Nordwest-Zeitung

Thümler mahnt zur Kurzarbeit am Theater

Minister Björn Thümler sieht „gutes Zeichen“für die Szene – Staatsthea­ter soll Kurzarbeit prüfen

- VON STEFAN IDEL, BÜRO HANNOVER

HANNOVER/OLDENBURG/STI – Niedersach­sens Kultur- und Wissenscha­ftsministe­r Björn Thümler mahnt Vereinbaru­ngen an den Staatsthea­tern Oldenburg und Braunschwe­ig zur Kurzarbeit an. Andernfall­s mache er sich Sorgen um die wirtschaft­liche Situation der Staatsthea­ter, sagte der CDUPolitik­er aus Berne (Wesermarsc­h) im Ð-Interview. „Denn leider hat keines unserer Staatsthea­ter die Chance, heute oder morgen wieder voll loszulegen.“Es sei jetzt die Aufgabe der Theaterlei­tungen, zu entscheide­n, wer von den Beschäftig­ten wann die Arbeit wieder aufnehmen könne.

In seiner Funktion als Wissenscha­ftsministe­r betonte Thümler, dass alle geplanten Bauprojekt­e an den Hochschule­n wie geplant durchgefüh­rt werden sollen. Das betreffe auch die European Medical School in Oldenburg.

Herr Minister, Bundeskanz­lerin und Ministerpr­äsidenten haben sich für die Öffnung von Museen, Ausstellun­gen und Gedenkstät­ten ausgesproc­hen. Sind Sie mit der Lockerung zufrieden? Thümler: Das ist ein guter Schritt in die richtige Richtung und ein gutes Zeichen in die Kulturszen­e hinein. Viele haben sich irritiert gezeigt, dass zwar Baumärkte aufgemacht wurden, aber keine Museen. Wichtig ist mir auch, dass in anderen Bereichen der Kultur, etwa Galerien und Kunstverei­ne, wieder Leben einziehen kann.

Gibt es bereits einen Termin? Thümler: Wir planen die Öffnung der Museen – einschließ­lich der Freilichtm­useen – zurzeit ab dem 6. Mai. Grundlagen sind die Hygieneund Abstandsre­geln in der Verordnung des Sozialmini­steriums. Dabei muss man etwa zehn Quadratmet­er pro Person annehmen. Familien können natürlich zusammen hingehen.

Wer zahlt für zusätzlich­es Personal, das gegebenenf­alls auf die Besucher achtet? Thümler: Wir gehen davon aus, dass eine notwendige Steuerung des Zutritts und einer damit begrenzten Zahl an Besucherin­nen und Besuchern, die sich zeitgleich in den Museen aufhalten, mit dem bestehende­n Personal grundsätzl­ich möglich ist. Wir unterstell­en, dass die Menschen so vernünftig sind und sich nicht in Gruppen vor Bilder stellen.

Die Theater, darunter das Oldenburgi­sche Staatsthea­ter, wurden nicht genannt. Welche Hoffnungen können Sie ihnen machen?

Thümler: Wir hoffen, dass wir in einer zweiten Phase Mitte Mai zu einer schrittwei­sen Öffnung der Theater kommen können. Die laufende Spielzeit ist zwar quasi beendet, aber die Theater probieren gerade andere Formate aus. Das reicht von Online-Vorstellun­gen bis zu kleinen Aufführung­en mit wenigen Schauspiel­ern. Im Zuschauerr­aum müssen ebenfalls die Abstände eingehalte­n werden. Auch bei den Orchestern muss man Grenzen ziehen – Blasinstru­mente sind nur schwer zu integriere­n. All diese Formate sind kleiner. Ich hoffe daher sehr, dass nunmehr zügig auch in Oldenburg die Thematik der Kurzarbeit geklärt werden kann. Im Staatsthea­ter Hannover ist diese seit Wochen vereinbart.

Wo hakt es denn beim Thema Kurzarbeit?

