Rettungsanker für angeschlagene Betriebe
Neue Möglichkeit einer vorinsolvenzlichen Sanierung
Schon vor der CoronaKrise hatte die Konjunktur in Deutschland – nach zehn Jahren des Aufschwungs – zu schwächeln begonnen. Insbesondere in den Bereichen Automotive und Logistik waren bereits deutliche Zeichen einer beginnenden Rezession erkennbar. Dies hat sich nun durch die Auswirkungen der Corona-Krise erheblich verschärft. Viele andere Branchen sind ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen.
Auch wenn die Insolvenzantragspflicht – unter bestimmten Voraussetzungen – derzeit bis Ende September 2020 ausgesetzt ist, wird sich für viele Unternehmen in Bälde die Frage stellen, ob Insolvenz zu beantragen ist. Leider bedeutet Insolvenz immer noch häufig das endgültige Aus für ein Unternehmen. Dabei betont die seit 1999 geltende Insolvenzordnung gerade den Sanierungsgedanken und möchte die insolvenzrechtlichen Möglichkeiten auch als Sanierungsinstrumentarium verstanden wissen.
Neue EU-Richtline zum Präventiven Restrukturierungsrahmen
Vor diesem Hintergrund wurde mit der EU-Richtlinie 2019/1023 vom 20. Juni 2019 („Richtlinie über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren …“) eine neue Möglichkeit der vorinsolvenzlichen Sanierung geschaffen, die unter dem Oberbegriff „Präventiver Restrukturierungsrahmen“spätestens bis 17. Juli 2021 in nationales Recht umzusetzen ist. Demnach sollen Unternehmen, die sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden und denen die Insolvenz droht, in die Lage versetzt werden, eine Insolvenz abzuwenden und die Bestandsfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen.
Die Voraussetzungen für den Einstieg in ein Verfahren gemäß den Regelungen zum Präventiven Restrukturierungsrahmen sind:
– Antrag des betroffenen Unternehmens – Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz
– (grobe) Bestandsfähigkeitsprüfung.
Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, können die Instrumente des Präventiven Restrukturierungsrahmens genutzt werden. Dies sind das sogenannte Moratorium und der Restrukturierungsplan.
Was ist ein Moratorium?
Das Moratorium bewirkt die Aussetzung von Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen. Es kann einzelne oder sämtliche, gesicherte oder ungesicherte Forderungen betreffen, jedoch grundsätzlich keine Arbeitnehmerforderungen. Die Regeldauer des Moratoriums beträgt vier Monate, es kann aber unter bestimmten Voraussetzungen auf bis zu zwölf Monate verlängert werden. Während der Dauer des Moratoriums sind die Insolvenzantragspflichten ausgesetzt. Gemäß der Richtlinie gilt dies ebenfalls für die Insolvenzantragsrechte der Gläubiger – das kann allerdings vom nationalen Gesetzgeber anders geregelt werden. Interessant ist es, dass Gläubigern während eines Moratoriums kein Recht zusteht, Leistungen zu verweigern oder sich von bestehenden Verträgen zu lösen.
Das Moratorium kann aufgehoben werden, unter anderem wenn es nicht länger zweckmäßig ist. Das wäre dann der Fall, wenn es sich zum Beispiel abzeichnet, dass die Sanierung des Unternehmens nicht erfolgreich sein wird. Möglich ist auch, dass das betroffene Unternehmen oder der Restrukturierungsbeauftragte eine Aufhebung beantragt. Der nationale Gesetzgeber kann zudem regeln, dass das Moratorium aufzuheben ist, wenn es zur Insolvenz eines Gläubigers führt beziehungsweise führen würde.
Was muss in den Restrukturierungsplan?
Um unter dem Schutz des Moratoriums eine nachhaltige Sanierung/Restrukturierung des betroffenen Unternehmens zu erreichen, ist ein Restrukturierungsplan
Dr. Bernhard Becker
Partner und Gesellschafter der comes Unternehmensberatung
zu erstellen, in dem die jeweiligen Maßnahmen und ihre Laufzeit zu bezeichnen sind.
Zudem muss der Restrukturierungsplan Folgendes enthalten:
– Aufstellung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Unternehmens einschließlich deren Bewertung – Beschreibung der wirtschaftlichen Situation sowie der
Dr. Christoph Bode
Rechtsanwalt, Sanierungsexperte und Insolvenzanwalt
Ursachen und des Umfangs der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens – Darstellung der Position der Arbeitnehmer
– Begründung, warum die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens mit dem Restrukturierungsplan beseitigt werden (Insolvenzvermeidung und Bestandsfähigkeit)