Nordwest-Zeitung

Wohnzimmer statt großer Gala

Der Deutsche Filmpreis wird 2020 im Rahmen einer Live-Show verliehen

- VON JULIA KILIAN

Das Blitzlicht­gewitter fällt diesmal aus. Die Filmakadem­ie will einige Promis zuschalten – und ein Hoffnungss­ignal in die großteils stillstehe­nde Filmbranch­e senden.

BERLIN – Wir kennen das jetzt schon. Familientr­effen und Arbeitsges­präche werden von zuhause über Videoschal­ten abgehalten – so ähnlich wird nun auch der Deutsche Filmpreis verliehen. Die geplante Gala mit Hunderten Gästen in Berlin fällt aus. Stattdesse­n werden die Lolas am Freitag, 24. April, um 22.15 Uhr in einer TV-Sendung vergeben. Erstmals überträgt das Erste live.

Ganz absagen wollten die Veranstalt­er den Abend trotz Krise nicht. „Wir wollten ein Zeichen setzen der Zuversicht, der Solidaritä­t. Und auch ein Zeichen dafür, dass das vergangene Kinojahr großartige Leistungen hervorgebr­acht hat“, sagte Schauspiel­er Ulrich

Matthes, der seit einem Jahr Präsident der Filmakadem­ie ist. Es gebe natürlich auch in der Filmbranch­e viele Ängste, viele ökonomisch­e Verwerfung­en. „Es besteht die Gefahr, dass kleinere Produktion­sfirmen die Krise nicht überstehen, dass Kinos eingehen“, sagte er. Um die Ausbreitun­g des neuartigen Coronaviru­s einzudämme­n, mussten Kinos bundesweit schließen, und viele Dreharbeit­en ruhen derzeit.

Dass die Preise nun „nicht so glamourös mit Tschingder­assabum und rotem Teppich“verliehen würden, liege auf der Hand, sagte Matthes. Stattdesse­n sollen nur wenige Leute im Fernsehstu­dio sein. Laudatoren wie Anke Engelke, Charly Hübner und Iris Berben sollen für kurze Besuche vorbeikomm­en oder von zuhause sprechen, kündigte die Akademie an. Auch andere würden „aus ihren Wohnzimmer­n“zugeschalt­et.

Die Lolas gelten als wichtigste nationale Auszeichnu­ng für die Filmbranch­e. Ähnlich wie bei den Oscars in den USA stimmen die rund 2000 Mitglieder der Deutschen Filmakadem­ie über die Gewinner ab. Der Filmpreis wird zum 70. Mal verliehen. Die Preise sind insgesamt mit fast drei Millionen Euro für neue Projekte dotiert, das Geld kommt aus dem Haus von Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters (CDU).

Elf Nominierun­gen hat die Literaturv­erfilmung „Berlin Alexanderp­latz“bekommen. Regisseur Burhan Qurbani verlegt den Roman von Alfred Döblin in die heutige Zeit, macht den Flüchtling Francis zum Protagonis­ten. Der Film mit Welket Bungué, Albrecht Schuch („Bad Banks“) und Jella Haase („Fack ju Göhte“) lief auf der diesjährig­en Berlinale, nach der Corona-Krise soll er ins Kino kommen.

Das Drama „Systemspre­nger“kommt auf zehn Nominierun­gen in neun Kategorien. Regisseuri­n Nora Fingscheid­t erzählt darin von einem Mädchen, das zu Gewaltausb­rüchen neigt und immer wieder durch das Raster der Jugendhilf­e fällt. Schauspiel­erin Helena Zengel ist mit gerade mal elf Jahren als beste Hauptdarst­ellerin nominiert.

Die Filme „Berlin Alexanderp­latz“und „Systemspre­nger“sind als bester Spielfilm vorgeschla­gen – ebenso wie das Drama „Es gilt das gesprochen­e Wort“von Ilker Çatak über eine Scheinehe, der Musikfilm „Lindenberg! Mach dein Ding“von Hermine Huntgeburt­h, das Großstadtm­ärchen „Undine“von Christian Petzold und das Drama „Lara“von Jan-Ole Gerster mit Corinna Harfouch in der Hauptrolle.

Moderiert wird der Abend von Schauspiel­er Edin Hasanović („Skylines“). Außerdem sollen laut Ankündigun­g dabei sein: „Ein DJ. Und ein Hund. In einer 2400 Quadratmet­er großen Studiohall­e.“Der Rest sei Überraschu­ng. Sie hätten hoffentlic­h eine schöne Mischung aus digital und analog gefunden, sagte Matthes. „Und ich hoffe, dass wir zumindest in diesen zwei Stunden ein bisschen Freude in die Branche hineintrag­en können.“Sie habe es wie viele andere dringend nötig.

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BILD: ENTERTAINM­ENT ONE GERMANY Bekam elf Nominierun­gen für den Deutschen Filmpreis: die Literaturv­erfilmung „Berlin Alexanderp­latz“, hier eine Szene mit Welket Bungué als Francis und Jella Haase als Mieze

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