NWZ-Leser spendeten bereits 101 000 Euro
Drei Jahre lang war Haren das Zentrum des freien Polens – und hieß Maczków
OLDENBURGER LAND/JWE – Mit großer Hilfsbereitschaft haben die Menschen im Oldenburger Land auf die Bitte von Caritas, Diakonie und Nordwest-Zeitung reagiert, sich an einer Corona-Nothilfeaktion zu beteiligen. Insgesamt 101 164,06 Euro sind inzwischen auf dem gemeinsamen Spendenkonto eingegangen.
Mit dem Geld werden Menschen im Oldenburger Land unterstützt, die durch die Corona-Krise in wirtschaftliche Not geraten sind. Unter dem Motto „Stark für Menschen in Not“hatten die beiden kirchlichen Hilfswerke und die Ð auf die Tatsache reagiert, dass die jetzt schon finanziell schlechtgestellten Menschen unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie ganz besonders zu leiden haben. Das Geld setzen die Experten von Diakonie und Caritas für Familienhilfe ein. Wer immer Unterstützung benötigt, kann sich bei den kirchlichen Hilfsdiensten melden.
Für einen kurzen Moment schien es so, als würde im Westen Deutschlands ein polnischer Staat entstehen. Doch dann verloren die Briten das Interesse an ihren Verbündeten.
IM NORDWESTEN – Weitgehend unbekannt und von vielen auch verdrängt ist eine Episode unmittelbar nach Ende des 2. Weltkrieges, die ein immerhin 6470 Quadratkilometer großes Gebiet zwischen Papenburg, Cloppenburg und Bad Bentheim betrifft. Etwa drei Jahre lang regieren Polen das Emsland – und manche Städte bekommen in dieser Zeit sogar polnische Namen.
Polnische Pfadfinder ziehen durch Maczków. Im Hintergrund ist die Pfarrkirche Sankt Martinus, auch Emsland-Dom genannt, zu sehen.
auf Protest der Sowjets wenige Tage später ein weiteres Mal umbenannt, denn das polnische Lwów (Lemberg) ist mittlerweile von der UdSSR annektiert worden. Am 24. Juni 1945 wird Haren in Maczków umbenannt – zu Ehren des scheidenden Generals der 1. Polnischen Panzerdivision, Stanisław Maczek, der seine Freiwilligentruppe bis nach Wilhelmshaven geführt hatte.
Städte werden geräumt
Haren ist nicht die einzige Stadt, die in diesen Tagen Besuch von Mecklenburg bekommt. Zuvor waren bereits vier Dörfer von deutschen Bewohnern geräumt worden. Auch Teile von Papenburg und Friesoythe werden von Polen bezogen. Der Friesoyther Ortsteil Neuvrees wird evakuiert und in Kacperkowo umbenannt. Noch heute existiert dort die so genannte Polenkirche, die in dieser Zeit gebaut wurde.
In Völlen, einem winzigen Straßendorf an der Ems, verfahren die Briten, die weiterhin die Oberhoheit über den
Nordwesten haben, anders: Wer westlich der Straße wohnt, muss auf die östliche Seite umziehen. In die Häuser westlich der Straße ziehen Polen ein. Fortan schauten sich Polen und Deutsche gegenseitig in die Fenster. Im Emsland werden diese Jahre noch heute als die „Polenzeit“bezeichnet. Und das ist nicht positiv gemeint.
Dass die Briten das Emsland den Polen überlassen, hat vielfältige Gründe. Zum einen haben die polnischen Truppen einen wesentlichen Teil dazu beigetragen, den Nordwesten zu erobern und dabei schwere Verluste erlitten. Nun können die 18 000 Soldaten nicht in ihre Heimat zurück, denn dort droht ihnen die Todesstrafe. Zum anderen gibt es im Emsland bei Kriegsende Schätzungen zufolge etwa 40000 verschleppte „Displaced Persons“(DP), die meisten davon sind Polen und leben zu diesem Zeitpunkt immer noch in den Lagern, in die sie von den Nazis gesperrt worden waren.
Dem Historiker Arthur Osinski zufolge denkt die polnische Exilregierung zu diesem
Zeitpunkt sogar darüber nach, die Enklave für bis zu 200 000 Polen auszubauen, um so Druck auf die alliierten Verbündeten auszuüben und freie Wahlen in Polen zu erreichen. Dazu kommt es aber nicht.
Briten verlieren Interesse
Nach der Anerkennung der Warschauer Regierung durch Großbritannien im Sommer 1945 verlieren die Briten das Interesse an den Polen. Ziel ist es nun, die Flüchtlinge zur Rückkehr in ihre Heimat zu bewegen – auch mit Blick auf die deutsche Bevölkerung, in der der Unmut über die polnischen Besatzer wächst. Der Hass geht so weit, dass auf dem Kirchplatz in Aschendorf eine Liste mit Namen von 35 deutschen Frauen ausgehängt wird, die vermeintlich Beziehungen zu polnischen Soldaten unterhalten.
Der Rückzug der polnischen Soldaten aus Haren beginnt im Herbst 1946. Laut der Digitalen Dokumentationsstelle zur Kultur und Geschichte der Polen in Deutschland,
Porta Polonica, verlässt die letzte polnische Familie Maczków im August 1948.
Ab dem 10. September 1948 heißt die Stadt wieder Haren. Zeitgleich werden die polnischen Truppen in England demobilisiert. General Maczek, der in England bleibt, wird der Kombattantenstatus aberkannt. Als Folge dessen bekommt er keine Rente und muss sich als Barmann durchschlagen.
Im Stadtbild von Haren erinnert heute nichts mehr an diese drei Jahre. Dies soll sich allerdings ändern. Schon bald soll im Ort ein Dokumentationszentrum eröffnet werden.
@ Die Serie und lokale Geschichten zum Kriegsende finden Sie in unserem Spezial unter: www.nwzonline.de/zweiter-weltkrieg
Der nächste Teil der NWZ-Serie „Kriegsende im Nordwesten“am kommenden Dienstag handelt von der Flucht aus dem Osten: „Auf der Suche nach einer neuen Heimat“