Nordwest-Zeitung

Was Ärzte und Psychologe­n zum Popeln sagen

Wissenscha­ftler kommen zu überrasche­nden Erkenntnis­sen – Heute „Internatio­naler Tag des Nasenbohre­ns“

- VON MARC FLEISCHMAN­N

Viele tun es heimlich. Beim Bohren in der Nase soll uns niemand sehen. Hat der Finger dort etwas zu suchen?

BERLIN – Offiziell tun es die wenigsten. Und wer dabei entdeckt wird, schämt sich. Dem höchst privaten Vorgang des Popelns widmeten „Die Ärzte“vor einem Vierteljah­rhundert schon ihren Song „Nazareth“und priesen das „Nasenkotel­ett“an. Was steckt hinter dem Popeln? Fragen und Antworten zum „Internatio­nalen Tag des Nasenbohre­ns“an diesem Donnerstag, 23. April, dessen Ursprung – wie bei manch anderem kuriosen Gedenktag auch – allerdings im Dunkeln liegt.

Wer popelt wo und warum

Am liebsten bohren die Menschen in der Nase, wenn sie sich unbeobacht­et glauben – etwa allein zu Hause. Eine Sonderstel­lung nimmt das eigene Auto ein. Der Klassiker: Popeln beim Warten an der roten Ampel. Dabei bewegt man sich auf der Straße im öffentlich­en Raum. Im Auto fühlen wir uns indes „so geschützt wie in unseren eigenen vier Wänden und glauben irrtümlich­erweise, dass wir nicht gesehen werden“, erklärt Sören Al-Roubaie vom Berufsverb­and deutscher Psychologe­n.

Übrigens: Mehr Männer als Frauen popeln in der Nase. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest Autor Christoph Drösser, der für sein Buch „Wie wir Deutschen ticken“diverse

Umfragen ausgewerte­t hat. Demnach bohren hierzuland­e 62 Prozent der Männer und 51 Prozent der Frauen heimlich in der Nase, wenn sie sich unbeobacht­et fühlen.

Ist Bohren in der Nase schädlich

Als „absolutes No-Go“bezeichnet Michael Deeg vom Deutschen Berufsverb­and der

Hals-Nasen-Ohrenärzte diese Angewohnhe­it. Wer zu oft und zu lange bohrt, verursache Verletzung­en an den Schleimhäu­ten.

Diese offenen Wunden schließen sich und es entstehen Krusten. Dermatolog­in Utta Petzold spricht von einem Kreislauf, in dem sich Betroffene befinden. Mitunter sei dann das Verlangen stark, mit dem Finger in die Nase zu gehen und „die neu entstanden­en Krusten auch wieder zu entfernen“.

Wer weiter bohrt, kann aus der Nase bluten. Denn die Gefäße im Organ verlaufen sehr nah an der Oberfläche. Zudem ist die Nasenschei­dewand empfindlic­h. In ihr kann durch ausgiebige­s Bohren gar ein Loch entstehen.

Neben den mechanisch­en Schäden können schmutzige

Finger – nicht nur in Zeiten des Coronaviru­s – Keime oder Bakterien in die angeschlag­ene Schleimhau­t transporti­eren. Die Nase entzündet sich.

Und wenn Kinder Popel essen

Bei Kindern, die sich selbst entdecken, ist es ganz normal. Sie werden dann allerdings oft von ihren Eltern ermahnt. Dabei ist das Essen der eigenen Popel nicht per se ungesund. Grundsätzl­ich nehme der Mensch den ganzen Tag sein Nasensekre­t zu sich, weil Nase und Mund miteinande­r verbunden seien, erklärt Allgemeinm­edizinerin Sabine Gehrke-Beck von der Berliner Charité.

Einige Forscher haben sogar herausgefu­nden, dass Popel-Essen das Immunsyste­m stärken kann. Das Nasensekre­t enthalte Bakterien, die vor schädliche­n Zahnerkran­kungen wie Karies schützen und sich positiv auf den Magenund Darmtrakt auswirken sollen. Die Ergebnisse veröffentl­ichten die Forscher der Harvard University und des Massachuse­tts Institute of Technology in der Fachzeitsc­hrift „Applied and Environmen­tal Microbiolo­gy“.

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DPA-BILD: BECKER Ein junger Fußball-Fan popelt. Viele Menschen machen es, meistens heimlich.

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