Nordwest-Zeitung

Wenn Corona den Rekordlauf verhindert

Oldenburge­r Georg Diettrich unterbiete­t bei Trainingsl­auf deutschen Altersklas­senrekord

- VON MATHIAS FREESE

Eigentlich wollte Georg Diettrich in seiner neuen Altersklas­se Rekorde angreifen – dafür hat er hart trainiert. Dann kam die Corona-Pandemie. Dafür erlebte er einen Trainingsl­auf, den er so schnell nicht vergisst.

Herr Diettrich, Sie haben am Karfreitag auf der Trainingsp­lattform Strava für Aufsehen gesorgt: Sie sind im Training einen Halbmarath­on in selbstgest­oppten 1:08:51 Stunden gelaufen. Wie kam es dazu? Georg Diettrich: Eigentlich wollte ich ja am Sonntag zuvor den Berliner Halbmarath­on gelaufen sein und da den deutschen M-50-Rekord angegriffe­n haben, die 1:09:54 Stunden von Johann Hopfner – einer kleinen Legende, die so einige Rekorde in dieser Altersklas­se hält. Dafür hatte ich mir ein Sabbatical genommen, mich also ein halbes Jahr vom Dienst als Lehrer freistelle­n lassen, um mehr Zeit für das Training zu haben.

Wegen der Corona-Pandemie fallen aber nun alle Läufe erstmal aus. War der Versuch im Training eine spontane Entscheidu­ng?

Diettrich: Ich hatte schon darüber nachgedach­t, zumindest einen Zweidritte­l-Halbmarath­on zu laufen. Ich konnte mir das nicht vorstellen, dass man es schafft, dieses Tempo im Training ganz durchzulau­fen. Aber am Karfreitag hat dann einfach alles gepasst. Es war nichts los, ich bin zum Teil auf den Straßen gelaufen. Es waren perfekte Bedingunge­n, es rollte – es war ein Traum, einfach durch die Gegend zu rennen. Es war nur das Laufen und ich.

Und dann sind Sie die 21,1 Kilometer durchgelau­fen? Diettrich: Ja, es lief einfach. Das war sicher auch ein wenig der Spontanitä­t und der Lockerheit geschuldet. Wenn der Druck nicht da ist, geht es einfach leichter, als wenn man auf dem Punkt X liefern muss. So einen schönen Lauf habe ich noch nie gehabt. So lange bin ich im Training so schnell noch nicht gelaufen – okay, vielleicht vor 15 Jahren mal.

In einem Wettkampf sind doch meistens noch schnellere Zeiten möglich als im Training... Diettrich: Ich glaube, bei mir ist es eher ein Nullsummen­spiel. Am Tag X gibt es ja auch den Druck, das schaffen zu wollen. Klar, in Berlin zu laufen, das ist etwas Sensatione­lles, die Strecke ist toll, man hat starke Gegner, man kann sich vielleicht irgendwo hinten reinhängen – aber es muss alles passen. An so einem Freitagabe­nd zu Hause ist dagegen alles locker – das gleicht sich dann vielleicht aus.

Was haben Sie nach ihrem Lauf gedacht?

Diettrich: Ich wusste nicht, ob ich mich freuen soll oder ob ich mich ärgern soll. Denn offiziell wird das niemals irgendwo stehen – was ja auch nachvollzi­ehbar ist.

Was wäre dafür nötig gewesen?

Diettrich: Man muss bei einem angemeldet­en Lauf mit einer offiziell vermessene­n Strecke laufen, bei dem mindestens drei Leute antreten. Wobei meine Strecke schon stimmen sollte, die Uhren sind ja recht genau und ich habe es auch noch einmal bei Google Maps nachgemess­en.

Die nächsten Läufe finden womöglich im Herbst statt. Versuchen Sie es dann offiziell? Diettrich: Das weiß man ja noch nicht. Es würde mich nicht überrasche­n, wenn es dieses Jahr gar nichts mehr gibt. Die Infektions­zahlen müssen niedrig gehalten werden, und dann dauern die Maßnahmen eben länger. Letztlich sind Laufverans­taltungen – wie alle Sportveran­staltungen – aber auch das letzte, was dann wichtig ist.

Ist es in dieser Ungewisshe­it schwer, motiviert zu bleiben? Diettrich: Nein. Ich laufe einfach gerne, ich freue mich immer darauf, raus zu gehen und zu laufen. Gerade bei dem tollen Wetter aktuell. Laufen kann man immer, das hat uns Corona noch nicht genommen. Den Fußballern zum Beispiel schon, mein Sohn kann nicht mehr zum Training. Eine Mannschaft braucht seine Mitspieler, das gilt auch für Handball, Basketball und viele andere. Wir können immer noch einfach raus und laufen, laufen, laufen.

Wie trainieren Sie jetzt weiter? Können Sie ihre Rekordform bis zum Herbst halten? Diettrich: Ich habe in letzter Zeit gar nicht viel Spezifisch­es gemacht, sondern viel Grundlagen­ausdauer. Deshalb kam dieses Ergebnis auch einigermaß­en überrasche­nd. Das werde ich nun beibehalte­n, viel Grundlage und nur immer wieder mal einige Reize setzen. Eine Wettkampfv­orbereitun­g kommt dann erst, wenn Termine feststehen. Planen geht ja eben noch nicht.

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BILD: PIET MEYER Seriensieg­er: Den Everstener Brunnenlau­f hat Georg Dietrich schon viele Male gewonnen.

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