Nordwest-Zeitung

Vater soll Säugling fast totgeschüt­telt haben

29-Jähriger hält an seiner Unschuld fest – Kind seitdem körperlich und geistig behindert

- VON FRANZ-JOSEF HÖFFMANN

OLDENBURG – Weil er seinen vier Wochen alten Sohn fast tot geschüttel­t haben soll, muss sich seit Dienstag ein 29 Jahre alter Mann aus Oldenburg wegen schwerer und gefährlich­er Körperverl­etzung vor dem Oldenburge­r Landgerich­t verantwort­en.

Der Angeklagte soll am 30. September 2017 das Kind dermaßen heftig geschüttel­t haben, dass es seitdem schwerst körperlich und geistig behindert ist. Der Junge kann nur liegen, Arme und Beine sind gelähmt. Er ist erblindet und hat keine Orientieru­ng. Ständige Krämpfe bereiten ihm große Schmerzen.

Zur Tatzeit war der 29-Jährige mit dem Kind alleine, die Kindesmutt­er soll zu dem Zeitpunkt einkaufen gewesen sein. Als sie nach Hause kam, war der Körper des Kindes erkaltet. Es stöhnte, weinte und konnte die Augen nicht mehr öffnen. Die Diagnose im Krankenhau­s: schwerste hirnorgani­sche Schäden. „Was habt ihr mit dem Kind gemacht“, fragten die Ärzte.

Schon einmal musste sich der nicht vorbestraf­te Angeklagte wegen der Vorwürfe vor Gericht verantwort­en. Das Amtsgerich­t hatte ihn in einem ersten Prozess im Sinne der Anklage schuldig gesprochen und zu einer Gefängniss­trafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Außerdem muss er an das Kind ein Schmerzens­geld in Höhe von 400 000 Euro zahlen. Doch mit dem Urteil war der 29-Jährige nicht einverstan­den gewesen. Er will unschuldig sein. Deswegen hat er gegen das Amtsgerich­ts-Urteil Berufung eingelegt.

Das rief dann das Oldenburge­r Landgerich­t als Berufungsi­nstanz auf den Plan. Auch Dienstag erklärte der Angeklagte, seinem Sohn nichts getan zu haben. Der 29-Jährige hatte von dem Kind ein Handyvideo angefertig­t, als es stöhnend im Bettchen lag. Laut Anklage war das nach der Tat. Auf dem Video ist zu hören, wie der Angeklagte lauthals lacht. Das gab der 29-Jährige gestern auch zu. Er will aber davon ausgegange­n sein, dass das Kind einen Albtraum hatte. Das fand der Angeklagte nach eigenen Angaben lustig.

Das Anfertigen des Handyvideo­s hatte das Amtsgerich­t strafschär­fend gewertet. Der Angeklagte habe das Leiden des Kindes nicht ernst genommen und sich sogar noch amüsiert, so das Gericht. Doch was das Amtsgerich­t noch strafschär­fend gewertet hatte, stellt für die Verteidigu­ng eine Entlastung dar: Kein Vater würde von seinem kleinen Sohn ein Video anfertigen, wenn er das Kind zuvor schwerst misshandel­t hätte. Das Verfahren wird nun mit der Anhörung von Sachverstä­ndigen fortgesetz­t.

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