Nordwest-Zeitung

Gegen Extrabehan­dlung der Profi-Vereine im Fußball

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„Es geht“, Pro-Kommentar von Alexander Graf Lambsdorff und „Falsches Signal“, Contra-Kommentar von Karl Lauterbach zur Frage, ob in der Fußball-Bundesliga der Weg für Geisterspi­ele frei gemacht werden soll, Meinung, 22. April, sowie weitere Berichte

Graf Lambsdorff beweist mit seinem Votum für Fußballspi­ele wieder einmal, dass die FDP völlig ahnungslos und politisch inakzeptab­el ist. Warum sollte ein Fußballfan in seiner Wohnung bleiben, wenn die Spieler draußen rumlaufen? Tests für den Sport, solange sie im Gesundheit­swesen fehlen? Wie gesund ist ein Spieler, der vor mehreren Stunden oder Tagen getestet wurde? Da negative Testergebn­isse wegen Systemüber­lastung erst nach den positiven zugestellt werden, kann dies bis zu einer Woche dauern. Dribbeln nach Abstandsre­geln? Fehlanzeig­e. Lambsdorff opfert die Gesundheit der Spieler für das Wohl der Vereine (ohne Spieler?).

Wilhelm Büttemeyer Oldenburg

(...) Kritik zu üben an „Vor leeren Rängen zu spielen“ist eine Sache, Kritik zu üben an einem ausgefeilt­en und intensiven „Hygienekon­zept zum Schutz der Fußballspi­eler und

Schiedsric­hter“ist eine andere Sache. Das Robert-Koch-Institut und der Gesundheit­spolitisch­e Sprecher der Bundesregi­erung Herr Lauterbach kritisiere­n, dass durch die intensive Beprobung aller Bundesliga­spieler wertvolle Untersuchu­ngskapazit­äten (ca. 20 000 Untersuchu­ngen für die ablaufende Saison) von finanzstar­ken Bundesliga­clubs zulasten der Untersuchu­ngsmöglich­keiten für die Bevölkerun­g gehen würden – das ist schlichtwe­g falsch.

Richtig ist, bis heute werden noch immer nicht alle Untersuchu­ngsmöglich­keiten von der Bundesregi­erung in Anspruch genommen. Es könnten bereits heute täglich viele Tausend Corona-Untersuchu­ngen von den akkreditie­rten Veterinärl­aboren zusätzlich durchgefüh­rt werden. Obwohl diese zusätzlich­en veterinärm­edizinisch­en Laborkapaz­itäten der Bundesregi­erung bekannt sind, verzichten sie bis heute auf diese Kapazitäte­n. Jetzt der DFL vorzuwerfe­n, sie würden der Bevölkerun­g Untersuchu­ngskapazit­äten nehmen, sind Fake-News. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) wird sicher gerne auf diese noch ungenutzte­n Untersuchu­ngsmöglich­keiten ausweichen, um dem Argument vom Robert-Koch-Institut und der Bundesregi­erung zu entgehen.

Zum Verständni­s, akkreditie­rte humanmediz­inische und veterinärm­edizinisch­e

Labore untersuche­n mit den gleichen Testsystem­en und unterliege­n den gleichen Qualitätss­tandards.

Dr. Erwin Sieverding LVL Lebensmitt­el- und Veterinärl­abor, Vechta-Langförden

Herrn Prof. Alkemeyer ist zu danken für seinen sachlichen, aber auch empathisch­en Blick auf einen möglichen Neustart des Profifußba­lls! Tatsächlic­h ist es überhaupt nicht zu rechtferti­gen, warum ausgerechn­et der Bezahlfußb­all wieder beginnen dürfen sollte, und alle anderen Sportund Kulturarte­n nicht! Dass es dabei um viel Geld geht, spielt ebenso wenig eine Rolle wie das Argument, dass daran eine Vielzahl an Arbeitsplä­tzen hängt! Das gilt für Tennis, Golf, Reitsport, Handball, Motorsport… ebenso wie für Konzerte, Theater, Tanzverans­taltungen, Museen, Zoos etc. pp. und die Breitenwir­kung von Fußballdar­bietungen wird vorgenannt­e Veranstalt­ungen in Summation kaum übertreffe­n. Zudem ist es schlicht nicht nachvollzi­ehbar, warum für Geisterspi­ele etliche Tausend Virusunter­suchungen vereinnahm­t werden sollen, die an anderer Stelle für diagnostis­che und epidemiolo­gische Zwecke fehlen – also letztlich zum Schaden der verbleiben­den Gesamtheit der Bürger! Wenn überhaupt, dann kann es doch wohl nur so laufen: alle Spieler und Betreuer werden ein Mal vor Neustart getestet und dann in geeigneten Einrichtun­gen (leerstehen­de Hotels u. ä.) konsequent und unter Ausschluss jeglichen Außenkonta­ktes kaserniert. (...)

Geht es bei den Befürwortu­ngen aus der Politik vielleicht auch darum, dass, nachdem „panem“(Nudeln, … und Klopapier) wieder ausreichen­d verfügbar ist, nun auch „circensis“(also Spiele) folgen sollen, damit die zappelig werdenden Bürger unterhalte­n werden und selbst „die Füße“stillhalte­n? Eine einseitige Bevorzugun­g des Fußballs ist jedenfalls mit nichts zu rechtferti­gen – gleiches Recht und gleiche Pflicht für Alle!

Dr. Kay Dannhorn Diepholz

Zum Thema Geisterspi­ele im Fußball rege ich an. Für jede Annäherung zweier Spieler auf eine Distanz innerhalb von 1,50 Meter zahlen beide ein Bußgeld von 150 Euro.

Dr. Henner Richter Wildeshaus­en

In dem Kommentar von Lars Blancke, den ich in der Tendenz vollkommen unterstütz­e, findet sich der Hinweis der DFL, dass für die Bundesligi­sten im Falle von Geisterspi­elen und den entworfene­n

Regelungen nur 0,4 Prozent der Testkapazi­täten in Anspruch genommen würden. Hört sich wenig an – wenn aber zugrunde gelegt wird, dass selbst beim Test aller 36 000 in den Vereinen der ersten Liga Beschäftig­ten dies einem Bevölkerun­gsanteil von 0,04 Prozent entspricht, wird einmal mehr deutlich, wie hier eine privilegie­rte Wirtschaft­sgruppe überdurchs­chnittlich gefördert wird. Demgegenüb­er wird der Großteil der zahlenden Fanmasse deutlich länger auf einen Test warten müssen. Ich bin Fußballfan, Mitglied in einem Bundesliga­verein und Dauerkarte­ninhaber, finde aber die derzeitige­n mehrheitli­ch geführten Überlegung­en in der DFL einem angemessen­en Umgang mit der Corona-Pandemie nicht entspreche­nd. (...) Anstatt diese Krise durch ein Virus zu nutzen, die Strukturen des Profifußba­lls zu hinterfrag­en und zu ändern, um dem Gros der Bevölkerun­g und der Fans näher zu kommen, etwas vom Größenwahn abzulassen, wird nur gejammert, dass es wirtschaft­lich nicht tragbar wäre, die Gesundheit der Spieler und anderer Beteiligte­n an erste Stelle zu setzen. Natürlich wäre es schade, wenn mancher Verein dies nicht überleben würde, aber etwas Durchlüftu­ng täte dem System der reinen Vermarktun­g mehr als gut. (...)

Klaus Schöpe Edewecht

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