ZUR PERSON
Der frühere VfB-Oldenburg-Stürmer Addy-Waku Menga vom BSV Rehden (links, hier im Regionalligaspiel am 7. März gegen Dominik Becker von Werder Bremen II) engagiert sich in der Spielergewerkschaft VDV.
Das ist ein harter Einschnitt.
Hat die VDV in der Corona-Krise konkrete Forderungen an die Clubs? Baranowsky: Wir müssen den Fußball robuster und krisenfester aufstellen. Unabhängig von der Pandemie haben wir in der laufenden Spielzeit bereits vier Insolvenzverfahren begleitet. In Wattenscheid und Erfurt musste dabei sogar der Spielbetrieb eingestellt werden. Viele Clubs verfügen über zu geringes Eigenkapital und nähen die Budgets auf Kante. Somit brauchen wir eine strengere Lizenzierung und bessere Sicherungsinstrumente. Wir brauchen ebenso belastbare Sozialpartnerschaften und Tarifverträge.
Die Corona-Krise bedroht auch viele Vereine in ihrer Existenz. Da ist doch ein Gehaltsverzicht vonseiten der Spieler notwendig, oder? Baranowsky: Viele Spieler haben zugunsten der Clubs auf Geld verzichtet. Prominente Spitzenspieler haben zudem
Solidaritätszahlungen an Bedürftige angekündigt. Selbst gering verdienende Spieler aus den Regionalligen haben in Kurzarbeitsmodelle eingewilligt und Opfer gebracht. Entscheidend war es für uns, dass möglichst faire Lösungen getroffen und Lasten gerecht verteilt wurden. So gab und gibt es Clubs in der 3. Liga und in den Regionalligen, die das Kurzarbeitergeld aufstocken. Es gibt aber auch Clubs, die den Spielern mit Kündigung für den Fall gedroht haben, dass sie nicht in die Kurzarbeit einwilligen. Da befristete Arbeitsverträge aber grundsätzlich nicht ordentlich kündbar sind, kann allein eine solche Drohung eine Nötigung darstellen und somit strafrechtlich für die Clubverantwortlichen relevant sein. Zudem haben wir von Fällen erfahren, bei denen Clubs die Spieler in Kurzarbeit-Null geschickt haben und ihnen gleichzeitig Trainingspläne mitgegeben haben. Kurzarbeit-Null kommt aber einer Betriebsschließung gleich und bedeutet, dass die Betroffenen
überhaupt nicht arbeiten dürfen und somit nicht unter berufsgenossenschaftlichem Schutz stehen. Auch Sozialbetrug ist kein Kavaliersdelikt und kann für den Club und die Verantwortlichen erhebliche Folgen haben. Denn es darf nicht sein, dass einzelne Clubs die Personalkosten auf die Arbeitsagenturen abwälzen und die Spieler zeitgleich individuell trainieren lassen.
Sie haben bereits die mögliche Einführung eines Tarifvertrages für Fußballer angesprochen. Was würde ein solcher Vertrag regeln? Baranowsky: In einem aktuellen Rundschreiben zur Covid19-Pandemie fordert selbst die Fifa den Abschluss von Tarifverträgen auf nationaler Ebene. Denn nur so lässt sich in zahlreichen Fragen Rechtssicherheit herstellen. Dies gilt insbesondere für die Vertragsstabilität. Es können zudem beispielsweise auch Fragen zur Zulässigkeit von Befristungen oder zur Kurzarbeit geklärt werden. Auch SalaryCaps – also Gehaltsobergrenzen
Ulf Baranowsky
(45) ist Geschäftsführer der Spielergewerkschaft VDV. Diese hat laut eigenen Angaben rund 1400 Mitglieder und berät diese unter anderem in den Bereichen Vorsorge, Absicherung, Arbeitsrecht und Berufsplanung. Jeden Sommer organisiert die VDV, die ihren Sitz in Duisburg hat, zudem ein Trainingscamp für arbeitslose Fußballprofis. Dort können sich diese im Training und in Testspielen für neue Clubs empfehlen.
– ließen sich rechtssicher nur mit Tarifverträgen regeln.
Würde ein Tarifvertrag auch Gehälter konkret festlegen? Würde dann ein Spieler in der Regionalliga überall das Gleiche verdienen – egal, ob er bei einem Verein in der Nord- oder in der Südwest-Staffel spielt? Baranowsky: Wir müssen unterscheiden zwischen einem Manteltarifvertrag und einem Gehaltstarifvertrag. Eine Einteilung einzelner Spieler in klar definierte Gehaltsgruppen ist natürlich nicht beabsichtigt. Eine solche Einteilung würde auch dem Leistungsprinzip widersprechen. Denkbar wären allerdings Mindestvergütungen in einzelnen Spielklassen. Somit könnte beispielsweise erreicht werden, dass ein junger Regionalligaspieler ein auskömmliches Gehalt beziehen kann, das oberhalb des gesetzlichen Mindestlohns liegt. Derzeit haben aber viele Clubverantwortliche noch nicht den Mehrwert von tarifvertraglichen Lösungen erkannt. Daran gilt es, weiter zu arbeiten.