Tauziehen um Bahnausbau im Norden
Täglich bis zu 400 Güterzüge auf Nord-Süd-Strecke prognostiziert – Planungen seit 1992
Um Hannover, Bremen und Hamburg besser zu verbinden, ist ein Ausbau bestehender Bahnstrecken in Planung. Nahe Lüneburg geht es um eine andere Frage.
HANNOVER – In der Computersimulation der Deutschen Bahn können sich Anwohner im Internet bereits genau anschauen, wie der Ausbau der für Güterzüge wichtigen Verbindung zwischen Verden und Rotenburg mit einem zweiten Gleis demnächst aussehen könnte. Beim auf 3,9 Milliarden Euro veranschlagten Ausbau des Bahnnetzes von Hannover Richtung Bremen und Hamburg ist die Planung auf diesem 25 Kilometer langen Abschnitt am weitesten gediehen. Eine Herausforderung bleibt unterdessen die Trassenführung bei Lüneburg.
Trotz Bemühungen der Planer um Transparenz und verlässliche Daten bleibt die Erarbeitung der Bahngleise eine Sisyphusarbeit. Die seit 1992 vorangetriebene Planung sah zunächst die Y-Trasse vor, eine Neubaustrecke zwischen den
drei Ballungsräumen für den ICE-Verkehr. Zäher Widerstand und eine Kostenexplosion führten 2012 zum Abrücken von der Planung. Ein Dialogforum mit Bund, Ländern, Bahn, Kommunen und Bürgerinitiativen legte Ende 2015 schließlich ein Ausbaukonzept bestehender Strecken als Alternative vor. Mit Fokus auf dem wachsenden Güterverkehr.
Und dieser droht sich im
Raum Lüneburg zu ballen. Bis zu 400 Güterzüge täglich werden auf der Nord-Süd-Strecke von Hamburg über Lüneburg bis Uelzen prognostiziert. Die Stadt Lüneburg und andere Anlieger laufen deshalb Sturm gegen die Idee, den gesamten Verkehr auf einer auf drei Gleise ausgebauten Strecke mitten durch die Orte zu bewältigen. Die Bahn prüft den Bau von Ortsumfahrungen, was wiederum
den Unmut der Bürgerinitiativen gegen eine Neubaustrecke weckt.
Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD) verliert bei dem zähen Gezerre um den dringend benötigten Bahnausbau inzwischen die Geduld. Nach der letzten Beratungsrunde Ende Januar forderte er Land und Bund auf, unverzüglich im Sinne von Tausenden Pendlern die bestehende Strecke LüneburgHamburg aufzuwerten. „Die jetzige Situation ist nicht mehr vertretbar.“Auf der Fahrt zur Arbeit wollten die Menschen nicht in Zügen ausharren, die auf einen durchfahrenden ICE warten oder hinter einem Güterzug herbummeln müssten.
Die Bürgerinitiativen, die sich gegen Neubaustrecken starkmachen, haben unterdessen im Januar ein Gutachten vorgelegt. Dieses kam zu dem Schluss, dass eine Umfahrungsstrecke unnötig ist. Voraussetzungen wären aber ein Ausbau der Ausfahrt aus dem Hamburger Hauptbahnhof und ein viergleisiger Ausbau der Strecke nach Lüneburg.
Auf allen Abschnitten des Bahnprojekts kommen die Planungen inzwischen voran, so der Bahnsprecher. In diesem Jahr haben sie auch auf dem Abschnitt BremerhavenBremen-Langwedel-Uelzen begonnen. Für den Ausbau hatte sich Niedersachsens vorheriger Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) stark gemacht. Alleine für das Teilstück von Verden bis Rotenburg wagen die Planer bereits, einen Baubeginn zu avisieren. Dieser könnte in der Mitte des Jahrzehnts liegen.