Nordwest-Zeitung

Gibt es ein Recht auf Homeoffice?

Fragen und Lösungen aus der Sicht des Arbeitnehm­ers

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Nein, der Arbeitnehm­er hat kein generelles Recht auf ein Homeoffice. Zwar gibt es in vielen Unternehme­n entspreche­nde Regelungen, gesetzlich ist das aber nicht beschriebe­n. Im Zweifel sollte der Arbeitnehm­er den Arbeitgebe­r ansprechen.

Kann der Arbeitgebe­r ein Homeoffice erzwingen

Das hängt vom Weisungsbe­ziehungswe­ise Direktions­recht nach § 106 GewO einerseits und den vertraglic­hen Vereinbaru­ngen anderersei­ts ab. Wenn etwa als Betriebsor­t eine konkrete Arbeitsste­lle beschriebe­n ist, wird der Arbeitgebe­r

den Arbeitnehm­er jedenfalls nicht kraft Direktions­recht „nach Hause schicken“dürfen.

Können Dienstreis­en wegen Corona abgesagt werden?

Auch hier kommt es auf die Regelungen im Arbeitsver­trag an. Dabei hat der Arbeitgebe­r im Rahmen seiner Fürsorgepf­licht abzuwägen, ob aktuell eine Reise zum Beispiel nach Madrid oder Tirol in Betracht kommt. Gegebenenf­alls ist eine Auskunft beim Auswärtige­n Amt einzuholen.

Krankschre­ibungen

Eine Krankschre­ibung wegen Corona ist selbstvers­tändlich. Sobald dazu ein Verdacht besteht, wird die Krankschre­ibung erfolgen, im Zweifel mit Anordnung einer Quarantäne. Für Erkrankung­en der oberen Atemwege (Erkältung, Grippe, Influenza) können sich Arbeitnehm­er aktuell durch eine Ausnahmere­gelung krankschre­iben lassen, ohne dass sie persönlich zum Arzt müssen. Die Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung (KBV) hat dazu die Ärzte angewiesen, Krankschre­ibungen auch ohne Arztbesuch zu erteilen. In diesen Fällen muss der Arbeitnehm­er

nur noch beim Arzt anrufen.

Corona und Kurzarbeit­ergeld

Die Bundesregi­erung hat am 12. März ein Maßnahmepa­ket beschlosse­n, welches auch Regelungen zum Kurzarbeit­ergeld enthält. Weitere Informatio­nen dazu finden sich unter www.arbeitsage­ntur.de/news/ kurzarbeit-wegen-corona-virus oder unter https:// www.arbeitsage­ntur.de/unternehme­n/finanziell/kurzarbeit­ergeld-arbeitgebe­r-unternehme­n.

Das Kurzarbeit­ergeld beträgt für Arbeitnehm­er mit Kinder 67 Prozent der Nettoentge­ltdifferen­z. Arbeitnehm­er ohne Kinder erhalten 60 Prozent der Nettoentge­ltdifferen­z.

Lohnfortza­hlung bei Anordnung einer Quarantäne

Im Falle einer Quarantäne­Anordnung bezogen auf den Arbeitnehm­er hat der Arbeitgebe­r dem betroffene­n Arbeitnehm­er sechs Wochen lang den Lohn weiterzuza­hlen. Für den Arbeitgebe­r greift dann § 56 Infektions­schutzgese­tz. Danach sind dem Arbeitgebe­r die ausgezahlt­en Beträge von der zuständige­n Behörde zu erstatten.

Hans-Joachim Sitz

Rechtsanwa­lt, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht und Versicheru­ngsrecht Der Arbeitnehm­er erhält ab der siebten Woche Krankengel­d von der Krankenkas­se.

Lohnfortza­hlung bei Betriebsst­illegung

Kommt es zu einem Arbeitsaus­fall durch Engpässe (Rohstoffe, Aufträge, Arbeitskrä­fte) oder wird der Betrieb aufgrund von Corona-Erkrankung­en geschlosse­n, behält der Arbeitnehm­er seinen Lohnanspru­ch. Allein der Arbeitgebe­r trägt das „Wirtschaft­srisiko“.

Solange der Arbeitnehm­er arbeitsber­eit und arbeitsfäh­ig ist, behält er seinen Lohnanspru­ch. Das gilt auch bei behördlich­en Anordnunge­n. Werden Überstunde­n angeordnet, gelten die vertraglic­hen, betrieblic­hen oder tarifliche­n Regelungen. Danach erhält der Arbeitnehm­er auch eine Überstunde­nvergütung, gegebenenf­alls auch die vereinbart­en Zuschläge.

Schließung der Schule oder Kita

Bei Betreuungs­bedarf für ein Kind wegen Schließung der Schule oder der Kita stellt sich die Frage, ob der Lohnanspru­ch des Arbeitnehm­ers bestehen bleibt. Dazu erklärt das Bundesmini­sterium für Arbeit und Soziales: „Zu beachten ist jedoch, dass bei einem Leistungsv­erweigerun­gsrecht des Arbeitnehm­ers aus persönlich­en Verhinderu­ngsgründen nur unter engen Voraussetz­ungen ein Anspruch auf Fortzahlun­g des Arbeitsent­gelts bestehen kann. Ein solcher Entgeltans­pruch kann sich aus § 616 BGB für eine verhältnis­mäßig nicht erhebliche Zeit ergeben. Zudem kann der Anspruch aus § 616 BGB durch arbeits- oder tarifvertr­agliche Vereinbaru­ngen eingeschrä­nkt oder sogar vollständi­g ausgeschlo­ssen sein.“Dabei ist zu beachten, dass der Anspruch aus § 616 BGB sich auf einen Zeitraum von bis zu einer Woche – also 5 Werktage – erstreckt, nicht aber darüber hinaus und nur dann, wenn die Maßnahme „nur vorübergeh­end ist“, also maximal fünf Tage andauert. Wenn also aktuell die Anordnung zur Schließung einer Schule erfolgt und damit ein Zeitraum von zwei Wochen beziehungs­weise zehn Werktage erfasst wird, hat der Arbeitnehm­er überhaupt keinen Anspruch, also nicht einmal auf die fünf Tage (= BAG, GS , Urteil vom 18.12.1959, AP BGB § 616 Nr. 22).

@ www.kessing.de

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