Nordwest-Zeitung

Jäger werden Wildfleisc­h nicht mehr los

Abschüsse trotzdem erforderli­ch – Hoffnung auf Öffnung der Restaurant­s

- VON MATTHIAS BRUNNERT

GÖTTINGEN – Als Andree Engelhardt Anfang März auf Wildschwei­njagd ging, wollte ihm eigentlich eine Speisegast­stätte in Göttingen das Wildbret hinterher abnehmen. Doch dazu kam es nicht mehr. Das Restaurant musste wie alle anderen den Betrieb wegen der Corona-Krise einstellen. Der Jäger blieb auf den Braten sitzen. „Bei mir quillt seither die Kühltruhe über“, klagt Engelhardt. Der Göttinger Waidmann ist kein Einzelfall. Die Jäger, die ihr Wildbret vorwiegend an die örtliche Gastronomi­e verkaufen, haben ihre Hauptabneh­mer verloren.

„Gejagt werden muss aber

Die Kühltruhe von Jäger Andree Engelhardt quillt über.

trotzdem“, sagt Michael Rudolph, der Sprecher der Niedersäch­sischen Landesfors­ten. Vor allem Wildschwei­ne müssten das ganze Jahr über geschossen werden, allein schon, um einer Ausbreitun­g der Afrikanisc­hen Wildschwei­n-Seuche vorzubeuge­n. Und weil am 1. Mai die Bockjagd begann, dürften sich Wildkammer­n und Kühltruhen bei den Waidmänner­n zusätzlich mit Reh-Fleisch füllen.

„Wir appelliere­n deshalb an die Verbrauche­r, verstärkt Wildfleisc­h zu kaufen“, sagt Rudolph. Wildbret sei bestes regionales Biofleisch, lobt der Forstsprec­her. „Es ist fettarm und garantiert frei von unerwünsch­ten Zusatzstof­fen.“Obendrein sei es vergleichs­weise günstig zu haben. Verbrauche­r könnten sich an Jäger aus ihrem Bekanntenk­reis, aber auch direkt an das nächst gelegene Forstamt wenden.

Die Niedersäch­sische Landesjäge­rschaft könne sich diesem Appell nur anschließe­n, sagt dazu Sprecher Florian

Rölfing. Denn es gibt reichlich heimisches Wildbret. Dem jüngsten Landesjagd­bericht zufolge wurden in Niedersach­sen zuletzt innerhalb eines Jahres rund 56 000 Wildschwei­ne erlegt. Die Strecke bei Rehen lag sogar bei fast 130 000. Hinzu kamen etwa 11500 Stück Dam- und 7000 Stück Rotwild.

„Wir haben das Problem erkannt, haben aber die Hoffnung, dass es im zweiten Halbjahr besser wird“, sagt Sabine Hildebrand, die Sprecherin des auch für Jagdangele­genheiten zuständige­n Landwirtsc­haftsminis­teriums in Hannover. Das meiste Wild werde in Niedersach­sen traditione­ll im Herbst erlegt, wenn alle Schalenwil­d-Arten bejagt werden dürfen. Die Jagdzeit für Rehe dauert vom 1. Mai bis zum 31. Januar. Rot- und Damwild dürfen vom 1. August bis Ende Januar und Wildschwei­ne ganzjährig bejagt werden. „Wir hoffen natürlich, dass zur Hauptjagdz­eit alle Restaurant­s, die Wildgerich­te anbieten, wieder geöffnet sind“, sagt Hildebrand. Vorerst müssten die Jäger das Wildbret allerdings notgedrung­en weiterhin im Familien-, Freundesun­d Bekanntenk­reis loswerden. Wenn das nicht möglich ist, werde es schwer, die von den unteren Jagdbehörd­en vorgegeben­en Abschussqu­oten zu erfüllen, sagt der Göttinger Jäger Engelhardt.

SPIEL 77

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