Das müssen wir unbedingt behalten
Skurrile Sammlungen im Stadtmuseum
Ist das Kunst oder kann das weg? Nach 100 Jahren sammeln, hat das Museum einiges auf Lager: Kurioses, Brisantes – Unvergessliches.
OLDENBURG – Ein Schlüpfer aus dem Jahr 1900. Ein dicker Fisch mit Stacheln, schon lange tot. Ein trauriges Kind, verewigt in Öl auf Leinwand – der Name fehlt. Ein Haufen Kugelschreiber mit Werbeaufdruck. Straßenschilder. Comichelden aus Plastik.
Das Stadtmuseum hat den Keller aufgeräumt. Allerdings mit viel Bedacht. Unter dem Titel „Entdeckt, bewundert, aufgehoben“zeigt das Haus ab diesem Donnerstag einen Querschnitt seiner Exponate aus unterschiedlichen Bereichen. Über Wochen hat das Team um Sammlungsleiterin Franziska Boegehold-Gude besondere Stücke aus den Schränken, Depots und Lagern, in denen das Stadtmuseum seine Schätze verwahrt,
Was im Laufe der letzten 100 Jahre aus Schenkungen, Nachlässen und Ankäufen zusammengekommen ist, kriegen Besucher eher selten zu sehen. Und was auf den ersten Blick wahllos zusammengestellt scheint, hat eines gemeinsam: Es bewahrt Geschichte.
Logisch, dass das Verkehrsschild zum Hinweis der gehobenen Cäcilienbrücke ebenso in Oldenburgs Stadtmuseum gehört, wie die Schreibfeder des Großherzogs, die Schenkung eines passionierten Kugelschreibersammlers oder ein Granatsplitter aus dem Deutsch-Französischen Krieg.
Zu vielem erfährt der Besucher die Geschichte, bei einigem muss man die eigene Fantasie spielen lassen. So zeigen Ölbilder Unbekannte, kuriose Tierpräparate sind als
Wollen’s wissen: Sandrine Teuber (links) und Franziska Boegehold-Gude möchten Museumsbesucher zum Mitmachen und Nachdenken animieren.
Nachlass des Künstlers Bernhard Winter lediglich als Mitbringsel von Reisen seines Vaters deklariert. Noch ungeklärt ist die Herkunft einiger Exponate, die die Provenienzforscher des Museums als mögliche NS-Raubkunst einordnen. Auf ganz unverfänglichem Weg ist das Haus an zwei Toilettenschilder gekommen, die nach Abriss des Berliner-Platz-Bades ein Oldenburger an sich genommen und der Einrichtung vermacht hat. Hier darf der Besucher sogar abstimmen, ob es sich um museumsreife Stadtgeschichte handelt. Zum Mitmachen und Nachdenken locken etliche Stationen. Wer will, kann seine eigene Sammlung mit in Karteizusammengetragen.
karten verewigen. Geplant ist außerdem eine Vitrinen-Ausstellung zu monatlich wechselnden Themen. Wer will, kann sich auch online über eine extra dafür erschaffene Webseite beteiligen (siehe Infokasten).
Museumspädagogin Sandrine Teuber will Gäste animieren, so selbst einen Teil zur Sammlung beizutragen. Die Idee der Initiatorinnen ist es auch, zu zeigen, was Museumsarbeit ausmacht – neben dem Bewahren der Erinnerung die Forschung und Vermittlung. Aufgezeigt werden verschiedene Herangehensweisen, so widmet sich ein Teil der Ausstellung der Farbe Rot: Militärmützen, Teufel-Handpuppen, Bücher. Zu sehen gibt es einst fleißig geführte Inventarbücher und zeitgemäße Computerprogramme, die heutzutage
Archive pflegen. Bücher und Zeitschriften zur Museumsarbeit liegen für kleine und große Besucher in einer Schmökerecke aus. Eine Pinnwand bietet Platz für Gedanken, eine Selfie-Station die Möglichkeit zum Selbstporträt.
Wer die Ausstellung besucht, wird zwangsläufig zum Sammler – von Erinnerungen. Es könnte spannend werden, was die Besucher von ihren gehorteten Schätzen preisgeben werden. Eine Museumsmitarbeiterin hat bereits ihre Einkaufwagen-Chip-Sammlung an die Wand gepinnt.
Ein Schlüpfer aus dem Jahr 1900, ein dicker Fisch mit Stacheln, ein Haufen Kugelschreiber – vielleicht sollten wir weniger wegschmeißen und mehr behalten. Zumindest die Faszination für Kleinigkeiten.
@ https://bit.ly/3bdoqyC
Museumsreif: Obelix
Teilnehmen
Asterix und
können Besucher auch online an der Ausstellung unter:
@ www.was-sammelst-du.de