Europaministerin Honé über die EU und Deutschland
Zugegeben, bei den Exportzahlen sind wir jahrelang verwöhnt worden. Ein Rekord nach dem anderen stand zu Buche, vom Exportweltmeister Deutschland war gern die Rede. Da ging es lange nicht nur um einen normalen Handelsüberschuss von vier bis fünf Prozent, sondern meist um exzessive Werte. Umso massiver trifft Deutschland nun die Corona-Krise und der damit verbundene Export-Einbruch.
Das ist selbstverständlich nicht schön und es steht zu hoffen, dass sich die Lage baldmöglichst wieder normalisiert beziehungsweise erst einmal stabilisiert. Doch der jahrelange exzessive Handelsüberschuss hatte nicht nur Vorteile. Im Gegenteil. Er hat Ungleichgewicht und Risiken mit sich gebracht. Denn steht ein Überschuss auf der einen Seite, so bedeutet das zwangsläufig Defizite in anderen Ländern, die diese mit Schulden ausgleichen müssen. Brechen diese Länder unter der Last zusammen, so geht das auch zulasten Deutschlands.
Zweifelsohne war der Export-Boom Deutschlands auch durch die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) begünstigt worden. Denn durch das billige Geld und den dadurch niedrigen Kurs des Euros waren Exporte günstig. Hinzu kamen niedrige Ölpreise.
Ausgerechnet die Corona-Krise kann nun dafür sorgen, dass sich das Exportniveau hierzulande derartig normalisiert, dass auch die anderen Länder etwas davon haben. Natürlich ist Deutschland als Volkswirtschaft auch wegen des demografischen Wandels auf eine gesunde Exportbilanz angewiesen – vor allem, um Rücklagen, etwa für die Rentenkasse, zu bilden. Aber auch hier muss man sich den Vorwurf gefallen lassen, warum das Geld aus den Überschüssen in der Vergangenheit nicht sinnvoller investiert wurde. Viel Zählbares war in spekulative Anlagen im Ausland geflossen. Sinnvoller wäre es gewesen, damit Projekte im Inland voranzutreiben.
Die Krise kann nun dazu beitragen, dass das Vorgehen der vergangenen Jahre hinterfragt wird und man aus Fehlern lernt. Nicht nur zum Wohle der Wirtschaft hierzulande, sondern für das Gemeinwohl. Und davon profitieren alle.
@Die Autorin erreichen Sie unter Wendt@infoautor.de