 2000 Verbrauche­r, unter anderem, weil sie von VW falsche oder missverstä­ndliche Auskünfte bekommen oder keine Zugangsdat­en fürs Vergleichs­portal erhalten hätten. „Volkswagen hat uns zugesagt, dass solche Fälle noch geklärt werden“, hieß es beim vzbv. Rechtsvors­tändin Hiltrud Werner sagte am Montag: „Die hohe Zahl der heute geschlosse­nen Vergleiche zeigt, dass das Vergleichs­angebot von unseren Kundinnen und Kunden als fair empfunden wurde und der Weg zum individuel­len Vergleichs­abschluss gut funktionie­rt hat.“

Wie sieht das Angebot konkret aus?

Der Vergleich richtet sich an Besitzer von Dieselauto­s mit dem fraglichen Motor EA 189 – neben Modellen der Kernmarke VW-Pkw also etwa auch von

Audi, Skoda und Seat. Sie sollen je nach Typ und Alter ihres Wagens aus den Modelljahr­en 2008 bis 2016 Entschädig­ungen zwischen 1350 und 6250 Euro bekommen. Im Schnitt sollen die Zahlungen 15 Prozent des Kaufpreise­s abdecken. Die Gesamtsumm­e liegt bei 830 Millionen Euro, zudem trägt VW die Kosten zur Abwicklung des Vergleichs und zur Rechtsbera­tung.

Welche Bedingunge­n gibt es und wer ist berechtigt?

VW hatte Teilnehmer der Musterklag­e ab Mitte März angeschrie­ben: Kunden, die „entweder das Kriterium „Kauf vor dem 1. Januar 2016“oder das Kriterium „Wohnsitz zum Zeitpunkt des Erwerbs in Deutschlan­d“nicht erfüllen, sind nicht vergleichs­berechtigt“, erklärte der Konzern. Die 262 000 Dieselbesi­tzer sind daher nur eine Teilmenge der insgesamt 440 000 Einträge für das Musterverf­ahren. Erst mussten Doppeleint­räge abgezogen werden – dann alle, die zum Kaufzeitpu­nkt im Ausland lebten oder ihr Auto erst nach Ende 2015 erwarben.

Die Berechtigt­en könnten sich für eine Einmalzahl­ung entspreche­nd ihrem individuel­len Angebot entscheide­n, schrieb VW. „Im Gegenzug verzichten die Kunden auf etwaige in der Musterfest­stellungsk­lage gegen Volkswagen vorgebrach­te Ansprüche.“

Was passiert mit Kunden, die das Angebot nicht annehmen wollen?

Sie können in Einzelverf­ahren weiter für Entschädig­ungen streiten. Diese sollten sie vor dem Oktober einreichen, da sonst Ansprüche verjähren, raten die Verbrauche­rschützer. Es ist aber unklar, ob vergleichb­are Bedingunge­n erzielt werden können – was auch maßgeblich vom ersten Fall am BGH abhängen könnte. „Wer weniger Risiko eingehen möchte, kann den Vergleich annehmen“, sagte vzbv

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DPA-BLD: DITTRICH VW-Logo auf dem Verwaltung­sgebäude
 ?? DPA-BILD: STRATENSCH­ULTE ?? VW und die Verbrauche­rzentralen hatten sich nach hartem Ringen geeinigt.
DPA-BILD: STRATENSCH­ULTE VW und die Verbrauche­rzentralen hatten sich nach hartem Ringen geeinigt.

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