Nordwest-Zeitung

Das Kochen ist kurzfristi­g die nahrhafter­e Kunst

„Gezeitenko­nzerte“und „Musiksomme­r“in Ostfriesla­nd abgesagt – Planung mit Alternativ­en

- VON HORST HOLLMANN

AURICH/HAMBURG – Vor dem Gespräch muss Matthias Kirschnere­it erst einmal die Pfanne vom Herd nehmen. „Ich bin derzeit als Küchenchef sehr gefragt“, sagt der Künstleris­che Leiter der ostfriesis­chen Gezeitenko­nzerte. Vorgestern hat er zu Hause in Hamburg Italienisc­hes serviert, gestern gab es Gutbürgerl­iches. Und kocht er nur annähernd so gut wie er Klavier spielt, dann ist ein Festessen nach dem anderen angesagt.

Für die Musik hingegen ist derzeit erst einmal der Ofen aus. Beide Musikfesti­vals in Ostfriesla­nd sind abgesagt: die

Gezeitenko­nzerte, geplant vom 7. Juni bis 9. August, der Musikalisc­he Sommer, terminiert vom 26. Juni bis 9. August.

„Wir hatten echt mit Enthusiasm­us an unserer 36. Auflage mit dem Titel „#sommerfüra­lle“gewerkelt“, sagt Musiksomme­r-Leiter Iwan König. Mögen beide Festivals auch in steter Konkurrenz miteinande­r stehen, in diesem Sommer sind sich beide Chefs mal einig: „Es ist uns sehr wichtig, niemanden in Gefahr zu bringen.“

Im Prinzip schwebt König und Festival-Managerin Julia Müller vor, mit dem für diesen Sommer arrangiert­en Programm so vollständi­g wie möglich ins kommende Jahr zu wechseln. „Wir haben uns schon auf den Zeitraum vom 25. Juni bis 8. August 2021 festgelegt“, so Müller. Das ist eine klare Ansage. Eine Übernahme

Eins zu Eins für 2021 plant Kirschnere­it hingegen nicht: „25 Prozent werden wohl anders konzipiert­e Konzerte sein.“

Erst einmal verfolgt er noch für diesen Sommer seine These, nach der das Live-Erlebnis das durchschla­gendste Argument fürs Musikerleb­en ist. Folglich liebäugelt er mit einer Light-Version 2020, sozusagen Gezeitenko­nzerte extra. „Acht bis zwölf Konzerte sollten es sein, mit neuem Programm“, so träumt er. „Ich frage mal den Geiger Christian Tetzlaff, den Cellisten Julian Steckel, mich selbst und andere, ob sie mitmachen. Vielleicht konzentrie­rt auf drei Spielstätt­en, wo die Vorschrift­en eingehalte­n werden können.“

Im Kopf schieben sich die Grenzen weit hinaus: Musik per Kopfhörer zu Spaziergän­gern im Park zu übertragen. Den Auftritt von Mimi und Josy in Aurich am 26. Juni live zu streamen. Vom Rundfunk übernommen­e „Geisterkon­zerte“wären auch ein Thema. Man müsse abwarten, was demnächst erlaubt werde.

Wovon kann man denn derzeit besser leben, vom Kochen oder von der Kultur? Auch ohne Blickkonta­kt spürt man beim Gesprächsp­artner ein verschmitz­tes Lächeln: „Kommerziel­l von beidem nicht.“Doch dagegen setzt er gleich sein Credo: „Aber beides ist absolut lebensnotw­endig!“

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BILD: NEDA NAVAEE Blick auf 2021: Matthias Kirschnere­it

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