Als aus Feinden schnell Freunde wurden
Oldenburg in der Nacht vom 2. auf den 3. Mai 1945 kampflos übergeben
Die Berichte über das Geschehen gehen teils weit auseinander. Fakt ist, dass die Stadt nahezu unzerstört blieb.
Oldenburg – Was geschah vor 75 Jahren wirklich in Oldenburg? Diese Frage lässt sich heute nicht mehr mit hundertprozentiger Sicherheit beantworten. Fakt ist, dass sich in der Nacht vom 2. auf den 3. Mai 1945 dramatische Szenen abgespielt haben müssen.
Am seidenen Faden
Das Schicksal Oldenburgs hing an einem seidenen Faden. Die Kanadier und Engländer wollten Oldenburg schonen – doch nicht nur, um dort selber zu wohnen, wie sie auf über der Stadt abgeworfenen Flugblättern geschrieben hatten.
Die alliierten Truppen hatten auch großes Interesse an den Lazaretten. Sie wussten, dass sich in der Stadt mehrere befanden. Dort wollten und konnten sie später ihre beim Vormarsch verwundeten Kameraden behandeln.
Wer Oldenburg nun kampflos übergeben hat, Vertreter der Stadtverwaltung, der Bürgermeister oder Soldaten der deutschen Wehrmacht – das lässt sich, weil die Zeitzeugen längst verstorben sind, nie mehr klären.
Zusammenspiel aller
Vermutlich war es ein Zusammenspiel aller Protagonisten. Es gibt unterschiedliche Darstellungen. Selbst über den Ort der Übergabe gibt es verschiedene Angaben. Einige sprechen von der zerschossenen Bahnbrücke über die Hunte, andere vom Küstenkanal. Was feststeht: Die Kanadier
hatten zunächst Osternburg erreicht und ihre Geschütze auf die Stadt gerichtet. Die Oldenburger Zivilbevölkerung hatte seit drei Wochen die meiste Zeit in Bunkern und Kellern verbracht und harrte aus. Sie fürchtete einen Feuersturm, sollte die Stadt verteidigt werden. Von Ferne war der Geschützdonner von den heftigen Kämpfen in Friesoythe und Edewechterdamm zu hören, wo fanatische
Nazis mit Resten der Wehrmacht und dem Volkssturm den übermächtigen Alliierten noch Widerstand auf ihrem Vormarsch leisteten. Viele haben das mit dem Leben bezahlt, Friesoythe wurde dem Erdboden gleich gemacht.
Deutsche Truppen
In den Tagen vor dem Einmarsch der Kanadier in Oldenburg
drängten deutsche Truppen durch die Stadt. Zum Glück für Oldenburg wurde der Küstenkanal als Hauptkampflinie aufgegeben, die Wehrmacht zog sich Richtung Wilhelmshaven zurück. Es gibt heute noch lebende Zeugen, die das erlebten. Peter Brockmann (87) beispielsweise, der sich, es muss der 3. Mai 1945 gewesen sein, in Eversten auf sein Rad setzte, schon auf der Ofener Straße kanadischen
Soldaten begegnete und dann, als er die Nadorster Straße Richtung Wilhelmshaven befuhr, in Höhe Eßkamp/ Rennplatzstraße auf deutsche Soldaten stieß. Sie bildeten an einer Panzersperre die Nachhut. Brockmann, damals zwölf Jahre alt, hatte, ohne es zu wissen, die Frontlinie durchradelt, an der zu seinem und dem Glück der Stadt nicht gekämpft wurde.
Brücken gesprengt
Die Kanadier setzten an der Tage zuvor von der Wehrmacht gesprengten Amalienund Cäcilienbrücke über. Auch über die Zerstörung dieser Bauwerke gibt es verschiedene Versionen. Tatsache ist, dass die alliierten Pioniereinheiten keine Mühe hatten, den Kanal an diesen Stellen zu überbrücken. Auf ihrem Vormarsch war ihnen das auch schon am Rhein oder der Ems gelungen. Die Sprengung der beiden Brücken in Oldenburg muss aus heutiger Sicht, wie so vieles andere auch, als lächerlicher Versuch bezeichnet werden, sie aufzuhalten.
Die Befreier jedenfalls haben sich, wie die Zeitzeugen immer wieder bestätigten, ordentlich und freundlich benommen. Zwar kam es zu Plünderungen, doch ließ man die Zivilbevölkerung ansonsten in Ruhe. Die Kinder wurden mit Schokolade und Kaugummi beschenkt.
Schlimme Zeiten vorbei
Die schlimmen Zeiten waren für Oldenburg und ein paar Tage später am 8. Mai 1945 für ganz Deutschland vorbei, das Land von der Nazidiktatur befreit. Aus ehemaligen Feinden wurden rasch Freunde.
Dass das erhalten bleibt, ist der Auftrag für die nachfolgenden Generationen.