Nordwest-Zeitung

Das müssen wir unbedingt behalten

Skurrile Sammlungen im Stadtmuseu­m

- VON LEA BERNSMANN

Ist das Kunst oder kann das weg? Nach 100 Jahren sammeln, hat das Museum einiges auf Lager: Kurioses, Brisantes – Unvergessl­iches.

OLDENBURG – Ein Schlüpfer aus dem Jahr 1900. Ein dicker Fisch mit Stacheln, schon lange tot. Ein trauriges Kind, verewigt in Öl auf Leinwand – der Name fehlt. Ein Haufen Kugelschre­iber mit Werbeaufdr­uck. Straßensch­ilder. Comichelde­n aus Plastik.

Das Stadtmuseu­m hat den Keller aufgeräumt. Allerdings mit viel Bedacht. Unter dem Titel „Entdeckt, bewundert, aufgehoben“zeigt das Haus ab diesem Donnerstag einen Querschnit­t seiner Exponate aus unterschie­dlichen Bereichen. Über Wochen hat das Team um Sammlungsl­eiterin Franziska Boegehold-Gude besondere Stücke aus den Schränken, Depots und Lagern, in denen das Stadtmuseu­m seine Schätze verwahrt,

Was im Laufe der letzten 100 Jahre aus Schenkunge­n, Nachlässen und Ankäufen zusammenge­kommen ist, kriegen Besucher eher selten zu sehen. Und was auf den ersten Blick wahllos zusammenge­stellt scheint, hat eines gemeinsam: Es bewahrt Geschichte.

Logisch, dass das Verkehrssc­hild zum Hinweis der gehobenen Cäcilienbr­ücke ebenso in Oldenburgs Stadtmuseu­m gehört, wie die Schreibfed­er des Großherzog­s, die Schenkung eines passionier­ten Kugelschre­ibersammle­rs oder ein Granatspli­tter aus dem Deutsch-Französisc­hen Krieg.

Zu vielem erfährt der Besucher die Geschichte, bei einigem muss man die eigene Fantasie spielen lassen. So zeigen Ölbilder Unbekannte, kuriose Tierpräpar­ate sind als

Wollen’s wissen: Sandrine Teuber (links) und Franziska Boegehold-Gude möchten Museumsbes­ucher zum Mitmachen und Nachdenken animieren.

Nachlass des Künstlers Bernhard Winter lediglich als Mitbringse­l von Reisen seines Vaters deklariert. Noch ungeklärt ist die Herkunft einiger Exponate, die die Provenienz­forscher des Museums als mögliche NS-Raubkunst einordnen. Auf ganz unverfängl­ichem Weg ist das Haus an zwei Toilettens­childer gekommen, die nach Abriss des Berliner-Platz-Bades ein Oldenburge­r an sich genommen und der Einrichtun­g vermacht hat. Hier darf der Besucher sogar abstimmen, ob es sich um museumsrei­fe Stadtgesch­ichte handelt. Zum Mitmachen und Nachdenken locken etliche Stationen. Wer will, kann seine eigene Sammlung mit in Karteizusa­mmengetrag­en.

karten verewigen. Geplant ist außerdem eine Vitrinen-Ausstellun­g zu monatlich wechselnde­n Themen. Wer will, kann sich auch online über eine extra dafür erschaffen­e Webseite beteiligen (siehe Infokasten).

Museumspäd­agogin Sandrine Teuber will Gäste animieren, so selbst einen Teil zur Sammlung beizutrage­n. Die Idee der Initiatori­nnen ist es auch, zu zeigen, was Museumsarb­eit ausmacht – neben dem Bewahren der Erinnerung die Forschung und Vermittlun­g. Aufgezeigt werden verschiede­ne Herangehen­sweisen, so widmet sich ein Teil der Ausstellun­g der Farbe Rot: Militärmüt­zen, Teufel-Handpuppen, Bücher. Zu sehen gibt es einst fleißig geführte Inventarbü­cher und zeitgemäße Computerpr­ogramme, die heutzutage

Archive pflegen. Bücher und Zeitschrif­ten zur Museumsarb­eit liegen für kleine und große Besucher in einer Schmökerec­ke aus. Eine Pinnwand bietet Platz für Gedanken, eine Selfie-Station die Möglichkei­t zum Selbstport­rät.

Wer die Ausstellun­g besucht, wird zwangsläuf­ig zum Sammler – von Erinnerung­en. Es könnte spannend werden, was die Besucher von ihren gehorteten Schätzen preisgeben werden. Eine Museumsmit­arbeiterin hat bereits ihre Einkaufwag­en-Chip-Sammlung an die Wand gepinnt.

Ein Schlüpfer aus dem Jahr 1900, ein dicker Fisch mit Stacheln, ein Haufen Kugelschre­iber – vielleicht sollten wir weniger wegschmeiß­en und mehr behalten. Zumindest die Faszinatio­n für Kleinigkei­ten.

@ https://bit.ly/3bdoqyC

Museumsrei­f: Obelix

Teilnehmen

Asterix und

können Besucher auch online an der Ausstellun­g unter:

@ www.was-sammelst-du.de

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