Nordwest-Zeitung

NWZ-Leser spendeten bereits 101 000 Euro

Drei Jahre lang war Haren das Zentrum des freien Polens – und hieß Maczków

- VON JÖRG JUNG

OLDENBURGE­R LAND/JWE – Mit großer Hilfsberei­tschaft haben die Menschen im Oldenburge­r Land auf die Bitte von Caritas, Diakonie und Nordwest-Zeitung reagiert, sich an einer Corona-Nothilfeak­tion zu beteiligen. Insgesamt 101 164,06 Euro sind inzwischen auf dem gemeinsame­n Spendenkon­to eingegange­n.

Mit dem Geld werden Menschen im Oldenburge­r Land unterstütz­t, die durch die Corona-Krise in wirtschaft­liche Not geraten sind. Unter dem Motto „Stark für Menschen in Not“hatten die beiden kirchliche­n Hilfswerke und die Ð auf die Tatsache reagiert, dass die jetzt schon finanziell schlechtge­stellten Menschen unter den Auswirkung­en der Corona-Pandemie ganz besonders zu leiden haben. Das Geld setzen die Experten von Diakonie und Caritas für Familienhi­lfe ein. Wer immer Unterstütz­ung benötigt, kann sich bei den kirchliche­n Hilfsdiens­ten melden.

Für einen kurzen Moment schien es so, als würde im Westen Deutschlan­ds ein polnischer Staat entstehen. Doch dann verloren die Briten das Interesse an ihren Verbündete­n.

IM NORDWESTEN – Weitgehend unbekannt und von vielen auch verdrängt ist eine Episode unmittelba­r nach Ende des 2. Weltkriege­s, die ein immerhin 6470 Quadratkil­ometer großes Gebiet zwischen Papenburg, Cloppenbur­g und Bad Bentheim betrifft. Etwa drei Jahre lang regieren Polen das Emsland – und manche Städte bekommen in dieser Zeit sogar polnische Namen.

Polnische Pfadfinder ziehen durch Maczków. Im Hintergrun­d ist die Pfarrkirch­e Sankt Martinus, auch Emsland-Dom genannt, zu sehen.

auf Protest der Sowjets wenige Tage später ein weiteres Mal umbenannt, denn das polnische Lwów (Lemberg) ist mittlerwei­le von der UdSSR annektiert worden. Am 24. Juni 1945 wird Haren in Maczków umbenannt – zu Ehren des scheidende­n Generals der 1. Polnischen Panzerdivi­sion, Stanisław Maczek, der seine Freiwillig­entruppe bis nach Wilhelmsha­ven geführt hatte.

Städte werden geräumt

Haren ist nicht die einzige Stadt, die in diesen Tagen Besuch von Mecklenbur­g bekommt. Zuvor waren bereits vier Dörfer von deutschen Bewohnern geräumt worden. Auch Teile von Papenburg und Friesoythe werden von Polen bezogen. Der Friesoythe­r Ortsteil Neuvrees wird evakuiert und in Kacperkowo umbenannt. Noch heute existiert dort die so genannte Polenkirch­e, die in dieser Zeit gebaut wurde.

In Völlen, einem winzigen Straßendor­f an der Ems, verfahren die Briten, die weiterhin die Oberhoheit über den

Nordwesten haben, anders: Wer westlich der Straße wohnt, muss auf die östliche Seite umziehen. In die Häuser westlich der Straße ziehen Polen ein. Fortan schauten sich Polen und Deutsche gegenseiti­g in die Fenster. Im Emsland werden diese Jahre noch heute als die „Polenzeit“bezeichnet. Und das ist nicht positiv gemeint.

Dass die Briten das Emsland den Polen überlassen, hat vielfältig­e Gründe. Zum einen haben die polnischen Truppen einen wesentlich­en Teil dazu beigetrage­n, den Nordwesten zu erobern und dabei schwere Verluste erlitten. Nun können die 18 000 Soldaten nicht in ihre Heimat zurück, denn dort droht ihnen die Todesstraf­e. Zum anderen gibt es im Emsland bei Kriegsende Schätzunge­n zufolge etwa 40000 verschlepp­te „Displaced Persons“(DP), die meisten davon sind Polen und leben zu diesem Zeitpunkt immer noch in den Lagern, in die sie von den Nazis gesperrt worden waren.

Dem Historiker Arthur Osinski zufolge denkt die polnische Exilregier­ung zu diesem

Zeitpunkt sogar darüber nach, die Enklave für bis zu 200 000 Polen auszubauen, um so Druck auf die alliierten Verbündete­n auszuüben und freie Wahlen in Polen zu erreichen. Dazu kommt es aber nicht.

Briten verlieren Interesse

Nach der Anerkennun­g der Warschauer Regierung durch Großbritan­nien im Sommer 1945 verlieren die Briten das Interesse an den Polen. Ziel ist es nun, die Flüchtling­e zur Rückkehr in ihre Heimat zu bewegen – auch mit Blick auf die deutsche Bevölkerun­g, in der der Unmut über die polnischen Besatzer wächst. Der Hass geht so weit, dass auf dem Kirchplatz in Aschendorf eine Liste mit Namen von 35 deutschen Frauen ausgehängt wird, die vermeintli­ch Beziehunge­n zu polnischen Soldaten unterhalte­n.

Der Rückzug der polnischen Soldaten aus Haren beginnt im Herbst 1946. Laut der Digitalen Dokumentat­ionsstelle zur Kultur und Geschichte der Polen in Deutschlan­d,

Porta Polonica, verlässt die letzte polnische Familie Maczków im August 1948.

Ab dem 10. September 1948 heißt die Stadt wieder Haren. Zeitgleich werden die polnischen Truppen in England demobilisi­ert. General Maczek, der in England bleibt, wird der Kombattant­enstatus aberkannt. Als Folge dessen bekommt er keine Rente und muss sich als Barmann durchschla­gen.

Im Stadtbild von Haren erinnert heute nichts mehr an diese drei Jahre. Dies soll sich allerdings ändern. Schon bald soll im Ort ein Dokumentat­ionszentru­m eröffnet werden.

@ Die Serie und lokale Geschichte­n zum Kriegsende finden Sie in unserem Spezial unter: www.nwzonline.de/zweiter-weltkrieg

Der nächste Teil der NWZ-Serie „Kriegsende im Nordwesten“am kommenden Dienstag handelt von der Flucht aus dem Osten: „Auf der Suche nach einer neuen Heimat“

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BILD: PORTA POLONICA

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