OFFENE FRAGEN:
Vier von vielen Millionen: Musiker Fabian Wege (oben), Schauspieler und Moderator Jürgen Boese, Schauspieler Mario Forkel und Kindermusiker Andi Steil (v.l.) teilen mit etlichen freiberuflich Künstlern Existenzsorgen.
Bühne? Vor 30 Leuten spielen? Abstand halten?“Jürgen Boese schüttelt den Kopf. Sein Improvisationstheater lebe von Spontanität, von Interaktion. Überlegungen, bestimmte Formate als Online-Version zu adaptieren, gibt es. Aber: „Kein Konzert, kein Theater, keine Lesung ist als Film das Gleiche wie live“, findet der Kulturreferent. Kurse in Moderation oder Schauspiel übers Internet zu geben, sei möglich. Die Arbeit mit Jugendlichen per Skype oder anderer Onlinekanäle fortzusetzen, hält Mario Forkel für undenkbar.
minister für Arbeit und Soziales nach Gerechtigkeit. Er weist auf die Systemrelevanz der Kultur und Artikel 1 hin – „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.
Fabian Wege, der neben Auftritten als nicht fest angestellte Honorarkraft mit Dozententätigkeiten dazu verdient hat, wird den Staat nicht um Geld fragen. Die Mutter seines gerade geborenen Kindes ist Ärztin. „Wahrscheinlich kriege ich eh’ nichts“, vermutet er. Einige Kollegen haben Hartz IV beantragt. „Wir können ja schlecht Kurzarbeit anmelden“, sagt Fabian. Sogenannte Soforthilfen und -kredite, wie sie die Nbank vergibt, sind an Betriebskosten gebunden. Fabian, Jürgen, Mario und Andi haben ihre Arbeitszimmer in den eigenen vier Wänden. Ohne Aufträge fallen sowieso keine „Betriebskosten“an. Miete und Essen müssen trotzdem bezahlt werden.
Die Problematik Soloselbstständiger, hat das Oldenburger Netzwerk cre8 mit in den letzten Wirtschaftsförderausschuss gebracht. „Da viele im Alter keine staatliche Rente beziehen werden, haben sie über Jahre privat vorgesorgt.
Cre8 Oldenburg
Das hierdurch angesparte Kapital liegt mitunter über dem erlaubten Freibetrag“, heißt es in einem öffentlichen Brief des Netzwerkes – Betroffene seien gezwungen, ihre Altersvorsorge aufzubrauchen. Und weiter: „Abgesehen davon, ist der Schritt in die Grundsicherung nicht ermutigend“. Auch der neue niedersächsische Liquiditätskredit helfe nicht wirklich, da eine Rückzahlung für viele unrealistisch erscheine. Oberbürgermeister Jürgen Krogmann zeigte sich im Ausschuss zumindest hilfsbereit – Soloselbstständige wären wohl „einfach übersehen worden“, die Stadt werde sich damit befassen.
„Alle wollen über die Runden kommen, jeder will was vom Staat“, sagt Jürgen Boese. Der Oldenburger hat unzählige Petitionen unterschrieben,
die das Weiterbestehen Kulturschaffender fordern. Er hat im Rahmen seiner derzeitigen Möglichkeiten gespendet – an Festivalveranstalter und Institutionen, denen das Wasser bis zum Hals steht. In anderen Bundesländern gebe es mehr Unterstützung für Soloselbstständige, berichtet der 37-Jährige vom Austausch mit Kollegen. Der Föderalismus sorge in der Krise für viel Ungerechtigkeit. „Ich würde mir wünschen, dass die Hilfestellung transparenter ist“, sagt Jürgen. Wer wie und warum Geld bekommt, sei nicht klar. Es fehle „eine Stelle, an die man sich wenden kann.“Am Ende – was leider noch gar nicht abzusehen ist – werden welche schließen oder aufhören müssen, ist der Oldenburger überzeugt.
Zur Not auf die Straße
Als Kreative haben die vier Soloselbstständigen natürlich Ideen. Die reichen von „sofortiger Beendigung des Shut Downs“, über „bedingungsloses Grundeinkommen“, „Wiedereinführung der Vermögenssteuer“bis zu ganz bescheidenen Alternativen. „Vielleicht werde ich wieder Straßenmusiker – das kenn’ ich schon“, sagt Andi Steil.
Die Künstler kennen sich mit Durststrecken und Existenzängsten aus. Sie gehören zum täglich Brot. Aber nicht nur das Geld fehlt – auch der Applaus, die Scheinwerfer, das Lampenfieber. „Freiheit vor Sicherheit“war immer Fabians Motto. Und jetzt hat er weder das eine, noch das andere.
Eine Übersicht
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Eine Checkliste
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Was die Bundesregierung
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Das Musik-Video:
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