Nordwest-Zeitung

Das sind wichtige Faktoren für weitere Lockerunge­n

Von der Reprodukti­onszahl über die Wirtschaft­slage bis hin zu den Intensivbe­tten

- VON SIMONE HUMML, ANDREAS HOENIG UND SASCHA MEYER

BERLIN – An diesem Mittwoch wollen Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpr­äsidenten der Bundesländ­er über weitere Lockerunge­n der Corona-Beschränku­ngen in Deutschlan­d beraten. Welche Faktoren in die Entscheidu­ng einfließen könnten:

■ REPRODUKTI­ONSZAHL

Sie gibt an, wie viele Menschen ein Infizierte­r ansteckt. Für Anfang März schätzte das Robert Koch-Institut (RKI) diese Kennziffer auf rund 3: Ein Infizierte­r steckte etwa drei weitere Menschen an. In der zweiten Aprilhälft­e lag sie zunächst im Bereich 0,7 bis 1, in den vergangene­n Tagen zwischen 0,7 und 0,8. Das heißt, ein Mensch steckt weniger als einen anderen an. Bei dem Wert gibt es laut Robert KochInstit­ut allerdings große regionale Unterschie­de. Die Reprodukti­onszahl muss unter 1 liegen, um die Epidemie abflauen zu lassen. Daneben ist die Zahl der Neuinfekti­onen bedeutend.

■ NEUINFEKTI­ONEN

Ob die Gesundheit­sämter es schaffen, möglichst alle Kontaktper­sonen von registrier­ten Infizierte­n ausfindig zu machen, hängt auch von der Zahl der Neuinfekti­onen ab. Sie ist drastisch gesunken. Waren es an einigen Tagen Anfang April noch rund 6000 gemeldete Infizierte, so wurden dem RKI in den vergangene­n Tagen nur rund 700 bis 1600 neue Coronaviru­s-Fälle pro Tag gemeldet. Die Zahl unterliegt aber starken Schwankung­en, weil es am Wochenende der Regel einen Meldeverzu­g gibt. Zudem gibt es eine hohe Dunkelziff­er.

■ ANZAHL DER TESTS

Rund 2,4 Millionen Corona-Labortests wurden nach Angaben des Robert Koch-Instituts in Deutschlan­d bis einschließ­lich vorletzter Woche gemacht. Circa 7,2 Prozent waren demnach positiv. Mit Stand vergangene­r Woche liegen die Laborkapaz­itäten bei rund 142 000 pro Tag, heißt es unter Berufung auf Daten von 133 Laboren. Dem RKI zufolge werden Anstrengun­gen unternomme­n, um die Testkapazi­täten weiter zu erhöhen.

■ TODESFÄLLE

Die Zahl der täglich gemeldeten Todesfälle ist weiterhin hoch. Sie liege zwischen 40 und 200, teilte das Robert Koch-Institut am Dienstag mit. Der Anteil der Verstorben­en unter den bestätigte­n Fällen sei in den vergangene­n Wochen kontinuier­lich gestiegen, auf nun 4,2 Prozent.

■ WIRTSCHAFT­SKRAFT

Infolge der Corona-Krise steht Deutschlan­d vor der bisher schwersten Rezession der Nachkriegs­geschichte. Die Bundesregi­erung rechnet damit, dass das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) im zweiten Quartal um elf Prozent zurückgeht, im Gesamtjahr um 6,3 Prozent. Im nächsten Jahr geht es laut Frühjahrsp­rojektion zwar wieder bergauf, doch erst 2022 dürfte die Wirtschaft­skraft wieder das Niveau von vor der Corona-Krise erreicht haben.

■ KAPAZITÄTE­N IN KLINIKEN

Abgeschätz­t werden muss, ob für alle schwer erkrankten Coin rona-Patienten Kapazitäte­n in den Intensivst­ationen der Kliniken verfügbar sind – darin fließt auch ein, wie lange Patienten künstlich beatmet werden müssen. Laut einem verpflicht­enden Register waren mit Stand Dienstagfr­üh mehr als 12 816 Intensivbe­tten frei.

■ ARBEITSMAR­KT

Die Rezession hat auch Folgen für den Arbeitsmar­kt, die Bundesregi­erung rechnet mit einer steigenden Arbeitslos­igkeit. Die weltweite Corona-Krise mit unterbroch­enen Lieferkett­en belastet vor allem den deutschen Export, aber auch der private Konsum bricht durch die Pandemie ein. Die Unternehme­n investiere­n deutlich weniger, auch die zuletzt boomende Nachfrage nach Bauinvesti­tionen geht zurück.

Volker Bouffier, Gesundheit­sminister Jens Spahn (beide CDU) und Hessens Sozialmini­ster Kai Klose (Grüne) trotz der Corona-Abstandsre­geln zusammen mit weiteren Personen eng beieinande­rstehend in einem Aufzug des Uni-Klinikums in Gießen zeigt. Daraufhin gingen mehrere Anzeigen ein. Die Politiker hatten an dem Tag das Krankenhau­s besucht und mit Mitarbeite­rn gesprochen.

In Jerusalem

dürfen Gläubige angesichts einer Entspannun­g in der Corona-Krise wieder an der für Juden heiligen Klagemauer in der dortigen Altstadt beten. Bis zu 300 Gläubige könnten gleichzeit­ig an die heilige Stätte kommen.

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