Nordwest-Zeitung

Angespuckt wegen des Kennzeiche­ns

Attacke auf Parkplatz vor Burhaver Supermarkt – Polizei wertet Tat als Körperverl­etzung

- VON DETLEF GLÜCKSELIG

Melanie Büsing war einkaufen. Als sie zu ihrem Auto zurückkehr­te, kam es zu dem Vorfall, der eine Welle der Empörung ausgelöst hat.

BURHAVE – Melanie Büsing war viel zu perplex, als dass sie reagieren oder sich das Gesicht des Täters hätte merken können. „Mittelgroß, vielleicht Ende 50.“So beschreibt die Butjadinge­rin den Mann, der sie am Samstag auf dem Parkplatz des Edeka-Marktes in Burhave anzuspucke­n versucht hat. Der einzige Grund für die offensicht­lich im Zusammenha­ng mit der Corona-Pandemie stehende Attacke: Melanie Büsing, die seit fünf Jahren in Burhave wohnt, war mit einem Auto mit auswärtige­m Kennzeiche­n unterwegs.

Wenn sie zum Einkaufen fährt, nutzt die 39-Jährige gerne den silbergrau­en BMW ihres Lebensgefä­hrten, der aus Schwerin stammt. Der Wagen ist in der Wesermarsc­h zugelassen. Aus rein nostalgisc­hen Gründen hat der Lebensgefä­hrte aber sein altes Kennzeiche­n mit der für Schwerin stehenden Kennung SN behalten; das ist seit 2015 erlaubt.

Am Samstag hatte Melanie Büsing den Wagen auf dem Edeka-Parkplatz abgestellt. Als sie vom Einkaufen zurückgeko­mmen sei, habe sie bereits aus der Entfernung gesehen, dass ein Mann bei ihrem Auto stand und dieses beäugte, berichtet die Burhaverin. Als sie zu ihrem Wagen kam, habe der Mann sie gefragt: „Schämen Sie sich nicht, hier einzukaufe­n?“Dann habe er sie angespuckt und sei weggegange­n, so Melanie Büsing, die nur durch einen Sprung zur Seite von dem Speichel nichts

abbekommen hat.

In den Sozialen Netzwerken hat der Vorfall umgehend eine Welle der Empörung hervorgeru­fen. „Ich bin total fassungslo­s“, schreibt eine Nutzerin, „unfassbar und beschämend“, findet eine andere. „Das ist kriminell“, vermutet eine dritte Frau – und liegt damit keineswegs falsch.

Wie Lorena Lemke, Pressespre­cherin der Polizeiins­pektion Delmenhors­t/OldenburgL­and/Wesermarsc­h, auf ÐNa■hfrage bestätigt, erfüllt das Anspucken eines Menschen

den Straftatbe­stand der Beleidigun­g oder sogar der Körperverl­etzung. In Corona-Zeiten würde die Polizei bei einem Vorfall wie jetzt in Butjadinge­n auf jeden Fall eine Anzeige wegen versuchter Körperverl­etzung schreiben, betont Lorena Lemke.

Melanie Büsing, die als Altenpfleg­erin im Seniorenhe­im Haus Ruhwarden arbeitet und tagtäglich penibel auf die Einhaltung aller Corona-Sicherheit­sbestimmun­gen achtet, kennt den Täter nicht. Sie kann den Mann nicht näher

beschreibe­n, hat auch nicht vor, ihn anzuzeigen. Doch die Spuck-Attacke macht sie nachdenkli­ch – nicht nur, weil sie selbst die Betroffene ist. Melanie Büsing denkt an die Besitzer von Zweitwohnu­ngen, die im Zuge der ersten Lockerunge­n der Corona-Bestimmung­en ihre Ferienhäus­er und -wohnungen wieder aufsuchen und in Kürze sogar wieder an Gäste vermieten dürfen. „Wie soll das werden? Beginnt jetzt eine Hexenjagd in Butjadinge­n?“, fragt sich Melanie Büsing.

Polizeispr­echerin Lorena Lemke hofft sehr, dass das nicht passiert. Zu einer SpuckAttac­ke wie jetzt in Butjadinge­n sei es während der Corona-Krise im gesamten Einzugsber­eich der Inspektion noch nicht gekommen, sagt sie. Ihr sei nur ein einziger vergleichb­arer, allerdings noch drastische­rer Fall bekannt, so die Sprecherin. Dabei hatte vor einigen Wochen in Delmenhors­t ein Mann einer Frau ins Gesicht getreten, weil diese an einer Bushaltest­elle gehustet hatte.

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BILD: DETLEF GLÜCKSELIG Mit diesem Wagen mit Schweriner Kennzeiche­n war Melanie Büsing unterwegs. Er gehört ihrem Lebensgefä­hrten, der seit einem Jahr in Butjadinge­n wohnt.

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