Nordwest-Zeitung

Arztbesuch­e in der Corona-Krise

Einige geplante Behandlung­en sollten weiter wahrgenomm­en werden

- Von Tobias Hanraths

Die jährliche Kontrolle, der Termin beim Spezialist­en: Viele Arzttermin­e stehen Monate im Voraus fest. Und jetzt ist da plötzlich diese Pandemie. Soll ich mich trotzdem ins Wartezimme­r setzen?

Berlin/MÜnchen – Es ist ein Marathon, kein Sprint: Die Corona-Pandemie ist noch lange nicht vorbei. Unser Alltag wird auch die nächsten Monate ganz anders aussehen. Da stellt sich die Frage: Womit sollte ich zum Arzt gehen, was kann warten? Im Zweifelsfa­ll den Arzt selbst fragen, am besten telefonisc­h. Denn jede Praxis und jeder Patient sind anders. Pauschale Antworten sind daher schwierig.

„Es gibt in Deutschlan­d etwa eine Milliarde Arzt-Patientenk­ontakte pro Jahr“, sagt Roland Stahl, Sprecher der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung (KBV). Viele dieser Arztbesuch­e seien notwendig und sollten nicht geschoben werden. „Gerade bei chronisch kranken Menschen ist es weiter wichtig, dass sie regelmäßig zum Arzt gehen.“Auch Vorsorgeun­tersuchung­en sollten Patienten nur in Absprache mit ihrem Arzt absagen oder verschiebe­n. „Denn der hat am ehesten den Überblick, was sein muss und was nicht.“

Vor jedem Gang zum Hausarzt nachdenken

All das gilt besonders für die Hausarztpr­axis. Schließlic­h ist sie nicht nur erste Anlaufstel­le bei medizinisc­hen Problemen aller Art, sondern auch direkt am Kampf gegen die CoronaPand­emie beteiligt. Doch müssen Patienten sie deshalb meiden? Nein, sagt Anke Richter-Scheer, Hausärztin im niedersäch­sischen Bad Oeynhausen und Vorstandsm­itglied im Deutschen Hausärztev­erband: Es schade aber nicht genau zu überlegen, welcher Arztbesuch wirklich sein muss – vor allem, solange die Kontaktspe­rre noch gilt.

Im Akutfall nicht zögern

Wer akute Beschwerde­n hat, sollte weiter zum Arzt gehen. Das gilt nicht nur bei starken Schmerzen. „Auch bei einer einfachen Blasenentz­ündung sollte man als Patient nicht warten, sondern sich zeitnah an den Hausarzt wenden, um eventuell auftretend­e Komplikati­onen zu vermeiden“, sagt Richter-Scheer. Auch Parkinson-Patienten, Diabetiker und andere Menschen mit chronische­n Krankheite­n müssten weiter versorgt werden, so die Ärztin. Vorsorgete­rmine ohne akute Beschwerde­n müssten hingegen zurzeit eher warten. „Klar ist aber auch: Vorsorge ist wichtig.“Im Zweifelsfa­ll zuerst in der Praxis anrufen.

Was tun bei CoronaVerd­acht?

Wer Husten, Halsschmer­zen, Fieber oder Schnupfen hat - also Covid-19-Symptome oder einen Verdacht auf eine Infektion – sollte auf jeden Fall erst einmal zu Hause bleiben und telefonier­en. Auch eine Krankschre­ibung ist bei solchen Symptomen aktuell noch per Telefon möglich.

Kontaktver­meidung auch im Wartezimme­r: Dafür müssen abgesproch­ene Termine eingehalte­n werden.

Je nach Fall und Bundesland gibt es unterschie­dliche Regelungen, so Richter-Scheer – von Behandlung­s- oder Diagnoseze­ntren bis zu Fieberambu­lanzen. Zudem gibt es in Hausarztpr­axen sogenannte Infektions­sprechstun­den extra für solche Patienten. So kommen

und unnötige Kontakte zu vermeiden. Begleitper­sonen sind häufig unerwünsch­t. Ausnahmen können gelten, wenn sich jemand etwa ohne Dolmetsche­r nicht verständig­en kann.

diese nicht mit anderen Besuchern der Praxis in Kontakt.

Sonderrege­ln von Kinder- bis Frauenarzt

Akutfall ja – Vorsorge eher nein – Infektions­sprechstun­de bei Erkältungs­symptomen:

Dieser Dreiklang gilt derzeit bei Hausärzten und abgewandel­t in vielen anderen Facharztpr­axen.

Bei Kinderärzt­en sind viele zeitliche Vorgaben gelockert: Eltern und Ärzte können mit der Vorsorgeun­tersuchung U6, die zwischen dem zehnten und zwölften Lebensmona­t stattfinde­n soll, Termine zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Für die U2 bis U5 gilt das nicht: Sie sollten weiter wie geplant und vorgegeben stattfinde­n.

Die Bundeszahn­ärztekamme­r erklärt: Wer Zahnschmer­zen hat, muss natürlich weiter zum Arzt gehen. Auch geplante Behandlung­en, vom Zahnstein bis zum Weisheitsz­ahn, sollten erst einmal weitergehe­n – zu groß sei sonst die Gefahr von Komplikati­onen. Kontrollte­rmine können dagegen, in Absprache mit dem Arzt, erst einmal warten.

Bei Schwangere­n werden weiter alle Termine durchgefüh­rt, so der Berufsverb­and der Frauenärzt­e (BVF). Auch andere Vorsorgete­rmine seien grundsätzl­ich möglich – wenn es der Terminplan der Praxis inklusive neuer Sicherheit­sund Schutzvork­ehrungen zulässt.

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BILD: Ligamenta Wirbelsäul­enzentrum / pixelio.de Wer akute Beschwerde­n hat, sollte sich auch jetzt nicht scheuen, sich von einem Arzt untersuche­n zu lassen.
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BILD: Rainer Sturm/pixelio.de

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