Spiel auf Bewährung
Mit einem offenbar überzeugenden Hygienekonzept, mit ganz viel Lobbyarbeit bei der Politik und mit ein bisschen mehr Demut in der Öffentlichkeit als gewohnt hat sich der Profifußball also seine Geisterspiele erkämpft. Ein erster Arbeitssieg für LigaChef Seifert und die Vereine, der aber teuer bezahlt wurde. Denn die Maxime der milliardenschweren Branche wurde in der Krise überdeutlich: Auf Fans können wir sehrwohl verzichten – auf Kohle nicht!
Natürlich nimmt der Fußball eine besondere Rolle ein, er ist einer der klebestärksten Kitte der Gesellschaft. Die Freude, dass der Ball wieder rollt, wird bei Millionen Fans in den Wohnzimmern spürbar sein. In einem nach Lockerungen lechzenden Land sind die Fragen, wer Deutscher Meister wird und ob Werder Bremen das zweite Mal in der Vereinsgeschichte absteigt, eine willkommene Abwechslung.
Es wird gleichwohl ein permanentestes Spiel auf Bewährung. Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist trotz der Liebe zum Fußball eher gering, die Glaubwürdigkeit aller Beteiligten auf den Tiefpunkt gesunken. Die beiden Anweisungen der DFL, mögliche Corona-Fälle nicht an die Presse weiterzugeben und dann die Kommunikation positiver Tests selbst steuern zu wollen, sind entlarvend. Noch so eine grenzenlos dumme Aktion, wie die des Hertha-Profis Kalou, die den lockeren Umgang der Berliner mit allen Vorschriften offenbarte, kann sich die Liga nicht leisten. Es bleiben weitere Fragen: Wann muss ein Team bei einem positiven Fall in Quarantäne und wann nicht? Und was passiert, wenn Fans die Plattform Bundesliga tatsächlich zu Protest-Ansammlungen vor den Stadien nutzen?
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