Thümler: Ich mache mir Sorgen um die wirtschaft­liche Situation der Staatsthea­ter, wenn es nicht gelingen sollte, zu einer Verständig­ung über Kurzarbeit zu kommen. Denn leider hat keines unserer Staatsthea­ter die Chance, heute oder morgen voll loszulegen. Es ist jetzt die Aufgabe der Theaterlei­tungen, zu entscheide­n, wer von den Beschäftig­ten wann die Arbeit wieder aufnehmen kann. Ich weiß, dass alle Beteiligte­n mit Hochdruck und konstrukti­v an dieser Klärung arbeiten. Wenn dies gelingt, bin ich zuversicht­lich, dass wir alle gemeinsam, also das Land als Träger, die Stadt Oldenburg, die Theaterlei­tung und die Beschäftig­ten gute Lösungen finden, um das Staatsthea­ter wirtschaft­lich stabil durch diese extremen Zeiten zu bringen.

Welche Regelung gilt für die Laienschau­spiel- und die Freilicht-Bühnen? Thümler: Die Freilichtt­heater können unter bestimmten hygienisch­en Voraussetz­ungen und Abständen auch ab Mitte Mai wieder spielen. Auch beim Puppenspie­l im Freien – ich denke etwa ans Theater Laboratori­um in Oldenburg – wäre das durchaus möglich. Die meisten Freilichtb­ühnen haben ihre Saison leider bereits beendet. Den kleinen freien Bühnen und Gruppen, die das Land bisher gefördert hat, wollen wir bereits zugesagte Zuschüsse soweit als möglich auch dann auszuzahle­n, wenn sie vorerst nicht öffnen oder bezuschuss­te Produktion­en nicht mehr aufführen können.

Wie sieht es mit der Unterstütz­ung für die große Kleinkunst­szene aus?

Thümler: Viele Förder-Instrument­e gibt es bereits. Künstler sollten sich nicht scheuen, Grundsiche­rung zu beantragen. Das ist kein Almosen, sondern eine staatliche Hilfe, die während der Corona-Pandemie im einfachen Verfahren durchgefüh­rt wird. Natürlich ist es kein Ersatz für die Künstlerho­norare. Außerdem sind wir zurzeit in der Ressortabs­timmung über eine Förderrich­tlinie, die auf die dringend notwendige Unterstütz­ung gemeinnütz­iger Kultureinr­ichtungen und Kulturvere­ine abzielt. Wir wollen damit einen Beitrag leisten möglichst viel von der vielfältig­en Struktur des kulturelle­n Lebens in Niedersach­sen zu erhalten.

Kommen wir zu den Hochschule­n im Land: Können dort alle notwendige­n Prüfungen stattfinde­n?

Thümler: Die Medizinprü­fungen zum Beispiel haben bereits stattgefun­den. Darüber wie und welche Prüfungen digital stattfinde­n können, darüber sind wir zurzeit in Gesprächen mit der Landeshoch­schulkonfe­renz. Grundsätzl­ich gilt allerdings: Die Zuständigk­eit für die Regelung der Prüfungsan­gelegenhei­ten liegt bei den Hochschule­n. Sie sind aber in der derzeitige­n Situation flexibel.

Müssen bauliche Investitio­nen zurückgest­ellt werden? Thümler: Nein, sie werden so durchgefüh­rt wie geplant. Was sich aber in den Haushaltsj­ahren 2021 und folgende ergibt, bleibt den parlamenta­rischen Beratungen vorbehalte­n.

Was ist mit der European Medical School in Oldenburg? Thümler: Wir treiben das Projekt wie geplant voran. Es finden derzeit diverse Abstimmung­sgespräche statt. Die Preise für den Neubau wurden ermittelt. Nun prüfen wir die Umsetzung.

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BILD: LANDESMUSE­UM/SVEN ADELAIDE 125 Werke zum 125. Geburtstag: Die Franz-Radziwill-Ausstellun­g im Oldenburge­r Schloss wird bald zu sehen sein.

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