AZUBI-ZAHLEN SINKEN SPÜRBAR
Azubi-Zahlen sinken spürbar – Corona verschärft Lage
Der Bund hofft auf einen Aufholprozess im Spätsommer. Der DGB fordert finanzielle Hilfen.
BERLIN – Die Corona-Krise beschleunigt nach Angaben von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) den Rückgang der Ausbildungsplätze in Deutschland. Derzeit gebe es ein Minus bei den angebotenen Lehrstellen von knapp acht Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch. Allerdings könne es laut Bundesagentur für Arbeit auch noch zu einem Aufholprozess im August und September kommen, wenn die Folgen der Pandemie besser abschätzbar seien.
■ Schon vor Corona Probleme: Dass es auf dem Lehrstellenmarkt auch ohne Corona schon Probleme gab, zeigt der Berufsbildungsbericht, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Demnach boten die Betriebe 2019 rund 11 000 Ausbildungsstellen weniger an als 2018. Das Angebot lag bei 578 000. Gleichzeitig sank aber auch die Zahl der Bewerber von 556 000 auf 550 000. Die Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge ging um 6300 auf 525 100 zurück. Rechnerisch bestand damit zwar weiter ein Überangebot, aber sinkende Azubizahlen bedeuten auch sinkenden Fachkräftenachwuchs.
„Der Rückgang ist im Wesentlichen auf das Handwerk sowie Industrie und Handel zurückzuführen“, heißt es in dem Bericht. Das Bildungsministerium
wies zudem auf den demografischen Wandel und eine geringere Zahl an Absolventen von allgemeinbildenden Schulen hin.
■ Bonus für Ausbildungsbetriebe: Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnte vor einem „Corona-Crash“auf dem Ausbildungsmarkt und forderte einen Bonus für Unternehmen, die Azubis aus
insolventen Betrieben übernehmen. Forderungen nach finanzieller Unterstützung kamen auch aus der IG Metall und von Wirtschaftsverbänden. Der Bund könne bei weiter angespannter wirtschaftlicher Lage denjenigen Betrieben einen finanziellen Bonus gewähren, die für das kommende Jahr zusätzliche Ausbildungsplätze anbieten, sagte
der stellvertretende DIHK-Geschäftsführer Achim Dercks.
■ Unternehmen in „Warteschleife“: Nach Angaben des Präsidenten des Bundesinstituts für Berufsbildung, Friedrich Hubert Esser, sind die Firmen beim Thema Ausbildung momentan „in einer Art Warteschleife“. Sie hofften auf ein Wiederanlaufen der Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte
und darauf, dass dann der Fachkräftebedarf in den Unternehmen wieder virulent werde, sagte er. Der für berufliche Bildung zuständige Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Jens Brandenburg, nannte die sinkende Ausbildungsquote „erschreckend“. Es müsse alles dafür getan werden, dass Corona nicht zur Ausbildungskrise werde.