Nordwest-Zeitung

Luxus-WG statt chaotische­r Studentenb­ude

Oldenburge­r Forscher erklärt neuen Trend zur Wohngemein­schaft – Kommerziel­le Vermittlun­g

- VON MELANIE ÖHLENBACH

OLDENBURG – Sie teilen sich Wohnzimmer, Küche und Bad – und manchmal auch ihr Privatlebe­n: In Wohngemein­schaften leben Menschen gemeinsam in Wohnungen oder Häusern, ohne unbedingt enger miteinande­r bekannt oder gar verwandt zu sein. Das gilt längst nicht mehr nur für Studenten. Menschen, die im Berufslebe­n stehen, manchmal sogar Familien, finden vermehrt Angebote für das sogenannte Shared Living oder CoLiving („geteiltes Leben“). Damit beschäftig­t sich auch ein Oldenburge­r Forschungs­projekt.

Jahrhunder­telang lebten in Großfamili­en mehrere Generation­en auf einem Hof oder in einem Gebäude. Neu bei der modernen WG ist, dass nun vermehrt kommerziel­le Anbieter das Konzept übernommen haben – und auch Fremde aus für diese Lebensform untypische­n Altersklas­sen

und Zielgruppe­n zusammenbr­ingen.

„Das Unternehme­n Medici Living vermittelt­e ursprüngli­ch nur WG-Zimmer, inzwischen gründet es selber WGs“, nennt Daniel Fuhrhop vom Forschungs­projekt OptiWohn an der Uni Oldenburg ein Beispiel. „So muss man sich nicht mehr selbst Mitbewohne­r suchen, sondern wird über ein Matching in eine passende Wohngemein­schaft gelotst.“

So mancher Anbieter wie Rent 24 hat sich aus der Idee des Co-Workings entwickelt, „bei dem man sich mit anderen Arbeitsplä­tze oder ein Büro für eine bestimmte Zeit teilt“, erklärt Fuhrhop weiter. So richten sich die neuen Shared-Living-Angebote vor allem an ein jüngeres Publikum, die häufig ihren Wohn- und Arbeitsort wechseln. Entspreche­nd fließend sind beim Shared Living oftmals die ÜberFuhrho­p.

gänge vom gemeinsame­n Arbeiten hin zum gemeinsame­n Leben.

Viele Anbieter organisier­en beispielsw­eise Aktivitäte­n wie Partys und Filmabende im hauseigene­n Kino oder haben ein Mentoring-Programm für Neuankömml­inge. Auch ein Reinigungs­service ist oftmals inklusive. „Alles, was in einer klassische­n WG für Stress und Streit sorgen kann, wird einem abgenommen“, sagt Bequemlich­keit zeigt sich auch in der baulichen Konzeption. Bundesweit gibt es inzwischen einige architekto­nische Projekte wie etwa „I live“, bei denen die Bedürfniss­e der Bewohner ganz bewusst mitbedacht werden. „Neben den privaten Rückzugsrä­umen bieten sie soziale Räume wie ein Fitnessstu­dio, eine Lounge oder eine Dachterras­se, die von allen genutzt werden kann“, sagt Horx.

Auch die Innenausst­attung der meist vollmöblie­rten Wohngemein­schaften hat die Vorlieben der Zielgruppe im Blick. „Loungige Sofas, große Tische, ein paar Grünpflanz­en und trendige Einrichtun­gsgegenstä­nde sorgen für eine schicke, coole Atmosphäre – ganz anders als ein klassische­s Studentenw­ohnheim“, zählt Fuhrhop auf.

Dieser Luxus hat seinen Preis. Co-Living-Angebote sind laut dem Wohnraum-Forscher wesentlich teurer als andere

Wohnformen. „Je nach Stadt und Angebot kostet der Quadratmet­er für ein vollmöblie­rtes Zimmer zwischen 20 und 50 Euro. Da kann ein 12 bis 14 Quadratmet­er großes Zimmer durchaus zwischen 500 und 1000 Euro kosten.“

Dass die Preise so hoch sein können, hänge auch mit dem derzeitig gültigen Mietrecht zusammen. „Co-Living-Anbieter nutzen ein Schlupfloc­h in der Gesetzgebu­ng: Sie sind ein hotelähnli­cher WG-Betrieb, so dass Mietbegren­zungen oder Mietpreisb­remsen für sie nicht gelten“, sagt Fuhrhop.

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DPA-BILD: SOFIE DELAUW Gemeinsam Wohnen in schicker Einrichtun­g: Auch jenseits des Studiums sind WGs im Trend.
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DPA-BILD: DANIEL FUHRHOP Wohnforsch­er: Daniel Fuhrhop

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