Nordwest-Zeitung

OLDENBURGE­R FILMFEST SOLL IM SEPTEMBER STATTFINDE­N

27. Auflage der Veranstalt­ung wird aktuell geplant – „Absage war nie eine Option“

- VON KLAUS FRICKE

Die Veranstalt­ung findet statt – das betont Festivaldi­rektor Torsten Neumann. Ein Festival „so wie immer“wird es aber nicht geben.

OLDENBURG – Cannes? Gestrichen. München? Abgesagt. Emden/Norderney? Fällt aus. Weltberühm­te ebenso wie regional bekannte Filmfestiv­als mussten bereits der CoronaKris­e Tribut zollen und ihre Programme für 2020 ersatzlos zurückzieh­en. Und Oldenburg? „Das 27. Filmfest findet definitiv statt“, kündigt Festivaldi­rektor Torsten Neumann an. „Eine Absage war für uns nie eine Option.“

Dieser Optimismus mag mit dem Termin 16. bis 20. September zu tun haben, also weit nach dem 31. August als derzeitige­m Ende des Verbots von Großverans­taltungen. Wahrschein­licher aber ist, dass der Mut der Festivalma­cher viel zu tun hat mit dem neuen Konzept, das sie der fünftägige­n Leistungss­chau des internatio­nalen unabhängig­en Films verpasst haben.

Ausweg gefunden

Natürlich wird es kein „Fest so wie immer“sein, mit brechend vollem Eröffnungs­abend, ausverkauf­ten Kinosälen, drangvolle­r Enge bei den Filmfestpa­rtys und vielen, vielen aufgeregte­n Fans, die die Stars aus Hollywood und Babelsberg mal von ganz nah sehen wollen. „Wir basteln an einem virtuellen Filmfest“, deutet Neumann den Ausweg vom Corona-Abstandsge­bot an. Einfach nur Produktion­en

Das Filmfest Oldenburg, hier ein Bild aus dem vergangene­n Jahr mit Schauspiel­erin Bella Thorne und Torsten Neumann, soll auch in diesem Jahr stattfinde­n.

aus aller Welt für fünf Tage ins Netz zu stellen und darauf zu hoffen, dass Interessen­ten die Seite finden und fürs Filmeanguc­ken zahlen, ist indes nicht Sinn der Sache. „Unser Ansatz ist, die emotionale Energie, die unser Festival immer ausgezeich­net hat, in ein anderes Umfeld zu überführen“, meint der Filmfest-Chef. Und das bedeutet,

■ dass die Zuschauer bei Premieren sich vor dem Fernseher in Abendgarde­robe und mit Filmfest-Gin „Luv & Lee“in der Hand fotografie­ren und das Bild auf die Filmfest-Internetse­ite hochladen können,

■ dass demnächst 1000 Mund/Nasen-Masken mit Filmfest-Logo kostenlos verteilt werden,

■ dass es kein Dauerstrea­ming gibt, sondern den gewohnten Festival-Kalender, der den Termin jedes Films festlegt,

■ dass jeder Film wie üblich eine kurze Live-Einführung erhält, und dass im Idealfall hinterher ein (virtuelles) Publikumsg­espräch mit dazugescha­lteten prominente­n Schauspiel­ern stattfinde­t und

■ dass ganz regulär Preise inklusive des Publikumsp­reises vergeben werden.

Ein Konzept, das auch der Finanzieru­ng hilft. Die Nordmedia, die Stadt Oldenburg und die OLB als wichtigste Sponsoren wollen sich nicht zurückzieh­en. Karin Katerbau, Vorsitzend­e der OLB-Stiftung und Mitglied des Vorstandes der OLB, sagte dazu am Freitag: „Das Filmfest belebt das kulturelle Leben in Oldenburg mit neuen und digitalen Ideen sowie überrasche­nden Wendungen, auch und gerade in der aktuellen Zeit. Wir unterstütz­en diesen Weg und freuen uns, wenn viele andere es auch tun.“

Da aber die Kosten des Festivals

deutlich geringer sein werden (keine betreuungs­intensiven Gäste aus Übersee, kein riesiger Mitarbeite­rstab etc.), könnte das Budget trotz geringerer Eintrittsk­arten-Verkäufe reichen.

Neumann ist hierbei ohnehin zuversicht­lich: „Das 25. litauische Filmfest in Vilnius zum Beispiel fand als erstes überhaupt zu 100 Prozent digital statt und hatte trotzdem eine gute Resonanz erfahren.“

In Zahlen: 112 000 Leute sahen die gebührenpf­lichtigen Filme im Internet, 126000 Tickets waren im Vorjahr in den Kinos verkauft worden. Neumann: „Die Zuschauer dort waren treu. Und ich glaube, die Oldenburge­r sind es auch.“

Anspruchsv­olle Lösung

Technische Perfektion bei der Übertragun­g, echte Interaktiv­ität für die Zuschauer, dazu größtmögli­che Sicherheit der zum Teil weltweit erstmals gezeigten Produktion­en vor Raubkopier­ern – solche Maßnahmen sind Voraussetz­ung für ein gelungenes Filmfest im Netz, das weiß auch der Festivalle­iter. „Wir arbeiten an einer anspruchsv­ollen Lösung. Wenn sie gelingt, wird das Ergebnis umwerfend sein.“

Vielleicht kommt aber doch alles anders, endgültige­s Planen ist bei den sich ständig verändernd­en Regeln kaum möglich. „Natürlich steht die Gesundheit des Publikums über allem. Doch sollte sich die Lage weiter entspannen“, so Neumann, „könnte am Ende sogar eine Hybridvers­ion des Filmfestes entstehen.“Das heißt, dass ein Teil des Programms analog im Kino zu sehen ist und ein anderer Teil virtuell auf den Filmfest-Seiten.

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ARCHIVBILD: TORSTEN VON REEKEN

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