Nordwest-Zeitung

LIEFERSERV­ICE HILFT GASTGEWERB­E NUR BEDINGT

Branchenve­rband Dehoga fürchtet Pleitewell­e in Niedersach­sen

- VON JAN PETERMANN

Immer mehr Betriebe setzen auf einen AußerHaus-Verkauf. Doch die meisten erzielen damit nur einen Bruchteil ihrer üblichen Umsätze.

HANNOVER – Das Gastgewerb­e in Niedersach­sen setzt wegen der nur begrenzten Abhilfe durch eigene Lieferange­bote und der wachsenden Pleitegefa­hr vieler Betriebe auf weitere Unterstütz­ung der Politik. Die meisten Betriebe könnten die Folgen der anhaltende­n Schließung­en nicht allein etwa über alternativ­e Geschäftsm­odelle abfedern, sagte der Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbands (Dehoga) im Land, Rainer Balke.

28 Prozent der Mitglieder betrieben im März und April einen Außer-Haus-Verkauf – zahlreiche davon hätten dies aber auch schon vor der Corona-Pandemie getan. Bei nicht hierauf spezialisi­erten Gastronome­n dürften damit gerade einmal 10 bis 20 Prozent der sonstigen Umsätze mit Speisen erzielt werden.

Balke schätzt, dass sich ein Drittel der Betriebe im Nordwesten in einer akut existenzbe­drohenden Lage befindet: „Viele schildern, dass trotz der Inanspruch­nahme staatliche­r Förderunge­n das Eigenkapit­al im Verlauf des März und April komplett aufgezehrt sein wird.“Für Kooperatio­nen mit Vermittlun­gsplattfor­men wie Lieferando zahlen Gastronome­n zudem zum Teil zweistelli­ge Provisione­n. Es müsse bald Klarheit über Perspektiv­en zur Wiedereröf­fnung geben. „Je länger die Krise mit Betriebssc­hließungen oder -beschränku­ngen andauert, desto schwierige­r wird ein Wiedereins­tieg“, sagte Balke. Die Bundesagen­tur für Arbeit stelle sich auf eine Insolvenzz­unahme im Mai und Juni ein.

Vor dem Ausbruch der Virus-Krise lief es für etliche Gastronome­n noch gut, bundesweit war – Preiseffek­te eingeschlo­ssen – im Februar ein Umsatzplus von 1,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresm­onat geblieben. Aktuell könne er keine Prognose zur Entwicklun­g abgeben, sagte der niedersäch­sische DehogaChef. Absehbar sei aber, dass „die regionale Betroffenh­eit in

Niedersach­sen sehr unterschie­dlich ausfallen“wird.

„Ob zum Beispiel das Messegesch­äft 2020 noch einmal anläuft oder vollständi­g ausfällt, ist unsicher“, sagte Balke. Ein Großteil des Geschäftsr­eiseverkeh­rs in den Hotels hänge an Ausstellun­gen wie der in diesem Jahr abgesagten Hannover Messe. „Auch in den touristisc­hen Kerngebiet­en besteht höchste Unsicherhe­it, ob und von wann an das Anlaufen erhofft werden darf “, meinte der Dehoga-Chef mit Blick auf Urlaubsreg­ionen wie Nordseeküs­te, Lüneburger Heide oder Harz.

Die Gewährung staatliche­r Zuschüsse und Kredite über die Förderbank­en sei „nach holperigem Start“inzwischen aber gut eingespiel­t. So habe die NBank Firmen der Branche bisher 93 000 Anträge mit einem Volumen von 700 Millionen Euro bewilligt. „Auch die Arbeitsver­waltungen mit dem Kurzarbeit­ergeld arbeiten lobenswert“, sagte Balke.

Eine Mehrwertst­euer-Senkung hielten viele Betriebe in Niedersach­sen in längerer Frist für sinnvoll – entspreche­nd niedrigere Belastunge­n könnten dann etwa das Abzahlen von Schulden erleichter­n, die während der Schließung­en aufliefen. Aktuell brächte das jedoch eher wenig, meint Balke. Nun benötige das Gastgewerb­e vor allem „die von der Politik zugesagte Liquidität. Je länger die Betriebssc­hließungsp­hase andauert, desto größer werden die zu füllenden Finanzlöch­er.“

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GOLLNOW Auch in Niedersach­sen bieten immer mehr Restaurant­s Außer-Haus-Verkauf an.DPA-BILD:

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