Er muss immer den bösen Deutschen geben
Kriegsfilme bei Russen beliebt – Synchronsprecher Frank Ebbecke gut im Geschäft
MOSKAU – Frank ist nicht besonders glücklich mit seiner Rolle. Doch er kommt jedes Mal wieder ins Produktionsstudio in Moskau – zum Schreien, Brüllen und Anschnauzen. „Das Schwein hat das verdient“und „Der Arsch muss sterben“, blafft er dann laut ins Mikrofon. Manchmal zwei bis drei Stunden lang, bis die Stimmbänder schmerzen.
Frank Ebbecke, Universitätslehrer und Marketingkommunikationsexperte in Moskau, gibt mal wieder im Film den Nazi. Der Duisburger arbeitet seit Jahren für russische Filmproduktionen als deutscher Synchronsprecher. Kriegsfilme stehen zum 75. Jahrestag des Sieges über Hit
Spricht den bösen Deutschen: Frank Ebbecke
ler-Deutschland hoch im Kurs. Jedes Jahr kommen neue Blockbuster in die Kinos, zum Tag des Sieges am 9. Mai gibt es auch immer aufwendige
im Staatsfernsehen.
Blutige Schlachten und zerfetzte Soldatenkörper sind dabei Garanten für ein Millionenpublikum. In diesem Jahr zeigt der russische Staatssender Perwy Kanal zum Tag des Sieges die Serie „Likwidazija“(Die Liquidierung) über die Jagd auf einen hinterlistigen deutschen Spion. Auch der monumentale Kriegsfilm „T-34“ über den legendären Sowjet-Panzer läuft zur besten Sendezeit. 2019 war er der beliebteste Kinofilm. Mit fast neun Millionen Zuschauern spielte er umgerechnet 30 Millionen Euro ein.
Auch Synchronsprecher Ebbecke war beim Panzerepos dabei. Gemeinsam mit einer Handvoll Deutscher und Österreicher sprach er Dialoge der Wehrmachts- und SSSoldaten ein. Einmal muss er hektische Kampfdialoge, ein anderes Mal einen SS-Offizier wiedergeben, der über Leben und Tod bei der Selektion an der KZ-Rampe entscheidet. „Das war am schlimmsten. Da war ich dann auch froh, als es vorbei war“, sagt der 71-Jährige. „Die Deutschen sind in den Filmen die schlimmen Finger, richtige Teufel. Es gibt wenig Menschliches an ihnen.“Umgekehrt sei es auch in deutschen Produktionen so: Russen würden meist nur als brutal dargestellt.
Kein Land hatte im Zweiten Weltkrieg so viele Opfer zu beklagen wie die Sowjetunion: Fast 27 Millionen Menschen verloren ihr Leben. In die GeTV-Produktionen schichte ging dieses Kapitel als Großer Vaterländischer Krieg ein, den die Sowjetunion für sich entschied. „Das ist verständlicherweise auch bis heute das Lebenselixier der Russen und muss sich natürlich in den Filmen widerspiegeln“, sagt der Moskauer Militärhistoriker Juri Maslak. Langsam wandelt sich das Bild der Deutschen in russischen Kriegsfilmen. „In der Sowjetunion wurde der Sieg über die Nazis heroisiert, teilweise karikiert. Jetzt gibt es schon ein Umdenken“, sagt Maslak.
In der Regel finanziert der russische Staat die Filmlandschaft. Das Kulturministerium ist bei fast jeder Produktion dabei. Unabhängige russische Filme schaffen es meist nie in die großen Kinos.