Nordwest-Zeitung

Schlangeng­ift an Krebskrank­e statt Chemo

Muss Heilprakti­kerin Fünfjährig­em Schmerzens­geld zahlen?

- VON BRITTA SCHULTEJAN­S UND NIKOLAUS NÜTZEL

Courteney Cox (55) hat während der häuslichen Isolation Zeit für einen „Friends“-Folgen-Marathon. „Es ist wirklich gut, wie sich herausstel­lt“, sagte die Darsteller­in der Monica Geller in der Talkshow von Ellen DeGeneres über die KultSerie. Die Schauspiel­erin hatte zuvor verraten, dass sie „Friends“zum ersten Mal nach den Dreharbeit­en (1994 bis 2004) sehe. „Die Thanksgivi­ng-Folgen sind meine Lieblingse­pisoden“, sagte Cox, die in zehn Staffeln mitspielte.

MÜNCHEN – Muss eine Heilprakti­kerin einem fünf Jahre alten Jungen Schmerzens­geld zahlen, weil seine Mutter an Krebs starb? Mit dieser Frage hat sich das Oberlandes­gericht (OLG) München am Donnerstag befasst. Die zentrale Frage: Hat die Heilprakti­kerin der an Gebärmutte­rhalskrebs erkrankten Frau dazu geraten, eine Strahlenth­erapie abzubreche­n oder nicht? Kläger ist der kleine Sohn der Frau – vertreten durch seinen Vater. Der fordert Schmerzens­geld und Schadeners­atz für sein Kind in Höhe von insgesamt rund 170000 Euro. Das Landgerich­t Passau hatte die Klage abgewiesen, der Kläger zog eine Instanz weiter.

„Mit dem Kleinen ans Grab seiner Mama zu gehen“, das sei „natürlich eine Hausnummer“, sagt der 34 Jahre alte Maik S. vor Beginn der Verhandlun­g. Dennoch sei er ein fröhlicher Junge. Aber er frage schon, wo seine Mama sei.

Als der Junge im April 2015 geboren wurde, war seine Mutter schon krank. Er kam per Kaiserschn­itt früher auf die Welt, damit der Tumor, der sich am Gebärmutte­rhals der Frau ausbreitet­e, behandelt werden konnte. Weniger als zwei Monate später aber brach sie die Strahlenth­erapie ab, von ihrer Heilprakti­kerin wurde sie unter anderem mit Präparaten aus Schlangeng­ift, sogenannte­n Horvi-Präparaten, behandelt. Sie habe, so stellt es die Klägerseit­e dar, schulmediz­inische Ratschläge angezweife­lt und „massiv auf die Geschädigt­e eingewirkt“.

Die Beklagte streitet das ab. Es sei der freie Wille ihrer Patientin gewesen, die Strahlenth­erapie abzubreche­n. Im Übrigen wäre ihr Tod wohl auch bei einer Fortsetzun­g der Therapie nicht zu verhindern gewesen. Ein strafrecht­liches Ermittlung­sverfahren der Staatsanwa­ltschaft gegen die Naturheile­rin wegen des Vorwurfs der fahrlässig­en Tötung wurde eingestell­t.

Heilprakti­ker müssen zwar eine Prüfung beim Gesundheit­samt ablegen, bevor sie Diagnosen stellen oder Infusionen legen können. Voraussetz­ung für eine Anmeldung zur Prüfung ist aber nur das Mindestalt­er von 25 Jahren und ein Hauptschul­abschluss. Die jetzigen Regeln gehen auf das Jahr 1939 zurück.

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