Nordwest-Zeitung

Trauer um Erfinder des Rock’n’Roll

Little Richard mit 87 Jahren gestorben – Legendärer Song „Tutti Frutti“

- VON CHRISTINA HORSTEN

NEW YORK – Mit einem einzigen unverständ­lichen Schrei katapultie­rte Little Richard vor 65 Jahren die Musikwelt in den Rock’n’Roll: „A wop bop a loo lop a lop bam boo“, rief der Musiker 1955 bei den Aufnahmen zu seinem längst legendären Song „Tutti Frutti“in einem Tonstudio in New Orleans ins Mikrofon. Auf der Bühne war ihm kurz zuvor die Idee zu dem Ausruf gekommen, ein Schlagzeug-Rhythmus hatte ihn inspiriert. „Tutti Frutti“kletterte hoch in die Charts und der bis dahin unbekannte Musiker wurde zum Superstar.

Little Richard erfand den Rock’n’Roll und legte die Grundstein­e für Funk und Soul. Zuletzt war der Musiker allerdings gesundheit­lich angeschlag­en und lebte zurückgezo­gen im US-Bundesstaa­t Tennessee. Die Hauptrolle in seinem Leben spielte die Kirche, wie er in einem Interview sagte. „Gott war gut zu mir. Jeden Samstag gehe ich in die Kirche, jeden Samstag, das verpasse ich nie. Und freitags

eröffne ich den Sabbattag.“Am Samstag starb Little Richard im Alter von 87 Jahren, wie das Magazin „Rolling Stone“und die US-Nachrichte­nagentur AP unter Berufung auf Familie und enge Freunde berichtete­n.

Geboren wurde Richard Wayne Penniman 1932 in äußerst ärmliche Verhältnis­se einer afro-amerikanis­chen Familie im südlichen US-Bundesstaa­t Georgia – mitten in die brutale Trennung von Weißen und Schwarzen hinein.

Little Richard schlägt sich

mit Gelegenhei­tsjobs durch, beginnt mit Gospel, singt sich von Auftritt zu Auftritt und bekommt schließlic­h einen ersten Plattenver­trag. Neben „Tutti Frutti“veröffentl­icht er in den Jahren darauf Songs wie „Good Golly, Miss Molly“und „Lucille“, die von Stars wie Elvis Presley gecovert und weiterentw­ickelt werden – der Rock’n’Roll ist geboren.

Knapp drei Jahre lang schwimmt Little Richard auf der Erfolgswel­le, tourt durch die Vereinigte­n Staaten und feiert offen bisexuell wilde

Partys mit Männern, Frauen und Alkohol. Seine Konzerte, bei denen der häufig als „Gott des Rock’n’Roll“gefeierte Musiker mit dünnem Schnurrbar­t, hochtoupie­rten Haaren, greller Schminke, falschen Wimpern und wilden Kostümen auftritt, bringen mitten in der Rassentren­nung Weiße und Schwarze zusammen – zum Entsetzen radikal-konservati­ver Politiker und Vereine.

Aber dann ist plötzlich Schluss. Bei einer Konzertrei­se nach Australien 1957 entscheide­t sich Little Richard spontan, die Musik hinzuschme­ißen und Priester zu werden. Seitdem lebt der schrille Künstler zwischen zwei Welten – der Kirche und der Musik. Immer wieder startet er Comeback-Versuche, kämpft gegen das abebbende Interesse am Rock’n’Roll, verhilft dem jungen Jimi Hendrix zum Karrierest­art, tourt mit den damals noch weitgehend unbekannte­n Rolling Stones durch Europa, versucht sich als Schauspiel­er. Aber immer wieder zieht er sich auch in seine religiöse Welt und den Gospel zurück.

 ?? DPA-BILD: DE SAKUTIN ?? Wurde mit dem Song „Tutti Frutti“berühmt: der Musiker Little Richard, hier während eines Konzerts 2005
DPA-BILD: DE SAKUTIN Wurde mit dem Song „Tutti Frutti“berühmt: der Musiker Little Richard, hier während eines Konzerts 2005

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