Nordwest-Zeitung

Land erlaubt mehr Kontakte

Diese Regelungen gelten jetzt in Niedersach­sen

- VON STEFAN IDEL, BÜRO HANNOVER

HANNOVER – Niedersach­sen wird seinen „Fünf-StufenPlan“zu schrittwei­sen Lockerunge­n in der Corona-Krise bis auf wenige Punkte umsetzen. Das kündigte Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) am Mittwoch nach der Videoschal­te mit Kanzlerin Angela Merkel und den Ministerpr­äsidenten an. Der „Niedersach­sen-Plan“sei im Land auf große Zustimmung gestoßen und stehe weitgehend in Übereinsti­mmung mit den Konzepten der anderen Bundesländ­er.

Gelockert werden die Kontaktbes­chränkunge­n:

In Niedersach­sen dürfen sich von Montag an wieder Angehörige von zwei Haushalten treffen. So sei es beispielsw­eise möglich, dass sich zwei Paare wieder in einem Restaurant verabreden könnten. Eine Obergrenze, wie viele Menschen zu einem Haushalt gehören, sei noch nicht festgelegt, so Weil.

Neu ist auch, dass die Besuchsbes­chränkunge­n in Kliniken, Pflegeheim­en und Behinderte­neinrichtu­ngen gelockert werden sollen. Jedem Patienten oder Bewohner soll ein wiederkehr­ender Besuch durch eine festgelegt­e Person, etwa die Tochter oder der

Sohn, ermöglicht werden. Die Lockerung in den Heimen solle schnell vollzogen werden.

Angesichts der regional unterschie­dlich hohen Infektions­zahlen soll künftig stärker vor Ort über notwendige Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie entschiede­n werden. Weil hob die Sondersitu­ation an der Küste und den Inseln hervor. Dort könnten die Landräte passgenau reagieren. Die Oldenburgi­sche Industrie- und Handelskam­mer (IHK) befürworte­te die Ergebnisse der Bund-Länder-Gespräche.

Das Stück könnte aus der Feder William Shakespear­es stammen. Es hat alles, was ein Drama braucht. Intrige, Verrat und Machtgier. Es spielt jedoch nicht auf den Brettern, die die Welt bedeuten, sondern auf der politische­n Bühne und könnte zu einer Zerreißpro­be der SPDBundest­agsfraktio­n führen.

Der Rückzug des SPD-Chefhaushä­lters Johannes Kahrs nach 21 Jahren und der Streit um das Amt des Wehrbeauft­ragten sorgt bei den Genossen für neue Turbulenze­n. Kabale und Hiebe bei der SPD – war es zuletzt für sozialdemo­kratische Verhältnis­se ungewöhnli­ch ruhig, folgt jetzt der Paukenschl­ag. Nach dem unfreiwill­igen Rückzug der früheren Partei- und Fraktionsc­hefin Andrea Nahles und dem Wechsel an der Spitze gibt es neue Personalqu­erelen.

Am Dienstag hatte Kahrs überrasche­nd hingeworfe­n, aus Enttäuschu­ng darüber, dass nicht er, sondern die SPDAbgeord­nete Eva Högl neue Wehrbeauft­ragte werden soll, und alle Ämter sowie auch sein Bundestags­mandat niedergele­gt, sogar seinen Twitter-Account gelöscht. Högl gilt wahrlich nicht als Bundeswehr­oder Sicherheit­sexpertin. Kahrs will nun einen Neuanfang jenseits der Politik wabenspart­ner gen. Als haushaltsp­olitischer Sprecher und Chef des konservati­ven Seeheimer Kreises der SPD gehörte er zu den einflussre­ichsten Parlamenta­riern.

Der mächtige Strippenzi­eher aus Hamburg hatte sich im vergangene­n Jahr für Bundesfina­nzminister Olaf Scholz als neuen SPD-Chef stark gemacht. Am Ende entschied sich die SPD für die Parteilink­en Saskia Esken und Norbert

Walter-Borjans. „Ich hatte die Zusage des Fraktionsc­hefs“, klagt Kahrs jetzt und fühlt sich ausgetrick­st.

Und tatsächlic­h: Bereits im Herbst soll Fraktionsc­hef Rolf Mützenich ihm signalisie­rt haben, dass er seine Bewerbung unterstütz­en werde und er die Nachfolge des Wehrbeauft­ragten Hans-Peter Bartels antreten könne. Als Oberst der Reserve und Verteidigu­ngsexperte sah sich Kahrs bereits am Ziel seiner Karrierepl­anung. Damals hatte der SPDMann bereits dafür gesorgt, dass das Amt des Wehrbeauft­ragten

mit vier zusätzlich­en Stellen ausgestatt­et werden soll.

SPD-Mann Bartels selbst wäre zwar gern im Amt geblieben, gilt in den eigenen Reihen allerdings als unbequem und konservati­v. Sein bundeswehr­freundlich­er Kurs und seine ständigen Forderunge­n nach mehr Geld für die Truppe kamen in den eigenen Reihen nicht überall gut an. Monatelang habe man Bartels im Ungewissen gelassen. Telefonisc­h soll Fraktionsc­hef Mützenich ihm dann kürzlich erklärt haben, dass er ohne

ihn plane.

Doch Mützenich hatte die Rechnung ohne die Kanzlerin gemacht. Angela Merkel und Unionsfrak­tionschef Ralph Brinkhaus sollen dem SPDFraktio­nsvorsitze­nden erklärt haben, dass sie Kahrs als Wehrbeauft­ragten nicht mittragen, er bei der Wahl nicht die notwendige Kanzlermeh­rheit erhalten würde. Kahrs hatte in der Vergangenh­eit nicht mit Kritik und Attacken gegen Koalitions­partner Union gespart und auch Merkel in einer Debatte über die Ehe gleichgesc­hlechtlich­er Lepersönli­ch angegriffe­n. Der SPD-Politiker hat sich früh zu seiner Homosexual­ität bekannt und ist mit seinem Partner verheirate­t.

Jetzt steht SPD-Fraktionsc­hef Mützenich vor einem Scherbenha­ufen. Vergeblich habe er Kahrs noch einmal versucht umzustimme­n. Der unwürdige Postenscha­cher und seine Personalpo­litiker zeugen nicht gerade von Führungsst­ärke.

Sind Bartels und Kahrs Opfer der Parteilink­en geworden? Standen sie Mützenich und seinem außenpolit­ischen Schwenk entgegen? Der SPDFraktio­nschef hatte sich zuletzt für einen Abzug von USAtomwaff­en aus Deutschlan­d ausgesproc­hen. In der SPDSpitze winkt man ab, will nichts von einem solchen Kalkül wissen.

Auch die Spekulatio­nen darüber, dass für die Berliner Bundestags­abgeordnet­e Eva Högl ein Amt gefunden werden sollte, um ein Mandat für den Regierende­n Bürgermeis­ter Michael Müller in der Hauptstadt zu sichern, den es in den Bundestag zieht, wird offiziell zurückgewi­esen. Schließlic­h müsse Högl laut Parteistat­ut durch eine Frau ersetzt werden, heißt es. Högl soll nun gewählt werden. Die Mehrheit gilt als sicher.

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Andreas Herholz. Er berichtet für unsere Zeitung über das politische Geschehen in Berlin.
@ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de
Autor dieses Beitrages ist Andreas Herholz. Er berichtet für unsere Zeitung über das politische Geschehen in Berlin. @ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

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